JOHANN: Strahlenrein, wie eine Göttin
Hervorgeht aus dem Bade. Zwar ich sah
Sie fliehend nur in ihrer Schöne – Denn
Als mir das Licht der Augen wiederkehrte,
Verhüllte sie sich. –
OTTOKAR: Nun?
JOHANN: Ach, doch ein Engel
Schien sie, als sie verhüllt nun zu mir trat;
Denn das Geschäft der Engel tat sie, hob
Zuerst mich Hingesunknen – löste dann
Von Haupt und Nacken schnell den Schleier, mir
Das Blut, das strömende, zu stillen.
OTTOKAR: O
Du Glücklicher!
JOHANN: Still saß ich, rührte nicht ein Glied,
Wie eine Taub in Kindeshand.
OTTOKAR: Und sprach sie nicht?
JOHANN:
Mit Tönen wie aus Glocken – fragte, stets
Geschäftig, wer ich sei? woher ich komme?
– Erschrak dann lebhaft, als sie hört', ich sei
Aus Rossitz.
OTTOKAR: Wie? Warum denn das?
JOHANN: Gott weiß:
Doch hastig fördernd das Geschäft, ließ sie
Den Schleier mir, und schwand.
OTTOKAR: Und sagte sie
Dir ihren Namen nicht?
JOHANN: Dazu war sie
Durch Bitten nicht, nicht durch Beschwören zu
Bewegen.
OTTOKAR: Nein, das tut sie nicht.
JOHANN: Wie? kennst
Du sie?
OTTOKAR: Ob ich sie kenne? Glaubst du Tor,
Die Sonne scheine dir allein?
JOHANN: Wie meinst
Du das? – Und kennst auch ihren Namen?
OTTOKAR: Nein,
Beruhge dich. Den sagt sie mir so wenig
Wie dir, und droht mit ihrem Zorne, wenn
Wir unbescheiden ihn erforschen sollten.
Drum laß uns tun, wie sie es will. Es sollen
Geheimnisse der Engel Menschen nicht
Ergründen. Laß – ja laß uns lieber, wie
Wir es mit Engeln tun, sie taufen. Möge
Die Ähnliche der Mutter Gottes auch
Maria heißen – uns nur, du verstehst;
Und nennst du im Gespräch mir diesen Namen,
So weiß ich wen du meinst. Ich habe lange
Mir einen solchen Freund gewünscht. Es sind
So wenig Seelen in dem Hause, die
Wie deine, zartbesaitet,
Vom Atem tönen.
Und weil uns nun der Schwur der Rache fort
Ins wilde Kriegsgetümmel treibt, so laß
Uns brüderlich zusammenhalten; kämpfe
Du stets an meiner Seite.
JOHANN: – Gegen wen?
OTTOKAR:
Das fragst du hier an dieser Leiche? Gegen
Sylvesters frevelhaftes Haus.
JOHANN: O Gott,
Laß ihn die Engellästrung nicht entgelten!
OTTOKAR:
Was? Bist du rasend?
JOHANN: Ottokar – Ich muß
Ein schreckliches Bekenntnis dir vollenden –
Es muß heraus aus dieser Brust – denn gleich
Den Geistern ohne Rast und Ruhe, die
Kein Sarg, kein Riegel, kein Gewölbe bändigt,
So mein Geheimnis. –
OTTOKAR: Du erschreckst mich, rede!
JOHANN:
Nur dir, nur dir darf ichs vertraun – Denn hier
Auf dieser Burg – mir kommt es vor, ich sei
In einem Götzentempel, sei, ein Christ,
Umringt von Wilden, die mit gräßlichen
Gebärden mich, den Haaresträubenden,
Zu ihrem blutgen Fratzenbilde reißen –
– Du hast ein menschliches Gesicht, zu dir,
Wie zu dem Weißen unter Mohren, wende
Ich mich – Denn niemand, bei Gefahr des Lebens,
Darf außer dir des Gottes Namen wissen,
Der mich entzückt. –
OTTOKAR: O Gott! – Doch meine Ahndung?
JOHANN:
Sie ist es.
OTTOKAR (erschrocken): Wer?
JOHANN: Du hasts geahndet.
OTTOKAR: Was
Hab ich geahndet? Sagt ich denn ein Wort?
Kann ein Vermuten denn nicht trügen? Mienen
Sind schlechte Rätsel, die auf vieles passen,
Und übereilt hast du die Auflösung.
Nicht wahr, das Mädchen, dessen Schleier hier,
Ist Agnes nicht, nicht Agnes Schroffenstein?
JOHANN:
Ich sag dir ja, sie ist es.
OTTOKAR: O mein Gott!
JOHANN:
Als sie auf den Bericht, ich sei aus Rossitz,
Schnell fortging, folgt ich ihr von weitem
Bis Warwand fast, wo mirs ein Mann nicht einmal,
Nein zehenmal bekräftigte.
OTTOKAR: O laß
An deiner Brust mich ruhn, mein lieber Freund.
(Er lehnt sich auf Johanns Schulter. Jeronimus tritt auf)
JERONIMUS: Ich soll
Mich sinngeändert vor dir zeigen, soll
Die schlechte Meinung dir benehmen, dir,
Wenns möglich, eine beßre abgewinnen,
– Gott weiß das ist ein peinliches Geschäft.
Laß gut sein, Ottokar. Du kannst mirs glauben,
Ich wußte nichts von allem, was geschehn.
(Pause; da Ottokar nicht aufsieht.)
Wenn dus nicht glaubst, ei nun, so laß es bleiben.
Ich hab nicht Lust mich vor dir weiß zu brennen.
Kannst dus verschmerzen, so mich zu verkennen,
Bei Gott so kann ich das verschmerzen.
OTTOKAR (zerstreut):
Was sagst du, Jeronimus?
JERONIMUS:
Ich weiß, was dich so zäh macht in dem Argwohn.
's ist wahr, und niemals werd ichs leugnen, ja,
Ich hatt das Mädel mir zum Weib erkoren.