Joe Barry

Privatdetektiv Joe Barry - Vierundzwanzig Stunden Angst


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einsehen, daß er den Kampf trotzdem verlieren muß. Aber mich würde dieser Kampf eine Menge Geld kosten, kapiert?“

      „Okay, und du glaubst, fünftausend Dollar sind ihm genug.“

      „Er wurde vor fünf Jahren wegen der halben Summe zum Mörder“, gab Bick zu bedenken.

      „Well, das stimmt. Noch etwas: Wird der Mann in Baton Rouge bereit sein, Nat Salinger diese Nachricht zu übermitteln?“

      „Eir wird“, versicherte Bick. „Du kannst ihm einen Tausender versprechen. Eir kommt in einem Jahr wieder raus, Da kann er das Geld gut brauchen. Der Bursche spielt mit.“

      „Well, schon möglich, daß du recht hast. Aber wäre es nicht viel einfacher, ich gehe sofort ins Zuchthaus von Baton: Rouge und rede mit Nat Salinger direkt.“

      Bick schüttelte den Kopf.

      „Daran habe ich auch schon gedacht. Ich weiß, daß einige Zeitungen in New York und Chikago auf den Burschen scharf sind. Sie wollen seine Memoiren bringen — mit dem üblichen Tenor: ,Rassendiskriminierung in den Südstaaten“. Das Problem ist brandaktuell. Wenn du zu Salinger marschierst, wird die Sache bekannt. Diese Zeitungsleute aus dem Norden sind fixe Burschen.“

      „Wenn das so ist, werden die ihm aber auch mehr zahlen als fünftausend“, gab Mulligan zu bedenken.

      Bick hob die Schultern.

      „Schon möglich. Dann kann ich nichts machen. Mehr zahl ich nicht. Wenn er nicht mitmischt, kämpfe ich. Vielleicht gehe ich pleite dabei, aber ihm bricht es das Genick, das schwöre ich dir!“

      Mulligan grinste ihn ungerührt an.

      „Wenn du Pleite gehst, Bick — ei, da wären wir aber alle traurig!“

      „Warum gehst du nicht nach Hollywood“, knurrte Bick beleidigt. „Da können die so einen dämlichen Spaßvogel allemal gebrauchen.“

      Nat Salinger hatte im Zuchthaus von Baton Rouge Stufe III, und das hieß, er hatte die beste Führungsnote, die überhaupt zu haben war. Stufe III bezog das Zuchthausblatt, konnte Radio hören, hatte verlängerte Freizeit, tagsüber offene Zeilentüren — und hatte am ehesten Aussicht auf Begnadigung.

      Nat war ein kleiner Mann. Über seinem langgezogenen Schädel spannte sich die fast durchsichtige Haut des Asketen — und des Fanatikers.

      Daß ihn ein Neueingelieferter sprechen wollte, erfuhr er bereits, während, der Neue noch unter der Dusche stand. Sammy, der Zuchthausreporter, trug es ihm zu.

      „Stell den Whisky kalt“, meinte Sammy. „Da will dich einer sprechen.“

      „Glaube ich kaum“, brummte Nat. „Du; weißt, daß ich kein Profi bin. Wie soll ich einen kennen, der hier Pensionsgast ist?“

      Sammy rieb sich das grauverfärbte Kinn.

      „Ist ’n Autoknacker“, verriet er. „Ein Jahr. Natürlich unschuldig, wie wir alle hier.“

      „Okay, meinetwegen, ich empfange ihn. Sag ihm, zwischen fünf und sieben erwarte ich immer Gäste.“

      „Smoking oder Frack?“

      „Krawatte genügt, aber darauf bestehe ich“, brummte Nat.

      „He, ihr beiden schmiedet wohl ein Komplott“, platzte ein Wachtmeisterbaß dazwischen.

      Sammy grinste wölfisch.

      „Kleiner Schwatz, Sergeant. Eine Geste, wie sie zwischen zivilisierten Mensehen üblich ist.“

      Der Sergeant kam näher. Seine Absätze klapperten auf den eisernen Gangplatten. Drohend stieß er den kurzen, ungestrichenen Holzknüppel vor.

      „Sieh dich vor, Sammy. Wenn du weiter so das Maul aufreißt, landest du noch mal in Dunkelhaft. Und du, Salinger, bilde dir nichts ein. Noch bist du nicht draußen.“

      „Das ist eine Fähigkeit, die ich an Ihnen bewundere, Sergeant“, sagte Nat ungerührt.

      „Was, he?“

      „Die Dinge zu sehen, wie sie sind.“

      Die Gelegenheit, den Neuen zu sprechen, ergab sich erst am nächsten Tag während der Freistunde. Nat betrachtete den Mann mißtrauisch. Er war ein lärmender Geselle, wohlbeleibt, die Sorte, die schon nach vierzehn Tagen einen Posten in der Küche bekommt.

      „Ich soll dir was von einem Zeitungsfritzen ausrichten“, verriet der Bursche. „John Mulligan heißt er. Und damit du meine Ansicht gleich kennst — geh auf seinen Vorschlag ein. So was Phantastisches habe ich überhaupt noch nicht gehört.“

      „Mich interessiert deine Ansicht verflucht wenig“, sagte Nat.

      „Wie du willst“, sagte der Bursche beleidigt. „Daß es Dumme gibt, ist bei Gott nichts Neues.“

      „Erzähl schon, was du zu sagen hast. Ich bin mit fünf Jahren hier schon genug versorgt. Ich brauche mir keine Strafverschärfung gefallen zu lassen, indem ich mich mit dir unterhalte.“

      Der Mann starrte ihn unschlüssig an und entschloß sich dann, die Bemerkung als Witz aufzufassen. Er lachte.

      „Du bist aber einer! — Also, dieser Mulligan bietet dir fünftausend Dollar, wenn du nach deiner Entlassung irgendwohin in die Nordstaaten gehst und dich verpflichtest, deinen Fall auf sich beruhen zu lassen!“

      „Wer bietet das Geld?“ fragte Nat ungläubig.

      „Der Zeitungsfritze.“

      Nat überlegte einen Augenblick. Er konnte sich gut an Mulligan erinnern. Die giftigen Artikel, die der Reporter geschrieben hatte, hatten nicht wenig dazu beigetragen, die Leute aufzuputschen.

      „Will Mulligan selber zahlen?“ erkundigte er sich mißtrauisch.

      „No, das nicht. Er sagte, er käme im Auftrag von ein paar einflußreichen Bürgern, denen daran gelegen sei, daß in Des Plaines nicht alte Leidenschaften wieder aufgeweckt werden.“ Der Mann starrte ihn neugierig an. „Na, was ist? Schon mal ein besseres Angebot bekommen?“

      „Jedenfalls keines, das ich abgelehnt habe.“

      „Was soll das heißen? Du lehnst ab!“

      „Siehst du den Zeitungsmann noch mal?“

      „Sicher. Er will hierher kommen. Aber du willst doch nicht . . .“

      „Sag ihm, daß er mir gestohlen bleiben kann. Was ich tue, wenn ich rauskomme, steht schon lange fest. Seine fünftausend Bucks kann er behalten.“

      „Mann, du bist ein schöner Idiot. Du kannst ja das Geld nehmen und trotzdem tun, was du willst. — Seit wann denn ehrlich, Kamerad!“

      „Ach, halt den Mund, du fällst mir auf den Wecker“, knurrte Nat und wandte sich ab.

      Er wunderte sich selbst, daß ihn das Angebot so kalt ließ. Aber in den fünf Jahren seine. Haft hatte sich der Haß langsam in ihm festgefressen und eine schöne solide Kruste gebildet. Da gab es keine Kurzschlußreaktionen mehr. Er wußte genau, was er tun würde, und dieses schmutzige Angebot bestärkte ihn nur in seiner Absicht.

      Nat überquerte den Zementhof und setzte vorsichtig über die Blumenrabatte, die der Gärtner sorgfältig pflegte, wenn auch nur ein paar verkümmerte Pflanzen dort gediehen.

      An der häßlichen nackten Ziegelmauer lehnte ein Mischling und hielt das Gesicht der Sonne entgegen. Eir hieß Cormick, war Halbneger und Nats einziger Freund. Den muskulösen Mann hatte eine dunkle Geschichte hierhergebracht. Es ging die Sage von einem Cop mit einer eingeschlagenen Nase, was den Auftakt zur größten Straßenschlacht in der Geschichte von Baton Rouge gebildet habe.

      „Sieh dich vor dem Burschen da vor“, grunzte Cormick, ohne die Augen zu öffnen.

      Nat lehnte sich neben ihn an die Wand.

      „Schon passiert“, sagte er gleichmütig.

      „Was