die mußt du mit Haut und Haar, Knochen und Hörnern verzehren: und unten im Keller liegen dreihundert Fässer Wein, die mußt du dazu austrinken; und bleibt von den Ochsen ein Haar und von dem Wein ein Tröpfchen übrig, so ist mir dein Leben verfallen.“ Sprach der Königssohn „darf ich mir keine Gäste dazu laden? ohne Gesellschaft schmeckt keine Mahlzeit.“ Die Alte lachte boshaft und antwortete „einen darfst du dir dazu laden, damit du Gesellschaft hast, aber weiter keinen.“
Da gieng der Königssohn zu seinen Dienern und sprach zu dem Dicken „du sollst heute mein Gast sein und dich einmal satt essen.“ Da that sich der Dicke von einander und aß die dreihundert Ochsen, daß kein Haar übrig blieb, und fragte ob weiter nichts als das Frühstück da wäre: den Wein aber trank er gleich aus den Fässern, ohne daß er ein Glas nöthig hatte, und trank den letzten Tropfen vom Nagel herunter. Als die Mahlzeit zu Ende war, gieng der Königssohn zur Alten und sagte ihr der zweite Bund wäre gelöst. Sie verwunderte sich und sprach „so weit hats noch keiner gebracht, aber es ist noch ein Bund übrig,“ und dachte „du sollst mir nicht entgehen und wirst deinen Kopf nicht oben behalten.“ „Heut Abend,“ sprach sie, „bring ich meine Tochter zu dir in deine Kammer und du sollst sie mit deinem Arm umschlingen: und wenn ihr da beisammen sitzt, so hüte dich daß du nicht einschläfst: ich komme Schlag zwölf Uhr, und ist sie dann nicht mehr in deinen Armen, so hast du verloren.“ Der Königssohn dachte, „der Bund ist leicht, ich will wohl meine Augen offen behalten,“ doch rief er seine Diener, erzählte ihnen, was die Alte gesagt hatte und sprach „wer weiß, was für eine List dahinter steckt, Vorsicht ist gut, haltet Wache und sorgt daß die Jungfrau nicht wieder aus meiner Kammer kommt.“ Als die Nacht einbrach, kam die Alte mit ihrer Tochter und führte sie in die Arme des Königssohns, und dann schlang sich der Lange um sie beide in einen Kreis, und der Dicke stellte sich vor die Thüre, also daß keine lebendige Seele herein konnte. Da saßen sie beide, und die Jungfrau sprach kein Wort, aber der Mond schien durchs Fenster auf ihr Angesicht, daß er ihre wunderbare Schönheit sehen konnte. Er that nichts als sie anschauen, war voll Freude und Liebe, und es kam keine Müdigkeit in seine Augen. Das dauerte bis elf Uhr, da warf die Alte einen Zauber über alle, daß sie einschliefen, und in dem Augenblick war auch die Jungfrau entrückt.
Nun schliefen sie hart bis ein Viertel vor zwölf, da war der Zauber kraftlos, und sie erwachten alle wieder. „O Jammer und Unglück,“ rief der Königssohn, „nun bin ich verloren!“ Die treuen Diener fiengen auch an zu klagen, aber der Horcher sprach „seid still, ich will horchen,“ da horchte er einen Augenblick und dann sprach er „sie sitzt in einem Felsen dreihundert Stunden von hier, und bejammert ihr Schicksal. Du allein kannst helfen, Langer, wenn du dich aufrichtest, so bist du mit ein paar Schritten dort.“ „Ja,“ antwortete der Lange, „aber der mit den scharfen Augen muß mitgehen, damit wir den Felsen wegschaffen.“ Da huckte der Lange den mit verbundenen Augen auf, und im Augenblick, wie man eine Hand umwendet waren sie vor dem verwünschten Felsen. Alsbald nahm der Lange dem andern die Binde von den Augen, der sich nur umschaute, so zersprang der Felsen in tausend Stücke. Da nahm der Lange die Jungfrau auf den Arm, trug sie in einem Nu zurück, holte eben so schnell auch noch seinen Kameraden, und eh es zwölfe schlug, saßen sie alle wieder wie vorher und waren munter und guter Dinge. Als es zwölf schlug, kam die alte Zauberin herbei geschlichen, machte ein höhnisches Gesicht, als wollte sie sagen „nun ist er mein,“ und glaubte ihre Tochter säße dreihundert Stunden weit im Felsen. Als sie aber ihre Tochter in den Armen des Königssohns erblickte, erschrack sie und sprach „da ist einer, der kann mehr als ich.“ Aber sie durfte nichts einwenden und mußte ihm die Jungfrau zusagen. Da sprach sie ihr ins Ohr „Schande für dich, daß du gemeinem Volk gehorchen sollst und dir einen Gemahl nicht nach deinem Gefallen wählen darfst.“
Da ward das stolze Herz der Jungfrau mit Zorn erfüllt und sann auf Rache. Sie ließ am andern Morgen dreihundert Malter Holz zusammenfahren und sprach zu dem Königssohn, die drei Bünde wären gelöst, sie würde nicht eher seine Gemahlin werden, bis einer bereit wäre, sich mitten in das Holz zu setzen und das Feuer auszuhalten. Sie dachte keiner seiner Diener würde sich für ihn verbrennen, und aus Liebe zu ihr würde er selber sich hinein setzen, und dann wäre sie frei. Die Diener aber sprachen „wir haben alle etwas gethan, nur der Frostige noch nicht, der muß auch daran,“ setzten ihn mitten auf den Holzstoß und steckten ihn an. Da begann das Feuer zu brennen und brannte drei Tage, bis alles Holz verzehrt war, und als die Flammen sich legten, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub und sprach „einen solchen Frost habe ich mein Lebtage nicht ausgehalten, und wenn er länger gedauert hätte, so wäre ich erstarrt.“
Nun war keine Aussicht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte den unbekannten Jüngling zum Gemahl nehmen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte „ich kann die Schande nicht ertragen“ und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurück bringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt und die heimlichen Reden der Alten vernommen. „Was fangen wir an?“ sprach er zu dem Dicken, aber der wußte Rath, spie einmal oder zweimal hinter dem Wagen einen Theil von dem Meereswasser aus, das er getrunken hatte, da entstand ein großer See, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als die Zauberin das vernahm, schickte sie ihre geharnischten Reiter, aber der Horcher hörte das Rasseln ihrer Rüstung und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als die beiden in der Kirche eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen zu ihrem Herrn „eure Wünsche sind erfüllt, ihr habt uns nicht mehr nöthig, wir wollen weiter ziehen und unser Glück versuchen.“
Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde: wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau „weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater: wir zwei müssen auch daran und ihm helfen hüten.“ Dann stieg er mit ihr in das Wirthshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirthsleuten in der Nacht sollten sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzuthun, und die Wirthin gab ihr einen alten Rock und ein paar alte wollene Strümpfe, dabei that sie noch als wärs ein großes Geschenk und sprach „wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.“ Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt und hütete mit ihm die Herde und dachte „ich habe es verdient mit meinem Übermuth und Stolz.“ Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr wund geworden. Da kamen ein paar Leute und fragten ob sie wüßte wer ihr Mann wäre. „Ja,“ antwortete sie, „er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit Bändern und Schnüren einen kleinen Handel zu treiben.“ Sie sprachen aber „kommt einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,“ und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte und sprach „ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.“ Nun ward erst die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen.
Die weiße und die schwarze Braut
(Brüder Grimm)
Eine Frau gieng mit ihrer Tochter und Stieftochter über Feld, Futter zu schneiden. Da kam der liebe Gott als ein armer Mann zu ihnen gegangen und fragte „wo führt der Weg ins Dorf?“ „Wenn ihr ihn wissen wollt,“ sprach die Mutter, „so sucht ihn selber,“ und die Tochter setzte hinzu „habt ihr Sorge daß ihr ihn nicht findet, so nehmt euch einen Wegweiser mit.“ Die Stieftochter aber sprach „armer Mann, ich will dich führen, komm mit mir.“ Da zürnte der liebe Gott über die Mutter und Tochter, wendete ihnen den Rücken zu und verwünschte sie, daß sie sollten schwarz werden wie die Nacht und häßlich wie die Sünde. Der armen Stieftochter aber war Gott gnädig und gieng mit ihr, und als sie nahe