ich wäre umgebracht worden! Gefoltert und zerstückelt in Einzelteilen zu meinem Vater gesendet worden. Denkst du, wenn mein Vater auf den Deal eingegangen wäre, hätten sie mich gehen lassen? Du bist nicht der Böse in dieser Geschichte. Sondern diejenigen, die meine Entführung in Auftrag gegeben haben! Der Mann, der den Befehl gegeben hat, meinen Vater zu töten!«
Ich schweige. Das Mädchen ist unverbesserlich und ich habe keine Ahnung, wie ich sie noch davon überzeugen kann, dass ihre Ansicht vollkommen realitätsfern ist.
»Bitte hör auf, dir diese Schuld einzureden!« Der Griff ihrer schlanken, zarten Finger um meine wird fester.
Ich drehe meinen gesenkten Kopf langsam zu ihr und blicke sie an.
Ihr puppenhaftes Gesicht ist meinem so nah und ihre aquamarinfarbenen Augen glitzern flehentlich. Sie sieht müde aus. Körperlich und seelisch.
»Ich brauche dich jetzt, Seth. Als du mich weggeschickt hast, hat es mir das Herz gebrochen. Ich habe versucht, mir einzureden, dass du es gar nicht wert bist. Dass du ein böser Mensch bist …«
»Was ich bin.«
Sie übergeht meinen Einwand und tut so, als habe sie es nicht gehört.
»Aber so sehr ich auch versucht habe, es mir einzureden, konnte ich nicht aufhören, an dich zu denken und zu hoffen, dass du zu mir zurückkommst. Und jetzt brauche ich dich! Ich habe niemanden mehr. Ich weiß nicht mal, wie ich alles ohne meinen Vater überstehen soll. Wie ich mit diesem Schmerz in mir klarkommen soll. Wo ich die Kraft hernehmen soll, weiterzumachen. Bitte! Hör auf dir diese Vorwürfe zu machen und sei jetzt für mich da!«
Eine Träne löst sich aus ihrem Auge, sammelt sich unter ihren langen Wimpern und rollt ihre Wange hinab. Kiki sieht mich schwer atmend und so verzweifelt an, dass ich ihren Schmerz regelrecht spüren kann. Ich wünschte, ich könnte ihr die Trauer und die Ängste nehmen, könnte ihr eine Welt ohne Leid und Sorge schenken, so wie sie es verdient hätte. Aber so eine Welt gibt es nicht.
Langsam löse ich meine Hand und hebe sie an, um sie an ihre Wange zu legen.
Sie schmiegt sich in sie hinein und schließt die Augen, wodurch sich zwei weitere Tränen lösen. Ich wische sie mit meinem Daumen fort.
»Kannst du mir verzeihen?«, frage ich rau.
Kiki nickt stumm, lehnt sich mir verzweifelt und mit geschlossenen Augen entgegen.
Endlich schlinge ich meine Arme um sie und ziehe sie an mich. Ich halte ihren zerbrechlichen Körper fest und spüre, wie sie zittert. Langsam lasse ich mich mit ihr nach hinten auf das Bett sinken, dabei sauge ihren Duft tief in mich auf.
Es tut so gut, sie dicht bei mir zu spüren. Ihre Wärme, ihre zarte Haut, ihr weiches Haar. Es ist, als würden die Scherben meiner Seele langsam wieder zusammengesetzt werden. Dabei bin ich nicht mal derjenige, der die letzten Wochen leiden musste.
Kiki vergräbt ihre Nase an meinem Hals, greift in den Stoff meines Shirts und hält sich an mir fest, als wäre ich der Rettungsreif, der sie am Untergehen hindert.
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