weil die seltsame Energieform das Schiff von allen Seiten umgab.
»Ich traue mich nicht mehr, dir das eine oder andere zu raten!«, gab er schließlich zu. »Vielleicht ist es am besten, wenn wir uns abwartend verhalten, denn die Diskontinuität ...«
Er unterbrach sich erschrocken, denn plötzlich durchlief ein Ruck das Schiff und presste die sieben Menschen tief in ihre Sitze. Die Absorber sprangen zwar sofort ein und neutralisierten den Andruck wieder, aber die PROKYON wurde unaufhaltsam nach vorn gezogen, in die Wandung der Blase hinein. Sie war vom Sog der abfließenden Energie erfasst worden, die der Kosmische Instrukteur nach wie vor wie ein Schwamm durch seinen Energietransformator aufnahm.
Im Schutzschirm zuckten grelle Leuchterscheinungen auf, die Belastungswerte schnellten ruckartig in Extrembereiche hoch. Taff sah es auf seinen Kontrollen und handelte instinktiv. Seine Hand fiel auf den Hauptschalter, er übergab die Schiffsführung an den Autopiloten, der bereits vorprogrammiert war.
Ein zweiter, weit stärkerer Ruck durchlief den Kreuzer. Seine Triebwerke liefen an und stemmten sich gegen den Sog, um das Schiff wieder aus der gefährlichen Zone zu bringen. Sie heulten dumpf auf, aber schon nach wenigen Sekunden ging ihr Arbeitsgeräusch in ein schrilles Kreischen über, das die Raumfahrer zutiefst erschrecken ließ.
Nur der Commander blieb voll konzentriert, seine Augen hingen an den Kontrollinstrumenten. Er erkannte augenblicklich, dass die fremde Energieform die Emissionen des Triebwerks nicht aufnahm, sondern zurückwies, so dass sich diese in den Felddüsen stauten, ohne eine Wirkung zu erzielen. Rasch schlug er wieder auf den Hauptschalter, um den Autopiloten zu desaktivieren, aber es war bereits zu spät.
Laute Dissonanzen tobten durch die PROKYON X und raubten ihren Insassen fast die Besinnung. Alle Kontrollen schnellten bis zum Anschlag hoch, im Pilotenpult begann es verdächtig zu knistern, und dünne Rauchfäden stiegen aus seinen Ritzen auf. Die sieben Menschen sahen sich schreckensbleich an und schlossen bereits mit ihrem Leben ab.
Dann verstummte der Lärm wieder, es wurde fast übergangslos still im Schiff. Nur die gepressten Atemzüge der Raumfahrer waren noch zu hören, und dann fragte Mitani leise: »Was ist geschehen, Taff? Wir waren nahe daran, alle umzukommen, nicht wahr?«
»Sehr nahe daran«, bestätigte Caine tonlos. »Es ist zu einem Energierückschlag innerhalb der Triebwerke gekommen, durch den eine Anzahl schwerster Schäden entstanden sein muss. Ich fürchte, dass die Mehrzahl der Felddüsenprojektoren ausgefallen ist.«
»Was bedeutet das für uns?«, forschte Min Jian-Ksu erregt. Taff hob beide Hände und vollführte eine hilflose Geste.
»Nicht mehr und nicht weniger, als dass die Normaltriebwerke vollkommen unbrauchbar geworden sind! Einige Elemente mögen noch unversehrt geblieben sein, aber sie nützen uns nichts, weil das Schiff auf ein reibungsloses Zusammenspiel aller Anlagen angewiesen ist. Mit anderen Worten: Die PROKYON ist nicht mehr manövrierfähig und von jetzt ab allen Einflüssen ausgeliefert, die von außen kommen. Allein der Schutzschirm steht noch und kann vielleicht das Allerschlimmste verhindern.«
Der Minister starrte auf die Bildschirme, auf denen jedoch nur das irrlichternde Zucken von Entladungen zu sehen war, die sich in den Außenbezirken des Schutzschirms austobten. Die akute Gefahr schien überstanden zu sein, und seine asiatische Gelassenheit kehrte langsam zurück. »Sind diese Schäden irreparabel, Taff?«, fragte er.
»Sie sind zu beheben«, erklärte der Commander. »Wir haben die entsprechenden Ersatzteile an Bord, es gibt auch Reservesysteme für diejenigen Leitungen, die verschmort sind. Allerdings beanspruchen die Reparaturarbeiten erhebliche Zeit, weil Lars nicht hier ist, der alle Anlagen so gut kennt, als wären es seine Kinder. Orvid und ich würden mindestens zehn Stunden brauchen – aber auch dann hätten wir noch nicht viel gewonnen! Solange wir uns in dieser gefährlichen Umgebung befinden, stellt jede weitere Tätigkeit der Triebwerke dasselbe Risiko dar, wie eben gehabt.«
»Ein ungleich größeres sogar«, warf Orvid Bashkiri ein und wies auf seine Instrumente. »Wir werden unaufhaltsam weiter vorwärts gerissen und dringen immer tiefer in die energetische Wand ein!«
»Dann haben die Herren der Falle ihr Ziel ja erreicht«, stellte Dorit bitter fest. »Die PROKYON ist manövrierunfähig und eingefangen worden, nur der Schutzschirm bewahrt sie noch davor, vernichtet zu werden. Vermutlich wird es noch schlimmer werden, unsere Geschwindigkeit steigt noch immer weiter an. Und dann, wenn es am schlimmsten ist, wird man uns entweder gefangennehmen oder ganz einfach eliminieren!«
»Wir haben doch schließlich noch die Strahlgeschütze und Hyperdead«, erinnerte Min Jian-Ksu die anderen. Toburu-Chan sah ihn entsetzt an.
»Glauben Sie im Ernst, dass wir sie jetzt noch einsetzen könnten? Das wäre möglich gewesen, als wir uns außerhalb der Energiewand befanden – jetzt ist es ganz ausgeschlossen! Die Emissionen würden augenblicklich zurückschlagen, wie eben die der Triebwerke, und das Schiff würde von innen heraus zerstört. Oder sind Sie darin anderer Ansicht, Taff?«
»Nein!«, sagte Caine, und es klang wie ein Fluch.
*
Die PROKYON X trieb weiter und weiter, die Verhältnisse schienen immer noch katastrophaler zu werden. Orvid Bashkiri musste sämtliche Ortungen ausschalten, denn alle Echos wurden zurückgespiegelt und drohten die empfindlichen Instrumente zu zerstören. Nur die Optiken arbeiteten noch, aber auf den Schirmen und Monitoren war nur noch ein grell waberndes Leuchten zu sehen. Es stammte vom Schutzschirm, in dem gewaltige Entladungen tobten, die ihn fast bis an die Grenze seiner Kapazität beanspruchten.
Niemand sprach mehr ein Wort, auch die Mitglieder der Crew blieben stumm. In dieser aussichtslosen Lage brachte es keiner mehr fertig, die sonst üblichen Wortspiele zu betreiben.
Die Wandung der Falle muss eine erhebliche Stärke besitzen, überlegte Taff, um sich abzulenken. Wir bewegen uns jetzt schon seit zehn Minuten in ihr dahin, hilflos und blind wie junge Mäuse. Wer mag die Katze sein, die hier ihre grausamen Spiele mit uns treibt? Ashkar ist es jedenfalls nicht, denn Alexandros’ Kristall verhält sich vollkommen passiv.
Dann schien die absolute Kulmination des Schreckens gekommen zu sein. Der Schutzschirm drohte zusammenzubrechen, Taff musste ihm zusätzlich die Energien der Geschützkonverter zuführen, um ihn noch stabil halten zu können. Er tat es nur widerstrebend, denn dadurch wurden die Projektoren weit überlastet. Sie quittierten das mit einem wilden Jaulen, das die Ohren der Menschen peinigte, hielten aber vorerst durch. Lange konnte das aber nicht gut gehen, eine derartige Überlastung war trotz der großen Toleranzwerte mehr als bedenklich.
Der Fahrtschreiber zeigte nun an, dass die Geschwindigkeit des Schiffes allmählich aufgezehrt wurde. Der Sog bestand nach wie vor, aber die plastische Energie schien immer noch stabil genug zu sein, um ihn zum großen Teil zu neutralisieren. Ihr Widerstand führte dazu, dass die Schiffszelle heftig zu vibrieren begann. Zwei gegensätzliche Kräfte zerrten an der PROKYON und drohten sie zu zerreißen, trotz der Hochwertigkeit des Materials.
Dann war auf den Schirmen nur noch ein einziges Meer aus blauem Feuer zu sehen, das auch die Dunkelfilter nicht mehr nennenswert zu dämpfen vermochten. Der Kreuzer vibrierte wie ein riesiger und pausenlos geschlagener Gong, die Schutzschirmprojektoren schrillten wie Sirenen des Untergangs. Niemand im Schiff glaubte jetzt noch ernsthaft, dieses Inferno lebend überstehen zu können; es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis das Ende kam. Alle hatten inzwischen ihre Raumanzüge angelegt, doch sie konnten ihnen nicht viel nützen, wenn wirklich alles ringsum zusammenbrach.
Mitani war zu Taff gekommen, hatte ihre Arme um ihn gelegt und barg ihren Kopf an seiner Schulter. Beide dachten an zurückliegende Zeiten, an Stunden der Liebe ebenso wie an die zahlreichen gemeinsam bestandenen Abenteuer. Dorit Grenelle hatte Alexandros’ Kristall in die Hände genommen und schien stumme Zwiesprache mit dem zu halten, was von dem großen, gutaussehenden Mann übriggeblieben war.
Die Gesichter der beiden Nimboiden zeigten einen Ausdruck fatalistischer Ergebenheit. Die permanente Bedrohung durch die Vulkane auf ihrer Welt hatte sie hart im Nehmen gemacht. Min Jian-Ksu schien nun tatsächlich zu meditieren, sein kahler