er. »Ich war darauf vorbereitet, nach Ihnen suchen zu müssen und dann treffe ich Sie hier.«
»Warum wollten Sie mich suchen?« fragte Jessica konsterniert.
»Die Affäre Kollberg. Ich wurde benachrichtigt, daß Sie nach München kommen, um mit der Bank zu sprechen und sich Aufklärung über Kollberg zu verschaffen. Und Frau Möller sagte mir, daß möglicherweise Dr. Norden wüßte, wo Sie sich aufhalten.«
»Frau Möller?« wiederholte Jessica fragend.
»Christa Möller, Kollbergs Haushälterin.«
»Christa, guter Gott, an die habe ich gar nicht mehr gedacht. Sie wollte doch heiraten. Aber anscheinend hat sie das auch, denn früher hieß sie doch Neubert, wenn ich mich recht erinnere.«
»Ja, so ist es. Wir haben uns bemüht, Auskünfte bei allen zu bekommen, die mit Kollberg zu tun hatten, und Frau Möller konnte uns recht gut weiterhelfen.«
»Christa war eine sehr nette Frau. Ich glaube, sie hatte sehr viel für Kollberg übrig«, sagte Jessica gedankenverloren.
»Bis sie ihn durchschaute. Sie hat zum Glück einen sehr anständigen und soliden Mann gefunden. Aber damals ahnte sie auch nicht, daß Kollberg sich in kriminelle Machenschaften einlassen würde, und schon gar nicht, daß er Sie auch betrügen würde.«
»Darf ich fragen, was Sie mit dieser Geschichte zu tun haben?« Jessica wappnete sich mit Abwehr. Sie wollte diesem Mann nicht sofort Vertrauen schenken, wenn er auch noch so vertrauenswürdig wirkte.
»Ich bin an der Filmgesellschaft beteiligt und natürlich daran interessiert, daß der Schaden, den er angerichtet hat, begrenzt wird. Kollberg hatte eine sehr enge Verbindung zu Ihrem Mann, wie ich erfahren habe.«
»Zu meinem geschiedenen Mann«, betonte Jessica. »Wie eng diese Verbindung war, weiß ich nicht. Es würde mich interessieren. Vielleicht haben sie mich gemeinsam betrogen. Jedenfalls lernte ich Santorro durch Kollberg kennen, und ich halte es für möglich, daß ich auf raffinierte Weise verkuppelt wurde, ohne es in meiner Naivität zu bemerken. Sie dürfen es mir bitte nicht verübeln, daß ich durch meine bitteren Erfahrungen sehr mißtrauisch geworden bin.«
»Dafür habe ich Verständnis, aber ich möchte Ihnen nachdrücklich versichern, daß Sie mir vertrauen dürfen. Ich konnte mich informieren, daß Sie ein beträchtliches Vermögen geerbt haben, das Kollberg verwalten sollte.«
»Mein Vater war mit ihm befreundet und hat ihm absolut vertraut. Er benahm sich mir gegenüber als guter Onkel. Ich muß leider zugeben, daß ich ihn auch so sah.«
»Er hat auch uns täuschen können. Es scheint so, daß er sich an fremdem Geld erst vergriffen hat, als er sein eigenes Vermögen verspielt und verspekuliert hatte. Er rutschte immer tiefer in das Dilemma, aus dem er sich wohl heraushelfen wollte. Mr. Santorro scheint ihm dabei sehr behilflich gewesen zu sein, indem er sich Filme von Kollberg finanzieren ließ, die dann aber Verlustgeschäfte wurden.«
»Und dann hat er mir auch noch meine Tochter gestohlen«, sagte Jessica tonlos. »Aber vielleicht habe ich nun doch eine Möglichkeit, Laura wiederzubekommen, wenn ich nachweisen kann, daß er mit Kollberg zu meinem Schaden gemeinsame Sache machte.«
»Vielleicht gewinne ich Ihr Vertrauen soweit, daß Sie mir erzählen, was Ihnen angetan wurde. Ich weiß nur, was in der Regenbogenpresse berichtet wurde, und das sollte man nicht glauben.«
»Ich bin dabei bestimmt nicht gut weggekommen. Santorro war doch der große Held, der vorbildliche Vater, der sich seiner verrückten Frau erwehren mußte.«
»Na, so schlimm war die Berichterstattung auch wieder nicht«, sagte Julian Vreden mit einem Anflug von Humor. »Ich kenne mich außerdem in dem Geschäft aus und weiß, was ich von Sensationsberichten zu halten habe. Es war ja schon bekannt, daß Santorro nicht mehr die Popularität genoß wie vor Jahren. Er hat sich überschätzt. Er wurde größenwahnsinnig.«
»Mich hat er zur Wahnsinnigen gestempelt. Es ist Ihnen vielleicht bekannt, daß ich einen Nervenzusammenbruch hatte und in ein Sanatorium kam. Niemand hat berichtet, daß ich von ihm zusammengeschlagen wurde, daß ich nicht mehr klar denken konnte. Wer hätte ihm denn so etwas zugetraut? Er hatte ja auch Freunde, die genauso skrupellos und brutal waren wie er. Er kannte auch einen Arzt, der ihm abnahm, daß ich in betrunkenem Zustand die Treppe herabgestürzt war. Dabei habe ich nie einen Tropfen Alkohol getrunken, außer mal in Gesellschaft ein Glas Sekt. Aber darüber will ich jetzt gar nicht reden. Es geht darum, ihm nachzuweisen, daß er mich gemeinsam mit Kollberg betrogen hat, denn das wäre wohl das einzige, was ich gegen ihn vor Gericht vorbringen kann.«
»Es ist nicht das einzige«, sagte Julian Vreden. »Wenn Sie es mir gestatten, werde ich Ihnen helfen, Ihre Tochter zu finden.«
Jessica dachte wieder an ihren Traum. Sollte es Wirklichkeit werden, was sie in dieser ersten Nacht in München geträumt hatte?
Sollte es dieser Mann sein, der ihr Laura wiederbrachte? Ihr Herz schlug schnell, und ihr wurde fast schwindelig bei dem Gedanken.
»Ich kann es nicht glauben, daß mir noch jemand helfen kann«, sagte sie bebend.
»Sie sollten aber ganz fest daran glauben. Ich weiß, daß es schwer ist, wieder Vertrauen zu gewinnen, wenn man so betrogen wurde, aber es sind nicht alle Menschen schlecht. Sie haben doch auch Vertrauen zu Dr. Norden, wie ich gestern abend feststellen konnte.«
»Ich kenne ihn und seine Frau schon lange.«
»Darf ich Sie bitten, mich jetzt auch besser kennenlernen zu wollen? Ich möchte Ihnen sehr gern helfen, weil es mich wütend macht, wie Kollberg mit dem ihm anvertrauten Erbe umgesprungen ist. Es ging immerhin um die Tochter eines Freundes, der ihn schätzte. Es war ein eklatanter Vertrauensbruch, besonders weil er mit Santorro gemeinsame Sache machte.«
»Wenn ich das nur gewußt hätte«, sagte Jessica leise.
»Ich hätte doch eine ganz andere Ausgangsposition gehabt. Wahrscheinlich hat er allen weißgemacht, daß ich finanziell von ihm abhängig bin. Ich weiß momentan nicht, was ich denken soll, Herr Dr. Vreden.«
»Ich heiße Julian, darf ich Jessica sagen? Wir werden jetzt an einem Strang ziehen, und ich verspreche Ihnen, daß ich schnellstens etwas unternehmen werde, um Santorro zu finden.«
»Und Kollberg, weiß man schon, wo er sich aufhält?«
»In der Schweiz, soviel ist sicher, aber er wird an kein Fremdkonto herankommen, wenn er auch Vollmachten besitzt. Ich habe entsprechende Vorkehrungen getroffen. Ich denke, daß auch Ihre Verluste in Grenzen gehalten werden können.«
»Ich habe einen Detektiv eingeschaltet, der einen sehr guten Eindruck machte. Sie können sich auch mit Herrn Kühne in Verbindung setzen.«
Sie ist nicht hilflos, dachte Julian.
Sie machte sogar einen sehr entschlossenen Eindruck auf ihn, und das freute ihn.
»Wenn Sie Geld benötigen, helfe ich gern aus«, sagte er. »Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, Sie haben bestimmt nicht alles verloren.«
»Ich will jetzt zur Bank fahren. Ich habe schon einen Termin mit dem Bankdirektor ausgemacht.«
»Darf ich Sie hinbringen? Ich muß sowieso in die Stadt fahren zu meinem Anwalt. Können wir uns dann nachmittags wieder treffen?«
»Ich weiß nicht, wann ich zurück bin, aber Sie können das ja im Hotel erfahren.«
»Würden Sie mir noch sagen, zu wem Santorro eine enge Beziehung hatte?«
»Paul Howard, mit ihm war er fast ständig zusammen. Leslie Howard war in der gleichen Situation wie ich, aber sie verschwand plötzlich. Ich weiß nicht, was aus ihr geworden ist.«
»Eine recht gute Schauspielerin. Sie filmt auch in England.«
»Ist das sicher? Ich würde sie gern wiedersehen. Es wurde von den Männern verhindert, daß wir uns näher kennenlernten.«
»Dann werde ich ein Treffen