Richard Harding Davis

Soldaten des Glücks


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      Richard Harding Davis

      Soldaten des Glücks

      Roman in zwei Bänden

      Mit Illustrationen von Charles Dana Giblon.

      Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen

      von

      F. Mangold.

      Saga

      Ebook-Kolophon

      Richard Harding Davis: Soldaten des Glücks. © 1900 Richard Harding Davis. Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2015 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen 2015. All rights reserved.

      ISBN: 9788711462140

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com - a part of Egmont, www.egmont.com.

Erster Band.

      Erstes Kapitel.

      „Wie liebenswürdig von Ihnen, dass Sie so früh kommen,“ sagte Mrs. Porter, als Alice Langham in den Salon trat. „Ich möchte Sie nämlich um eine Gefälligkeit bitten, die Sie mir gewiss nicht abschlagen werden. Gern hätte ich mich an eine von den jungen Damen gewandt, die erst diesen Winter in die Gesellschaft eingeführt worden sind, aber die nehmen’s einem immer so übel, wenn man sie neben Herren setzt, die ihnen unbekannt sind und die ihnen bei der Unterhaltung keine Anregung bieten können. Deshalb habe ich an Sie gedacht. Sie haben doch nichts dagegen? Sie sind so gutmütig, und es macht Ihnen gewiss nichts aus.“

      „Gutmütig höre ich mich nicht gern nennen, und was soll mir denn nichts ausmachen?“ fragte Miss Langham lächelnd.

      „Der Herr, um den es sich handelt, ist ein Freund Georges,“ fuhr Mrs. Porter fort, „und ein Cowboy. Wie es scheint, hat er George viele Gefälligkeiten erwiesen, als dieser in New Mexiko oder Alt Mexiko — ich weiss nicht mehr wo — jagte. George teilte seine Hütte mit ihm, und der Mann hat ihm Gelegenheit verschafft, einige seltene Tiere zu schiessen; nun ist er mit einem Empfehlungsbriefe hierher nach New York gekommen. Das sieht George so recht ähnlich! Der Mensch kann vielleicht ganz unmöglich sein, aber, wie ich Porter schon gesagt habe, meine Gäste können sich nicht beklagen, denn ich weiss ebensowenig über ihn, als sie. Heute, während ich abwesend war, hat er seinen Besuch gemacht und seine Karte mit Georges Empfehlungsbrief dagelassen, und da mir heute abend ein Herr fehlte, dachte ich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, und lud ihn ein. Und nun ist er da. — Ach so, richtig,“ fügte Mrs. Porter hinzu, „ich wollte ihn ja neben Sie setzen. Sie haben doch nichts dagegen?“

      „Allerdings würde es mir sehr unangenehm sein, es sei denn, er trüge lederne Gamaschen und lange Sporen,“ entgegnete Miss Langham.

      „Das ist sehr nett von Ihnen,“ antwortete Mrs. Porter. „Vielleicht ist er gar nicht so übel, und ich werde Reginald King an Ihre andere Seite setzen. Einverstanden?“ fragte sie, indem sie, über ihre Schulter sehend, stehen blieb.

      Der Ausdruck in Miss Langhams Gesicht, der bis dahin der der Belustigung gewesen war, änderte sich merklich und machte einem Lächeln höflicher Zustimmung Platz.

      „Wie es Ihnen beliebt, Mrs. Porter,“ antwortete sie mit leicht emporgezogenen Augenbrauen. „Mein Schicksal liegt in den Händen meiner Freunde‘, wie die Politiker sagen. — Entschieden zu sehr in den Händen meiner Freunde,“ wiederholte sie leise, als sie sich abwandte.

      Das war das zwölfte Mal in diesem Jahre, dass man sie und Mr. King beim Diner nebeneinander gesetzt hatte, und nun konnte sie nicht mehr sagen, es käme nichts darauf an, was die Leute dächten, so lange nur sie und er wüssten, was es zu bedeuten habe. Jetzt war die Sache aber so weit gediehen, dass sie nicht mehr sicher war, ob sie ihn oder sich selbst vollkommen verstehe. Schon seit langer Zeit kannten sie sich, zu lange, wie sie manchmal dachte, als dass sie noch besser miteinander hätten bekannt werden können. Doch lag immerhin die Möglichkeit vor, dass es noch eine Seite in seinem Wesen gab, die sich ihr noch nicht enthüllt hatte und die sie in der Beschränkung, welche ihnen die Gesetze der Gesellschaft, worin sie lebten, auferlegten, nicht entdecken konnte. Dessen war sie um so sicherer, als sie ihn einmal unter Umständen beobachtet hatte, wo er sich ihrer Nähe nicht bewusst gewesen war, und da war er so vollständig anders gewesen, dass sie sich ganz betroffen gefragt hatte, ob sie den wirklichen Reggie King wohl kenne.

      Bei einem Balle im Atelier eines Malers hatte eine französische Tänzergesellschaft eine Pantomime aufgeführt. Als diese beendet war, setzte sich King in eine Ecke und unterhielt sich mit einer der Französinnen, und lachte über sie und ihr Radebrechen, während er sie bediente. Dabei erklärte er ihr, wie sie gewisse Sätze aussprechen müsse, aber er that das absichtlich fehlerhaft, und als sie das merkte, machte sie ihm Vorwürfe darüber. Darauf hatten sie mit kindlicher Begeisterung und ganz entzückt über einige feine Restaurants von Paris geplaudert, die sie beide kannten. Das war das erste Mal, dass Miss Langham ihn sah, wie er sich gehen liess, und dass sie in ihm statt des etwas gelangweilten und gesetzten Mannes von Welt, einen Gesellschafter von sprudelnder Laune und fast knabenhafter Offenheit in ihm kennen lernte. Als er später an demselben Abend zu ihr kam, war er zwar nicht weniger unterhaltend als gewöhnlich, und ebenso höflich und aufmerksam, als er gegen die Französin gewesen war, allein er war nicht mehr sprudelnd, und sein Lachen klang gekünstelt und unnatürlich. An jenem Abend und danach noch öfter hatte sie sich gefragt, ob er wohl, wenn er um ihre Hand anhielt — was nicht unmöglich war —, bei der genaueren Bekanntschaft, die das eheliche Leben mit sich bringen musste, ihr gegenüber ebenso lebendig und leichtherzig sein werde, als er es der französischen Tänzerin gegenüber gewesen war. Wenn er sie nur mehr wie einen Kameraden und seinesgleichen behandeln wollte, anstatt ihr wie ein Minister entgegenzutreten, der einer Königin Vortrag hält! Sie verlangte etwas Vertraulicheres, als die Ehrerbietung, die er ihr erwies; und dass er es anscheinend als feststehende Thatsache betrachtete, sie müsse ebenso wohlweise sein als er, missfiel ihr, und würde ihr selbst missfallen haben, wenn es wahr gewesen wäre.

      Denn sie war ein Weib und verlangte Liebe, trotzdem dass sie schon von vielen Männern geliebt worden war — wie wenigstens angenommen wurde — und sie abgewiesen hatte.

      Jeder dieser Herren hatte ihr eine angesehene Stellung angeboten, oder die Verbindung mit ihr gesucht, weil sie die geeignete Persönlichkeit war, die zu seiner eigenen grossen Stellung passte, oder weil er ehrgeizig, oder weil sie reich war. Aber der Mann, der sie so lieben konnte, wie sie einstmals geglaubt hatte, dass Männer lieben könnten, und der ihr noch etwas anderes, als Wohlgefallen an ihrer Schönheit oder ihrem Geist entgegenbringen konnte, der war noch nicht aufgetaucht. Schon fing sie an, zu fürchten, er werde überhaupt nie erscheinen, es gäbe überhaupt keinen, und er sei nur ein Phantasiegebilde der Bühne und der Romane. Die Männer, die sie kannte, waren bestrebt, ihr zu zeigen, dass sie ihre hervorragende Stellung zu würdigen wüssten, und dass sie sie für unerreichbar hielten. Sie schienen anzunehmen, dass sie ihr am besten gefielen, wenn sie sich vor ihr demütigten und Miss Langhams Ueberlegenheit anerkannten, während sie gerade wünschte, dass sie diese vergessen möchten. Jeder von ihnen zog sich in den Hintergrund zurück und erklärte mit vielen Verbeugungen, er sei unwürdig, seine Augen zu einem solchen Kleinod zu erheben, aber es werde das Glück seines Lebens sein, wenn sie sich zu ihm herablassen wolle. Manchmal meinten sie es aufrichtig, manchmal waren es vornehme Abenteurer, die die Sache geschäftsmässig betrachteten, doch in jedem Falle wandte sie sich ärgerlich ab und fragte sich, wie lange es noch dauern solle, bis der Mann erschiene, der sie vor sich auf den Sattel heben, seinen Arm um ihre Hüfte legen und mit ihr davonsprengen würde, während die Hufe seines Rosses den Takt zum Aufruhr ihrer Herzen schlügen.

      Draussen in der Welt hatte sie zu viele bedeutende Leute kennen gelernt, als dass ihr ihre Stellung in Amerika noch einen besonderen Eindruck hätte machen können.

      Und