haben und wir können überlegen, wie wir wegen der Toten weiter vorgehen.«
»Aye, Sir.«
Pratt schenkte Connor ein knappes Lächeln und wies dann mit einem Kopfnicken zur Tür. »Gut, dann raus mit euch. Holt euch Lunch und macht Pause, bevor mir irgendwelche Gewerkschaftsvertreter die Hölle heißmachen, weil sich eine Spuk Squad mal wieder nicht an die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten hält.«
Kapitel 8
Cam dankte allen guten Sternen, als die Schulglocke sie um eins endlich in die Mittagspause entließ. Sein Tagesbedarf an fremden Menschen, Getuschel hinter vorgehaltenen Händen und abschätzenden Blicken war bereits jetzt schon mehr als gedeckt, doch er fürchtete, um den Nachmittagsunterricht würde er trotzdem nicht herumkommen.
Nach der Doppelstunde Mathe waren eine Doppelstunde Englisch und eine Einzelstunde Sozialkunde gefolgt und in allen Kursen war es recht ähnlich abgelaufen. Sobald er mit Ella und Jules ins Klassenzimmer gekommen war, hatte man sie von oben bis unten beäugt und zwar in allen Variation von neugierig bis misstrauisch. Jules und Ella schien das nicht viel auszumachen und sie gewannen die meisten ihre Mitschüler und Lehrer durch ein paar freundliche Sätze schnell für sich. Einigen war zwar anzusehen, dass sie skeptisch blieben, aber es hatte keine offenen Anfeindungen gegeben – oder die Notwendigkeit, sich auf dem Schulklo einzuschließen.
Das wertete Cam als positiv.
Trotzdem hielt er sich im Hintergrund und hoffte, dass man ihn in Ruhe ließ und einfach als Anhängsel der anderen beiden akzeptierte.
Er hoffte auch, dass das Lächeln, das er auf seinem Gesicht eingefroren hatte, halbwegs freundlich und nicht komplett grenzdebil wirkte.
Was dagegen bisher allerdings wirklich gut lief, war der Unterricht an sich. Obwohl Cam sich schon fragte, wofür zum Henker er in seinem Leben jemals die Infinitesimalrechnung brauchen würde. Aber das fragte er sich bei so ziemlich jeder Matheformel, also schien das eher ein generelles Problem zu sein, und keines, das auf das Konto der Ravencourt ging.
Nach der Nervosität vor den ersten Schulstunden hatte auch die Unruhe etwas nachgelassen. Trotzdem fühlte er sich mittlerweile ziemlich k. o. Die ganzen Menschen waren einfach anstrengend. Alle drängelten durch die Gänge, um möglichst schnell zum Lunch in die Cafeteria oder nach draußen in die Sonne zu kommen, und dieses unübersichtliche Gewusel machte ihn nervös.
»Hey Jules!«
Stephen, ein großer dunkelhaariger Typ, dessen Hemd sich um ein paar eindrucksvolle Armmuskeln spannte, fing Jules ab, als er mit Cam und Ella aus dem Sozialkunderaum kam. Er saß in Englisch neben Jules und während sie sich mit verschiedenen Kommunikationsmodellen auseinandergesetzt hatten, hatte Jules gleich mal herausgefunden, dass Stephen der Teamcaptain der Basketball-AG war.
»Kommst du mit auf den Hof ein paar Körbe werfen? Bin gespannt, was du so draufhast.«
»Klar, gerne.« Jules wandte sich zu Ella und Cam um. »Wenn das für euch okay ist?«
Ella boxte ihm gegen die Schulter. »Natürlich. Hau schon ab.«
Jules sah zu Cam.
Der nickte. »Sicher, viel Spaß.«
Jules drückte ihm kurz den Arm. »Wenn irgendwas ist, weißt du, wo du mich findest.«
Cam lächelte knapp und zog seinen Arm zurück. »Alles gut. Ich komme klar.«
Jules kannte ihn einfach zu gut. Doch Cam hatte beschlossen, sich weniger auf ihn zu verlassen und eigene Wege zu finden, um klarzukommen. Und manche davon funktionierten auch schon ganz gut.
Jules seufzte, als Cam ihn abschüttelte, akzeptierte aber, dass er Abstand brauchte. »Okay, dann bis später.«
»Bis später.«
Jules schloss sich Stephen und ein paar weiteren Jungs an, bei denen Cam sich nicht sicher war, ob sie ihm bekannt vorkommen sollten, und sie verschwanden im Gewühl ihrer Mitschüler.
»Na komm.« Ella hakte sich bei Cam unter und steuerte mit ihm auf eine der Türen zu, die auf den Schulhof hinausführten. »Suchen wir uns draußen einen netten Platz. Ich bin gespannt, was Granny uns in die Lunchpakete gepackt hat.«
Sie wollte gerade die Tür aufstoßen, als eine Stimme hinter ihnen sie zurückhielt.
»Ella?«
Die beiden wandten sich um.
Ein hübsches Mädchen mit langen braunen Haaren schloss zu ihnen auf. Cam ordnete sie und ihre beiden Begleiterinnen gedanklich in ihren Mathekurs ein und erinnerte sich vage, dass sie eine von denen war, die gelächelt hatten, als Ella und Jules Larissa und den Rest des Kurses davon überzeugt hatten, dass Totenbändiger keine mordlustigen Freaks waren.
»Hi, ich bin Teagan.« Sie schenkte Ella ein strahlendes Lächeln und bedachte auch Cam mit einem kurzen Blick. »Das sind Astrid und Lindsay«, stellte sie ihre Freundinnen vor.
Ella erwiderte das Lächeln. »Hi. Wir sind zusammen im Mathekurs, richtig?«
Teagan nickte. »Genau. Und was du da gesagt hast – also über euch Totenbändiger – das war echt klasse.«
»Ehm … danke.«
»Und wir finden, dass wir daraus was machen sollten.«
Ella runzelte die Stirn. »Okay … Sorry, aber ich weiß gerade ehrlich gesagt nicht, was du damit meinst.«
Wieder schenkte Teagan ihr ein Lächeln. »Na, diese ganzen blöden Vorurteile gegen euch. Wir finden, damit sollte aufgeräumt werden. Und dabei könnte ich dir helfen. Ich hab einen Lifestyleblog und poste Videos auf Instagram und YouTube. Ich bin zwar noch keine richtige Influencerin, aber ich hab im Sommer die zweitausend Follower geknackt. Und ich würde echt gerne ein paar Videos mit dir machen, in denen du den Leuten das erzählst, was du uns heute Morgen erzählt hast. Du hast absolut das Zeug dazu, Menschen zu überzeugen, dass Totenbändiger voll okay sind. Wir könnten ihnen in den Videos zeigen, wie es ist, eine zu sein, und ihnen erzählen, dass du und deine Brüder jetzt hier zur Schule geht und dass das überhaupt kein Problem ist.« Sie streckte die Hand aus und strich Ella eine blaugrüne Haarsträhne hinters Ohr, damit ihr Totenbändigerzeichen besser zu sehen war. »Du bist unglaublich süß und die Leute werden dich total lieben.«
Überrumpelt konnte Ella sie einen Moment lang nur anstarren.
Cam hatte nicht besonders viel Ahnung von social media. Für ihn waren das nur weitere Orte, an denen sich zu viele Menschen tummelten, die noch schwerer zu durchschauen waren, als die im echten Leben. Deshalb hielt er sich davon fern. Das Offensichtliche hatte er aber trotzdem verstanden.
»Du hoffst, dass du mit den Videos von meiner Schwester mehr Klicks, Likes und Follower bekommst.«
Teagan musterte ihn kurz und hob dann die Schultern. »Na ja, genau so funktioniert das Ganze ja.« Sie sah zurück zu Ella. »Am Anfang würdest du von mir und meinen Followern profitieren und kannst für ein besseres Ansehen von euch Totenbändigern werben. Wenn ich dadurch mehr Follower bekomme, ist das für mich total cool, aber für dich ist die größere Anzahl natürlich auch gut, weil wir mit deinem nächsten Video dann noch mehr Leute erreichen. Wir helfen uns sozusagen gegenseitig. Und du müsstest ja nicht nur über euch Totenbändiger reden.« Sie deutete auf Ellas Rucksack, der aus verschiedenen Stoffresten zusammengenäht war und dadurch eine coole Flickenoptik hatte. »Hast du den selbstgemacht?«
Ella nickte.
Teagan grinste freudig. »Der sieht echt mega aus. Hast du noch mehr solcher Sachen?«
Wieder nickte Ella. »Die meisten meiner Klamotten nähe ich selbst. Und ein paar für meine Schwester.«
»Wow, das ist genial! Das kommt mit Sicherheit auch total