Hans Leip

Glück und Gischt


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Morgen versammelten sich Hunderte von hustenden Kulis vor dem Vendy-Hotel. Ihre Rikschas versperrten den prächtigen Ausländer-Limousinen den Weg, und über dem Tumult erhob sich eine schwanke Bambusstange, darauf der Kopf des Enthaupteten gespießt war und schon übel roch. Die Polizei erwies sich als machtlos. Die Terrasse des Hotels hatte sich plötzlich geleert. An den Hotelfenstern sah man ärgerliche, erregte und angstvolle Gesichter, und die Menge machte Miene, den Eingang zu stürmen.

      Aber der Direktor hatte längst die Hafenkommandantur angerufen, und wie üblich landeten die verschiedenen Kriegsfahrzeuge, die im schwammigen Wangpuwasser lauerten, einige Mannschaften; die Amerikaner zuerst, da immerhin einer ihrer Landsleute bedroht war, dann die Engländer, ohne die noch derzeit nichts geschah in Schanghai. Und zuletzt, sozusagen als hintergründige Gesamtaufsicht, die Besatzung eines russischen Zerstörers. Unter militärischer Musik und mit ein bißchen teils blinder, teils scharfer Knallerei wurde die Straße dem weißen Verkehr zurückgewonnen, und für die Dauer einer Woche wurde die Hotelterrasse mit je einem amerikanischen und einem englischen Maschinengewehr bestückt.

      Dieser Sieg machte die Pedureit und ihren Dyhard übermütig. Sie verlangten nunmehr von dem chinesischen Regierungsvertreter außer einer großen Sühnesumme ein feierliches öffentliches Begräbnis des für diesen Zweck vorsorglich in einem Frigidaire des Hotels aufbewahrten Hündchens Piggy. Und nur dadurch, daß an dem folgenden Mittag, als die Dame allein war und den in der Nacht versäumten Schlaf nachholte, ihr eigener, sonst so treu ergebener Boy, von keinem Hündchen gestört, ihr die Kehle durchschnitt, wurde die Peinlichkeit umgangen, welche die Stellungnahme der weißen Kolonie oder gar die Ausführung selber mit sich gebracht hätte.

      Der Boy hob einen von dem Amerikaner Unterzeichneten Scheck, den er bei seiner Herrin gefunden hatte, ohne Schwierigkeiten ab – da er dergleichen auch sonst schon besorgt hatte – und entkam.

      Der Amerikaner, den er noch beim Frühstück bedient hatte, verließ schon am Abend die unheimliche Stadt, um das nächstgelegene Korea aufzusuchen, starb aber auf der Reise an einer Darmentzündung, deren Ursache man in seinem letzten Imbiß bei der Pedureit wohl vermuten, aber nicht beweisen konnte.

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