wir die Bedeutung Gawains, der über seine Mutter Morgause ein Neffe des Königs war. Als Ritter der Tafelrunde scheut er keinen Kampf, wie er auch Affären mit Edelfrauen nicht abgeneigt ist. Bei den blutigen Auseinandersetzungen innerhalb Camelots nimmt er eine tragische Rolle ein und findet den Tod (vgl. oben). Beispielhaft für Gawains Abenteuer sei jenes angeführt, das Merlin der Tafelrunde als »ein seltsames und wunderbares Abenteuer« (ebd., 107) ankündigt. Es beginnt mit einem weißen Hirsch, der von einem weißen Spürhund und einer Schar von schwarzen Hetzhunden getrieben wird. Die Episode nimmt einen kuriosen Verlauf, als ein Ritter den Spürhund packt und mit ihm davonreitet – eine Dame auf einem weißen Pferd klagt über den Verlust ihres Hundes, bis sie von einem Ritter selbst entführt wird. König Arthur ist zwar froh, »als sie fort war, weil sie solches Geschrei gemacht hatte« (ebd., 107). Aber Merlin warnt vor großer Schande, wenn nicht alle zurückgebracht würden. So sucht nun Gawain den Hirsch, während die Tafelritter Tor und Pellinore den Ritter mit dem Spürhund bzw. den mit der Dame verfolgen. Werfen wir den Blick auf die Fahrt Gawains in Begleitung seines Bruders Gaheris: Zuerst treffen sie auf einen Ritter, der die Verfolgung des Hirsches unterbinden will, jedoch von Gawain getötet wird. Sie gelangen in eine Burg, wo Hunde den Hirschen zur Strecke gebracht haben. Ein um den Hirsch trauernder Ritter tötet seinerseits einige Hunde, was zum Zweikampf mit Gawain führt. Als der Ritter bezwungen wird und um Gnade fleht, will ihm Gawain gleichwohl den Kopf abschlagen. Dieses Geschick ereilt dann eine hinzutretende Dame aus Versehen. Zurück in Camelot ist man auf Gawain zornig, und ein weibliches Gericht entscheidet, er solle immer für Damen eintreten, für sie kämpfen und sich ritterlich verhalten.
Tristan gehört zu den berühmtesten Rittern der Tafelrunde, dessen unglückliche Liebe zu Isolde sprichwörtlich wurde und dessen Geschichte außerhalb des Artusstoffes überliefert ist. Der Neffe König Markes von Cornwall verliebt sich in dessen Ehefrau Isolde, eine irische Prinzessin. Der später »der traurige Ritter« geheißene Tristan erfährt eine leidvolle Geburt, da seine Mutter Elisabeth dabei stirbt. Sein Vater, König Melodias von Liones, wird derweil von einer Zauberin gefangen gehalten. Erst Merlin gelingt es, den König zu befreien und Tristan zu ihm zu bringen. Später droht ihm Gefahr von der bösen Schwiegermutter. Aber Tristan trotzt allen Gefahren und bildet sich in Frankreich zu einem vorbildlichen Ritter und einem begnadeten Harfenspieler aus. In Britannien gerät er in den Streit zwischen seinem Onkel Marke von Cornwall und dem Herrscher Anguish von Irland, der von Ersterem Tribut fordert. Ein Zweikampf zwischen Tristan und Anguishs Bruder Marhaus, einem berühmten Artusritter, soll den Zwist entscheiden. Dabei erhält Marhaus eine so tiefe Wunde, dass er später in Irland daran stirbt. Auch Tristan ist schwer verwundet – nach dem Rat einer weisen Dame kann ihm nur in Irland Heilung widerfahren. Dort wird er unter einem falschen Namen am Hof König Anguishs aufgenommen und von Isolde gesund gepflegt. Als sie ihn als den Töter ihres Bruders entlarvt, ist er bereits der Liebe zu ihr verfallen. Gleichwohl erhält er freien Abzug vom irischen Hof. Zurück in Cornwall, entsendet ihn sein Onkel als Brautwerber für Isolde erneut nach Irland. Nach vielen Kämpfen für König Anguish wird er dort von allen geschätzt. Doch erfüllt er auch den Auftrag Markes, Isolde nach Cornwall zu bringen. Auf der Überfahrt kommt es zu einer fatalen Verwechslung: Tristan und Isolde trinken den Liebestrank der Königin, der eigentlich für Marke vorgesehen war. Trotzdem findet die Hochzeit am Hof König Markes statt. Danach verlässt Tristan den Hof, Isolde wird von einem Ritter entführt und von Tristan wieder zu ihrem Ehemann zurückgebracht. Dessen Eifersucht ist mittlerweile geweckt, und es nimmt eine Handlung ihren Lauf, der hier nicht weiter gefolgt werden soll, die jedenfalls in dem sattsam bekannten tragischen Doppeltod des Liebespaares ihr Ende findet.
Auch die Geschichte um Parzival erfreut sich jenseits des eigentlichen Artusstoffes großer Beliebtheit. Der Sohn König Pellinores verliert frühzeitig seinen Vater und wird von seiner Mutter aufgezogen. Gegen deren Willen bricht er zum Artushof auf, um dort ein Ritter der Tafelrunde zu werden, was ihm nach allerlei unhöfischen Missgeschicken auch gelingt. Etliche Abenteuer besteht er auf der Suche nach dem verwirrten Lanzelot und später nach dem Heiligen Gral. Bei einer Klausnerin, die sich als seine Tante entpuppt, erfährt er von den Geheimnissen der runden Tafel und des Grals. Den damit verbundenen kranken König Evelake kann Parzival aber nicht heilen. Die Geheimnisse und Aufgaben um den Gral vermag erst Galahad zu lösen.
Merlin und die Macht der Magie
König Arthur und seinen Rittern steht Merlin zur Seite, ein geheimnisvoller Magier und Prophet unbekannter Herkunft, dem sogar die Abkunft vom Teufel nachgesagt wird. Seine Gestalt ist ohne festes Erscheinungsbild, zumeist tritt er urplötzlich und mit wechselndem Aussehen auf: etwa als Bettler und armer Mann, aber auch auf einem großen schwarzen Ross. Zu Arthur tritt er im Sherwood Forest mit den Attributen der Jagd, ganz in schwarzen Schafspelz gekleidet, mit hohen Stiefeln und rotbraunem Umhang, bewaffnet mit Pfeil und Bogen und mit geschossenen Wildgänsen in der Hand. Ein anderes Mal tritt er als 14-jähriger Bursche, dann wieder als 80-jähriger Greis auf. In vielerlei Gestalt wirkt Merlin zahlreiche Arten von Zauber. Erinnert sei an die äußere Verwandlung Utherpendragons in den Herzog Gorlois von Cornwall, um der schönen Igraine nahezukommen – der Magier begleitet den König in der Gestalt eines Gefolgsmanns des Herzogs. Ihm gelingt es andererseits auch, mit seinen Begleitern von Dritten nicht wahrgenommen zu werden. Und als Parzivals Vater Pellinore Arthur erschlagen will, »warf er einen Zauber auf ihn, daß er in tiefem Schlaf zur Erde sank« (Sir Thomas Malory 1977, 61). Ebenso leistet Merlin als magischer Baumeister Großes, etwa bei den Grabmalen der zwölf im Kampf gegen Arthur gefallenen Könige. Dazu gehören die Figuren der zwölf aus Bronze und Kupfer und reich vergoldet. Jede mit einer Kerze, die Tag und Nacht brannte. »Über die Figuren wurde eine Statue des Königs Arthur gestellt mit einem gezückten Schwert in der Hand, und die zwölf Figuren zeigten die Haltung von Männern, die besiegt waren. All dies vollbrachte Merlin mit seiner erfindungsreichen Kunst, und dann sprach er zum König: Wenn ich tot bin, werden diese Kerzen nicht mehr brennen, und bald darauf werden die Wunder des Heiligen Grals hier geschehen« (ebd., 85). Hier erweist sich der Magier auch als der weitblickende Prophet, der Arthur mit Rat zur Seite steht. Vor dem Verlust der Scheide des Schwertes Excalibur kann er ihn nur warnen, schütze diese doch vor Verletzungen. Auf diese Weise greift Merlin allerorten und jederzeit in das Geschehen ein. Er warnt, wirkt Zauber, prophezeit, ist aber auch in diplomatischen Diensten und weiß sogar ein Heer zu führen. Hinter seiner diffusen Gestalt schimmert ein anderer durch, dessen Weisheit sogar der Zauberer anerkennt – sein Lehrmeister Baise, dem er seine Erlebnisse erzählt und der diese niederschreibt. Merlin erweist sich allerdings trotz all seiner Klugheit, magischen Künste und Sehergabe als hilflos, als er Nimue, dem Fräulein vom See, in Liebe verfällt. Mit ihr reist er nach Frankreich und nach Cornwall, und irgendwann nötigt sie ihm einen Schwur ab, niemals einen Zauber auf sie zu legen. Zugleich lehnt sie sein Begehren ab und bezichtigt ihn als Teufelssohn. Dabei verfolgt sie einen verräterischen Plan: Als Merlin einen Zauber über einen Felsen legt, bringt sie ihn dazu, sich darunterzustellen. Dann bewirkt sie, dass er für immer unter dem Stein gefangen bleibt. Später hört ihn der König Bagdemagus in seinem Gefängnis klagen, aber er kann Merlin nicht helfen.
Die Frauen der Artuswelt
Weibliche Figuren nehmen in der auf den ersten Blick männlich dominierten Ritterwelt um König Arthur eine durchaus wichtige Stellung ein. Diese Erkenntnis veranlasste bereits die amerikanische Fantasy-Autorin Marion Zimmer Bradley, ihren Artusroman »Die Nebel von Avalon« aus einer weiblichen Perspektive zu erzählen (vgl. Kap. 3). Sie bestätigt den Eindruck, dass Frauen als adlige Damen die höfische Welt prägen – wobei sie gleichwohl Gefahren ausgesetzt sind, die sich in Entführungen ausdrücken können und manchmal tödlich enden. Vor allem aber treten weibliche Gestalten als Botinnen bzw. Angehörige einer mysteriösen, magisch bestimmten Anderwelt auf, wodurch sie dem Zauberer Merlin nahestehen, ihn aber an Klugheit wie anderweltlichem Wissen sogar übertreffen.
Ginevra, Tochter des Königs Lodegrance und Arthurs Gattin, verkörpert den Aspekt der höfischen Herrschaft von Camelot. Als Königin steht sie als einzige Frau der Tafelrunde nahe und lädt deren Ritter sogar zu sich. Die treue Liebe