Myriam Brixton

Mine | Erotischer SM-Roman


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wartete sie auf jemanden? Auf eine Eingebung? Hier? In dieser Kleidung? Das passte nicht zusammen. Als ich das »Cult« verließ, war sie verschwunden. Wie am Tag zuvor. Warum fiel mir das überhaupt auf? Es war Freitagnacht, das Wochenende stand bevor und ich hatte Lust, Druck abzulassen. Ich lenkte meinen Porsche in die Tiefgarage des »Elisa Galéen« und inhalierte den Anblick der Models, die mich an der Bar empfingen. Warum ich mich dann doch wieder für Katharina entschied, konnte ich mir nicht genau erklären. Vielleicht, weil sie meine Vorlieben bereits kannte und die ganze Nacht wacker durchhielt. Sie war schön, sie war heiß und sie war willig. Never change a winning team.

      Rein gar nichts war leichter am nächsten Abend. Im Gegenteil, der Mut verließ mich schneller als am Tag zuvor. Mit den Schuhen in der Hand lief ich über den Asphalt, bis meine Füße rabenschwarz waren.

      Den Samstag verbrachte ich mit Small Talk im Tennisclub. Viele meiner beruflichen Kontakte hatte ich hier geknüpft. Ich war ein guter Netzwerker, was sich beruflich als großer Vorteil herausstellte. Ich wusste stets, wie es um die Unternehmen im Land stand. Ich hatte meine Quellen und ein untrügliches Gespür, welche Unternehmen es sich lohnte, aufzukaufen. Renditenschwache Teile der Unternehmen wurden abgegeben, Lieferantenverträge gekündigt, wenn sie ihre Waren nicht im zweistelligen Prozentbereich günstiger anbieten konnten. Die Produktion wurde in Billiglohnländer ausgelagert. Um Personalkosten einzusparen, folgte meist eine gröbere Kündigungswelle und schon machte das Unternehmen satte Gewinne. Nach einigen Jahren verkaufte unsere Investorengruppe das Unternehmen weiter und schnitt mit einem saftigen Plus ab. Danach wurde das Spiel mit einer anderen Gesellschaft wiederholt. Die verkauften Betriebe hielten sich oft nicht mehr lange am Markt, weil sie ausgesaugt waren. »Hinter mir die Sinnflut« lautete mein Motto. Ich war ein Spieler, das Leben war ein Spiel. Geld zu verdienen, machte mir Spaß und ich hatte genug von beidem: von Geld und von Spaß.

       Kapitel 4

      Den Abend wollte ich zu Hause verbringen. Die vergangene Nacht mit Katharina war einmal mehr intensiv gewesen. Sie war mit Sicherheit noch völlig wund und fiel für die nächsten Tage aus. Der Gedanke gefiel mir. Ich hatte sie hart rangenommen. Es waren in Summe siebentausend Dollar, die mich die Nacht inklusive Extrawünsche gekostet hatte. Dr. Caruso würde sein Rennpferdchen schon wieder gesund pflegen.

       Kapitel 5

      Ob die Kleine wohl wieder unter der Laterne stand? Es war die Neugierde, die mich zu später Stunde doch noch auf die Straße lockte. Ich wollte wissen, ob sie da war. Im Halbdunkeln versteckt, den Blick im Boden versenkt, betend. Ein wenig mehr Beleuchtung hätte dieser Block durchaus vertragen. Kaum bog der Wagen um die Kurve, stach sie mir ins Auge. Als ich an ihr vorbeifuhr, streifte mich ein scheuer Blick. Vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein.

      Ich riss den Porsche nach rechts in eine Parklücke und überquerte offensiv die Straße. Je näher ich dem Mädchen kam, desto winziger wurde sie. Jetzt, als ich vor ihr stand, reichte sie mir nicht einmal mehr bis zur Brust.

      »Was tust du hier?« Sie antwortete nicht. Sie sah mich nicht einmal an.

      »Ich sehe dich seit drei Abenden hier stehen. Auf wen wartest du?« Kein Ton entkam der Minifrau. Verstand sie mich überhaupt?

      Mir war das weiße Auto schon die Tage zuvor aufgefallen. Dieses Rennauto, dessen Motorengeheul sich wie das Brüllen eines Löwen anhörte. Jeden Abend war es an mir vorbeigerauscht und hatte sein Röhren zum Besten gegeben. Es war gar nicht möglich gewesen, es nicht zu bemerken. Dass es nun aber genau jener weiße Hai war, welcher dort drüben in der Finsternis anhielt und seinen Herren ausspuckte, schnürte mir die Kehle zu. Ich sah eine mächtige Gestalt auf mich zukommen und fand mich in einem dieser grimmigen Träume wieder, in denen ich verfolgt wurde und meine Beine nicht gehorchten. Ich war gelähmt.

       Kapitel 6

      Erinnerungen, die ich längst verschüttet hatte, kamen in mir hoch. Ich war plötzlich wieder in jenem Heim, in welches ich nach dem Unfall meiner Eltern gebracht worden war. Ich war erst drei Tage dort gewesen, als mich der Betreuer nachts zu sich geholt hatte. Er brachte mich in sein Zimmer. Der Vorhang war zugezogen, sodass man von außen nicht hineinsehen konnte. An der Wand hingen Zeichnungen, die von Kindern gemalt worden waren. Zeichnungen von windschiefen Häusern und Tieren, deren Artenzugehörigkeit nur zu erraten war. Ein Bücherregal, in dem alles kreuz und quer lag, war an der Mauer festgenagelt. Das Bett war ungemacht. Er knipste auf dem Schreibtisch die Tischleuchte an und setzte mich darauf. Ich hielt die Luft an, irgendetwas war in diesem Moment nicht in Ordnung. Was das war, verstand ich erst, als er mir das Nachthemd über den Kopf zog. Er drohte mir, mich in den Keller zu sperren. Ein Sterbenswörtchen und ich säße in der feuchten Finsternis. Niemandem würde es auffallen, wenn ich verschwunden wäre. Es waren ohnehin viel zu viele Kinder hier. Ich war damals zehn Jahre alt. Ich glaubte ihm jedes Wort. Erstarrt saß ich vor ihm. Ich zitterte, obwohl mir nicht kalt war und es kostete mich immense Kraft, Luft in die Lunge zu ziehen. Meine Augen brannten. Sie wollten sich nicht schließen lassen. Sie hörten nicht auf, ihn anzustarren. Diesen Mann, der die nächsten Jahre auf mich aufpassen sollte. Ich wollte weinen, aber es ging nicht. Ich wollte »Bitte« sagen, aber auch das kam nicht heraus. Er bog den Draht der kleinen Tischlampe wie einen Spot zurecht, bevor er mit beiden Händen meine Beine auseinanderdrückte. Die Zeit hatte angehalten. Ich erinnerte mich an seinen Blick. Seine Augen traten hervor, sein Mund öffnete sich. Er sah aus, als hätte ihn von hinten eine Eisenstange getroffen. Er verwandelte sich in einen Zombie und nahm mich in seinem Horrorfilm gefangen. Ich erinnerte mich an den Augenblick, als er die Schreibtischlade aufzog und eine Kamera hervorholte. Die andere Hand griff nach mir. Ich wollte weg. Ich wollte schreien. Ich wollte treten. Nichts davon tat ich. Ich rührte mich nicht. Auch nicht, als seine Finger in mein Inneres drangen. Klick. Klick. Klick. Ich weiß nicht, wie viele Finger es gewesen waren, die sich wie Tentakel in meine geheimste Stelle gebohrt hatten. Nur das Klicken der Kamera nahm ich wahr. So, als wollten die Töne mich warnen, bloß den Mund zu halten. Er hob mich vom Tisch. Ich war eine Barbie. Meine Körperteile ließen sich verbiegen. Der Puppenspieler krümmte mich in jede Stellung. Nur meine Augäpfel blieben selbstbestimmt und richteten ihren Fokus genau dorthin, wohin mein »Ich« nicht sehen wollte. Es war das erste Mal, dass ich einen erigierten Penis sah. Mit einem Griff hatte er den Knoten seines Bademantels aufgezogen und sich in meinen Mund geschoben. Ich würgte und krümmte mich reflexartig nach vorne. Mein Hals war zu kurz. Ich war gefangen in einer Welt aus Brechreiz, aus Panik und der Gefahr, zu ersticken. Die Hand des Zombies hatte sich in den Haaren der Puppe festgekrallt. Die Geräusche, die von oben kamen, waren dämonisch. Es war das Böse, das sich aus der Finsternis anschlich. Lauter und lauter wurde es. Der Horror kam immer noch näher. Es waren die Klauen des Teufels, die mich festhielten! Ich konnte seine Hufen sehen! Und plötzlich war alles still. Alles ruhig. Alles wie erstarrt. Nichts regte sich mehr, so als wäre der Dämon zu Eis erstarrt. Ich übergab mich vor seinen Augen.

      Wie ich damals zurück in mein Bett gekommen war, weiß ich nicht mehr. Hatte er mich getragen? War ich alleine gegangen? War ich jemandem auf dem Flur begegnet? Was war danach geschehen? Nichts davon war in meinem Gedächtnis geblieben. Die Stunden danach waren ausgelöscht. Erst, als ich mich mit meiner schwarzen Tasche auf der Straße wiederfand und keine Ahnung hatte, wohin ich gehen sollte, erst da setzte meine Erinnerung wieder ein. Wie viel Zeit dazwischen vergangen war und womit ich diese verbracht hatte, weigerte sich mein zentrales Nervensystem, wiederzugeben.

       Kapitel 7

      Ich blickte dem Fremden ins Gesicht. Warum war dieser Mann, der Herr des weißen Hais, zu mir gekommen? Warum stand er jetzt da und sprach mich an?

      »Gib mir eine Antwort. Du erscheinst wie ein Mahnmal. Wie eine Betende. Eine Wartende. Eine zu Boden Starrende. Was tust du hier?«

      Mein Hals war zugeschnürt. Ich hätte gesprochen, wenn es möglich gewesen wäre. Ich spürte nur mein Herz. Aber nicht dort, wo es hingehörte. Mein Herz pochte im Hals.

      »Mädchen, du bist jung, du bist hübsch. Hier zu stehen, kann dumm für dich ausgehen. Du solltest zu Hause oder mit Freunden unterwegs sein, aber nicht alleine. Nicht in dieser Kleidung und nicht an dieser Straßenecke. Das könnte zu falschen Schlussfolgerungen führen, und das möchtest