Sadie Chesterfield

My Little Pony - Sturm auf Canterlot - das Prequel zum Film


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Der Ball schwebte etwas entfernt von ihm in der Luft und verschwand hinter einer Biegung. Auch der Untergrund, auf dem es lief, war schwer erkennbar. Es stolperte über einen Stein und schlug hart auf dem Boden auf. Nachdem es sich wieder aufgerappelt hatte, rieb es sich die schmerzende Schulter.

      „Doch nicht ganz so einfach …“, murmelte es vor sich hin. Es bewegte sich nun vorsichtiger voran. „Noch ein bisschen weiter…”

      Es kam dem schwebenden Ball wieder näher. Und als es schließlich um eine Ecke bog, war die Höhle plötzlich hell erleuchtet. Alles war deutlich zu erkennen.

      Es schien, als hätte hier ein Wesen gehaust. Essensreste lagen herum und ein gemütliches Bett stand in einer Nische. Das Einhorn griff nach dem Ball und klemmte ihn unter seine Vorderachsel. Als es sich zum Gehen wandte, bäumte sich ein Kleiner Bär vor ihm auf.

      Es war völlig überrumpelt. Das Gebrüll des Bären war ohrenbetäubend. Das Einhorn duckte sich unter seiner Vordertatze weg und versuchte zu entkommen. Doch der Bär jagte ihm hinterher. Nach wenigen Schritten hatte er es in den Tatzen. Er schleuderte es durch die Höhle und es schlug mit dem Kopf gegen die Wand.

      So schnell es ihm möglich war, rappelte es sich wieder hoch, doch ihm war klar, dass der Bär ihm auf den Fersen blieb. Als es schon fast am Höhlenausgang war, erblickte es Glitter Drops und Spring Rain, die dort auf das Einhorn gewartet hatten. Beide starrten in die Höhle hinein und versuchten zu begreifen, was da in der Dunkelheit geschah.

      „Macht, dass ihr wegkommt!“, schrie das junge Einhorn. „Da drin haust ein Bär!“

      Spring Rain und Glitter Drops machten auf den Hufen kehrt und rannten davon. Das junge Einhorn folgte ihnen und war erleichtert, dass es aus der Höhle hinausgelangt war. Auf halber Strecke verlor es den Ball, aber das war im Augenblick seine geringste Sorge. Es musste schauen, dass es dem Bären so schnell wie möglich entwischte.

      Erst als es den Wald hinter sich gelassen hatte, hielt es inne. Glitter Drops und Spring Rain warteten dort schon auf einer Wiese. Es blickte sich noch einmal um, um sicherzugehen, dass der Bär ihm nicht mehr folgte. Sie waren ja ganz allein hier, ganz ohne Schutz. Doch weit und breit war kein Bär mehr zu sehen.

      „Ich war tief drin in der Höhle“, sagte das junge Einhorn. „Den Ball hab ich auch gefunden, aber dann stand plötzlich dieser fürchterliche Kleine Bär vor mir. Er hat mich verfolgt, dann bin ich gestürzt und …“

      Glitter Drops und Spring Rain starrten es an. Mit weit aufgerissenen Augen und todernster Miene. Als würden sie eines schrecklichen Anblicks gewahr. Das junge Einhorn sah an sich herunter auf seine Hufe. Alles schien soweit in Ordnung bei ihm. Es sah über seine Schulter zu seiner Mähne und dem Schweif. Alles noch da. Kein Grund also, so zu starren.

      „Alles in Ordnung, ich bin unverletzt“, sagte es dann. „Bis auf ein paar Kratzer …“

      „Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll …“, murmelte Glitter Drops mit wässrigen Augen. „Es geht um dein Horn.“

      Das junge Einhorn tastete auf seiner Stirn herum. Sein Horn war …nur noch ein kleiner Stumpf mit scharfen Zacken. Die Hälfte war abgebrochen. Tränen schossen ihm in die Augen.

      „Neiiiiin!“, rief es und schüttelte den Kopf. „Das darf nicht wahr sein! Was taugt ein Einhorn denn ohne Horn?!“

      „Wie furchtbar, es tut mir so leid für dich“, sagte Glitter Drops und nahm es in den Arm.

      „Das wird schon wieder“, sagte Spring Rain und legte ebenfalls ein Vorderbein um die Freundin, der die Tränen über die Wangen kullerten.

      Sie hatte ihr Horn verloren. Ihr einziges. Ihre ganze Magie war dahin. Wie sollte das je wieder ‚werden’?!!

      Kapitel 2

      Das junge Einhorn trabte durch die Stadt, flankiert von den beiden Freundinnen. Wochenlang hatte es darauf gehofft, dass sein Horn wieder nachwachsen würde. Monatelang. Doch nichts war geschehen. Nun war es zum ersten Mal nach dem Unfall wieder aus dem Haus gegangen. Spring Rain und Glitter Drops hatten es dazu ermuntert, ihm versichert, dass alles gut gehen würde. Trotzdem war es nervös. Und wenn es im Spiegel auf den Stumpf seines Horns starrte, musste es immer weinen.

      Nun hatte es einen Hut tief ins Gesicht gezogen und keinem Pony schien etwas aufzufallen. Es winkte den Ponys in der Markthalle zu und die winkten zurück. Sie trafen auf ihre Freundin Moonglow, die gerade Tulpen im Garten vor der Kunstgalerie einpflanzte.

      „Dein Hut ist ja zauberhaft!“, rief Moonglow. „Was für hübsche Blumen!“

      „Ich danke dir, Moonglow“, sagte das junge Einhorn im Vorübergehen.

      „Na, siehste“, sagte Glitter Drops. „So schlimm ist es doch gar nicht.“

      Das junge Einhorn nickte. „Ihr hattet Recht. Es tut gut, mal wieder unter Ponys zu kommen.”

      Sie liefen weiter bis zur Lichtung im Wald und dort holte Spring Rain wieder den Ball aus der Satteltasche. Es waren kaum andere Ponys da. „Sollen wir es noch einmal versuchen?“, fragte sie. „Kann ja nicht schaden.“

      Das junge Einhorn verstand erst nicht, wovon sie redete. Doch dann ließ Spring Rain den Ball erneut einige Zentimeter über der Erde schweben.

      „Ach nee, lieber nicht …“, sagte das junge Einhorn. „Seit dem Unfall habe ich mein Horn nicht mehr benutzt. Ich weiß nicht einmal, ob es noch magische Kräfte besitzt.“

      „Du bist das mutigste Einhorn weit und breit“, sagte Glitter Drops. „Ich erzähle immer allen, dass du dich vor nichts und niemand, vor keinem Pony und keiner Kreatur fürchtest. Du kannst alles schaffen, was du dir vornimmst.“

      Das junge Einhorn schaute auf die Stadt in der Ferne. Sie waren nun allein. Vielleicht sollte sie es wirklich noch einmal versuchen. Konnte ja nicht schaden. Seit ihr Horn abgebrochen war, hatte sie nichts mehr gewagt.

      „Bist du bereit?“, fragte Spring Rain und legte den Ball ab.

      Das junge Einhorn nickte und nahm den Hut ab. Glitter Drops und Spring Rain trabten vor ihm her, weiter in die Lichtung hinein. Das junge Einhorn konzentrierte all seine Zauberkraft auf sein beschädigtes Horn, um damit den Ball zum Schweben zu bringen. Das Horn sprühte ein paar Funken. Es wartete, bis es mehr Funken sprühte.

      Seine Kräfte wuchsen, das spürte es deutlich. Und auf einmal schoss ein unglaublich gleißender Lichtstrahl aus seinem beschädigten Horn. Glühend heiß und vernichtend, alles, was er erfasste, wurde sofort zu Staub und Asche. Alle Bäume in der ersten Reihe waren dem heißen Glutstrahl zum Opfer gefallen!

      „Hey, Vorsicht!“, schrie Glitter Drops, als das junge Einhorn auf sie zurannte und versuchte, seine Kräfte wieder unter Kontrolle zu bringen. Es stolperte und versengte versehentlich das Gras, weil es den Kopf gesenkt hatte.

      Als sein Horn endlich aufhörte, zu strahlen und zu sprühen, stand es keuchend und verdattert da. Spring Rain lag am Boden mit einer Beule am Kopf. Glitter Drops hatte sich hinter einem Baum versteckt. Das junge Einhorn reichte Spring Rain einen Huf, um ihr beim Aufstehen zu helfen. Doch die Freundin wich zurück und starrte es ängstlich an.

      „Ich hab das nicht gewollt“, sagte das junge Einhorn. „Keine Ahnung, wie das passieren konnte.“

      Spring Rain rappelte sich alleine hoch, klopfte sich den Dreck vom Fell und lächelte ihre Freundin unsicher an. „Schon okay. War wohl ein Versehen.“

      Glitter Drops kam auch aus ihrem Versteck, doch das junge Einhorn merkte, dass ihre Freundinnen plötzlich Abstand hielten. Argwöhnisch schauten sie auf ihren Hornstumpf. Es schien, als hätten sie Angst vor ihr. „Alles in Ordnung?“, fragte Glitter Drops Spring Rain. „Du bist ziemlich böse hingefallen.“

      „Alles gut, glaube ich … war halt eine ziemlich furchteinflößende Veranstaltung, das eben“, antwortete Spring Rain.

      „Es tut mir sehr leid“, sagte das junge Einhorn. „Irgendwas stimmt nicht mit meinem Horn