liegt er auf seiner Bärenhaut. Irgendwo in den Dschungeln von Berlin. Aber nachts geht er jagen. Er kennt die Tränken. In Berlin sagt man Dielen. Da sammeln sich die Antilopen scharenweise.
Farbe? Tja, meist weigern sie sich, Farbe zu bekennen. Fleischfarbe herrscht aber vor, besonders an den Beinen. Manche sind rot, die kommen aus dem Norden. Die weißen, die Unschuldslämmer, die sind meist der fetten Weide entlaufen. Fürsorge allein tut’s nicht immer.
Wo der Löwe am liebsten jagt? Im Atlas? Mensch, der liegt ja in Afrika. Wenn er sich zu erkennen gibt, ist er am liebsten im Pyjama ... Seide also, nicht Atlas.
Mähne? Neee, Mähne ist nicht. Glatt ausrasiert. Man muß überhaupt höllisch aufpassen, daß man Männchen und Weibchen auseinanderkennt.
Was sagen Sie? Das wäre kein richtiger Löwe? Na, ob’s gerade ein ganz richtiger Löwe ist ... es kann auch ein Esel sein. Der Esel in der Löwenhaut, das kennen Sie doch. Manchmal ist der Löwe bestimmt ein Esel. Vielleicht ist er sogar nur ein Schaf. Ein Schafbock meinetwegen.
Ein Windhund? Schön, vielleicht ist er nur ein Windhund. Ein Hündchen. Ein Maltheser ... nee, kein Ritter. Ritter ist er sicher nicht. Ja, vielleicht ist er sogar nur ein Kater, und er glaubt, ein Löwe zu sein, weil er einen Affen hat. Wissen Sie, es ist so schwer, die Berliner Naturgeschichte zu schreiben ... so schwer ...“
Im Vorübergehen
Frau Katz, deren Gatte sehr reich ist (denn er arbeitet nicht für die Katz, obgleich er immer nur an Frau Katz denkt), also Frau Katz hat sich einen neuen Garten anlegen lassen. Einen englischen Garten, weil das sehr vornehm klingt. Auch ein Gewächshaus ist da, und nun geht sie neben dem Herrn Obergärtner durch ihren englischen Garten und läßt sich alle die Blumen und Pflanzen bei Namen nennen.
Der Obergärtner weiß ihre Wißbegierde in jeder Hinsicht zu befriedigen. Er war früher bei Hofe und ist ein sehr respektabler Mann.
Schließlich bleibt Frau Katz vor einem Gewächs stehen.
„Wie nennt man das Ding?“ fragt sie. Der Obergärtner zögert.
Frau Katz zieht die Augenbrauen hoch (gemalte Augenbrauen, fein wie japanische Blätterschatten).
„Hören Sie, lieber Obergärtner, ich will keine Pflanzen in meinem Garten haben, die man nicht bei Namen kennt.“
„Warum nicht gar!“ erwidert der brave Mann, „es ist, gnädige Frau, mit allem Respekt, ein Kaktus.“
Der tote Hund
Kurfürstendamm.
Dicht am Bürgersteig liegt ein toter schwarzer Hund. Überfahren. Eine alte Frau steht weinend bei dem Kadaver, mitleidige Menschen sammeln sich und sprechen ihr Trost zu. Die wenigen ziehen mehrere an. Jeder läßt sich die Geschichte von dem (toten) Hund, den ein Autobus totgefahren hat, wiederholen. Das Interesse verwandelt sich unter dem Eindruck der phantasievollen Schilderungen in Mitleid. Aus Mitleid wird Empörung. „Diese Ausländer!“ sagt ein dicker freundlicher Herr. „Fahren wie die Verrückten, ist ihnen ja egal, ob sie einen Hund totfahren. Bei den heutigen Preisen!“ „Das arme Tier,“ fährt die sehr reich gewordene Frau Kommerzienrat fort und läßt ihre Brillantboutons mitfühlend zittern. „Das arme, arme Tier! Man sollte die Rohlinge ein paar Monate einsperren! Das ist auch ein Mord, wenn’s auch nur ein Tier ist.“
Sie hat eine Träne in den Augen und drückt der Besitzerin des Hundeleichnams die Hand. Ich gehe. Seitwärts sitzt ein Mensch auf der Erde. Aus den feldgrauen Uniformfetzen steht ein dünner Armstumpf steif gegen den grauen Horizont. Seine Füße sind gelähmt. Er blickt mit heißen, zornigen Augen auf die Menschen und auf den toten Hund. Sie gehen an ihm vorbei, ohne ihn zu bemerken, denn ihre Herzen sind noch erfüllt von Empörung über die Roheit des Automobilisten. Die Frau Kommerzienrat wirft einen schnellen Blick auf den Mann auf der Erde. Sie schaudert vor seinen flammenden Augen und sagt zu ihrer Begleiterin: „Man liest den Leuten die Auflehnung gegen das Gesetz aus dem Gesicht. Nein, dem gebe ich nichts.“
Ich höre, wie der Krüppel in einem furchtbaren Tonfall sagt: „Dertote Hund.“
In diesen drei Worten drückte sich die ungeheuerliche Lüge unserer sentimentalen Kultur aus.
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