Andreas Suchanek
Eine Weihnachtsüberraschung
Mit Illustrationen von Timo Grubing
Rani (Menok)
*Nachwuchsautor, forscht über Menschen
*spielt für sein Leben gerne und ist schokoladensüchtig
Lukas (Mensch)
*Leseratte und Abenteurer
*muss sich in einer neuen Stadt zurechtfinden
*seine Familie hat keine Ahnung vom Flüsterwald oder von Magie
Felicitas (Elfe)
*zaubert gerne (was nicht immer klappt wie geplant)
*fühlt sich im Internat einsam und unternimmt deshalb öfter (verbotenerweise) Streifzüge
Punchy (Katze)
*heißt mit vollem Namen: Pedora Ulinde Naftet von Chibalka
*Aufpasserin von Felicitas
*hat Nerven aus Stahl
Inhalt
Das Poltern in der Speisekammer
Das Poltern in der Speisekammer
»Und wenn der Weihnachtsmann uns nicht findet?« Die Augen des Schwestermonsters weiteten sich bei diesen Worten vor Angst. »Wir wohnen doch jetzt weit weg.«
»Aber, mein Schatz.« Lukas’ Mutter stellte die Stofftasche mit dem Obst auf die Anrichte in der Küche. »Der Weihnachtsmann findet uns überall.«
»Genau, überall«, konnte Lukas sich nicht verkneifen. »Stimmt’s, Paps?«
Die Lider seiner Mutter begannen zu flattern, Zorneswolken waren im Anmarsch. »Ich bin sicher, falls ein gewisser Lukas Lamprecht auf die neuen Sneakers hofft, die er sich so wünscht, muss er noch an seinem Benehmen arbeiten.« Das folgende Lächeln hatte etwas von Zuckerguss mit Chili. »Der Weihnachtsmann hat schließlich absolut nichts mit deinem Vater zu tun.«
»Hmm.« Lukas beendete seine Sklavenarbeit und ließ die beiden Taschen neben der Anrichte auf den Boden plumpsen. An Lisa gerichtet sagte er: »Natürlich findet der Weihnachtsmann uns überall. Und er hat absolut nichts mit Paps zu tun.«
»Das wusste ich doch.« Sie drehte sich weg und begann, mit ihrem Stofftier zu flüstern.
Seine Mutter nickte zufrieden.
»Ist es denn wahrscheinlich, dass der Weihnachtsmann auch die richtigen Sneakers ausgesucht hat?«, fragte Lukas nebenbei. »Die mit den rot-blauen Streifen?«
»Da musst du dich schon noch bis heute Abend gedulden.« Seine Mutter grinste, während sie die Kerzen hervorholte, den Weihnachtskranz zurechtschob und zur Couch linste.
Die Schale mit dem Gebäck war fast leer.
Als er den Blick bemerkte, wischte sich Lukas’ Vater reflexartig über den Mund, einen leicht schuldigen Ausdruck auf dem Gesicht. »Ist der Schnee nicht schön?«
Sie hatten es gerade noch vom Markt nach Hause geschafft, bevor dichter Schneefall einsetzte. Nun wirkte die Landschaft vor dem Fenster, als habe ein Zuckerbäcker über den Wolken seinen Bestäuber ausgepackt und alles mit einer dünnen Schicht bedeckt.
Gedankenverloren zog Lukas seine Bücher aus dem Rucksack – frisch aus der Bücherei geliehen – und betrachtete die wirbelnden Flocken. In der alten Stadt hatte es nie geschneit, hier in Winterstein war es irgendwie kälter.
Es war längst dämmrig draußen, in Kürze würde die Nacht hereinbrechen.
»Verstaust du bitte die Einkäufe in der Speisekammer?«, bat seine Mutter und holte ihn damit zurück in die schuftende Wirklichkeit. Dabei warf sie der leeren Plätzchenschale auf dem Wohnzimmertisch einen grimmigen Blick zu.
»Hmm.«
Lukas öffnete die Tür und war für eine Sekunde davon überzeugt zu träumen.
In der Speisekammer – zwischen dem Regal mit den Putzmitteln auf der einen und dem Regal mit den Lebensmitteln auf der anderen Seite – standen Rani, Punchy und Felicitas! Elfenstaub rieselte zu Boden, was ihn zu zwei Vermutungen führte: erstens, dass sie in dieser Sekunde angekommen waren. Und zweitens, dass Felicitas eigentlich sein Zimmer als Ziel angepeilt, jedoch das Stockwerk verfehlt hatte.
»Lu…«, setzte die armlange Elfe freudestrahlend an.
Er knallte schnell die Tür zu.
»Du sollst die Sachen in der Speisekammer verstauen.« Seine Mutter deutete auf die prall gefüllten Taschen.
»Alles voll«, haspelte er. »Die Regale, Gläser, Schüsseln … also, wenn die fallen, wird das übel. Besser nicht.«
Stille.
»Wenn das der Versuch sein soll, dich vor der Arbeit zu drücken …« Seine Mutter seufzte. »Ich weiß, du willst zu deinen Büchern. Ausnahmsweise. Weil heute Weihnachten ist. Ich räume ein.«
»Nein!«
Erneute Stille.
»Das wäre doch so was von unfair.« Die Worte schmerzten Lukas selbst dann noch, als sie seinen Mund bereits verlassen hatten. »Natürlich helfe ich dir. Gerne. Weil heute Weihnachten ist.«
»Das sind ja ganz neue Töne«, erklang es von der Couch.
»Wie haben die Plätzchen geschmeckt?«, fragte Lukas zuckersüß. »Ich hätte ja auch gerne eines probiert. Schade.«
»Du hast sie alle alleine gegessen?« Lukas’ Mutter stemmte die Fäuste in die Hüfte und ging zur Couch. »Wenigstens ein paar hättest du für die Kinder übrig lassen können. Ich bin davon ausgegangen, dass ihr alle was davon hattet. Lukas, denkst du bitte daran, auch die Schokolade in der Speisekammer zu verstauen?«
»Schokolade?«, echote er.
»Schokolade?«, echote es dumpf aus der Speisekammer.
Das war das Signalwort für den schokosüchtigen pelzigen Menok, der ständig falsche Informationen über Menschen in sein Buch kritzelte und nach dem Genuss des kleinsten Schokoladenstückchens unverzüglich