tu machen? Er flüchtet sich dabei oft in die Vergangenheit; wird laudator temporis acti oder möchte auch durch andre Regelung der Revenue im Verhältnis zum Kapital oder der Distribution im Verhältnis zur Produktion die Widersprüche bändigen, nicht begreifend, daß die Distributionsverhältnisse nur die Produktionsverhältnisse sub alia specie sind. Er beurteilt die Widersprüche der bürgerlichen Produktion schlagend, aber er begreift sie nicht und begreift daher auch nicht den Prozeß ihrer Auflösung. (Wie sollte er das auch, wo diese Produktion erst in ihrer Bildung begriffen war? - R. L.) Was aber bei ihm zugrunde liegt, ist in der Tat die Ahnung, daß den im Schoß der kapitalistischen Gesellschaft entwickelten Produktivkräften, materiellen und sozialen Bedingungen der Schöpfung des Reichtums, neue Formen der Aneignung dieses Reichtums entsprechen müssen; daß die bürgerlichen Formen nur transitorische und widerspruchsvolle sind, in denen der Reichtum immer nur eine gegensätzliche Existenz erhält und überall zugleich als sein Gegenteil auftritt. Es ist Reichtum, der immer die Armut zur Voraussetzung hat und sich nur entwickelt, indem er sie entwickelt." (l.c., S. 55.) [Karl Marx: Theorien über den Mehrwert, Dritter Teil. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 26.3, S. 50/51.] Im "Elend der Philosophie" führt Marx Sismondi an einiger Stellen gegen Proudhon an, äußert sich aber über ihn selbst nur im folgenden kurzen Satz: "Diejenigen, welche, wie Sismondi, zur richtigen Proportionalität der Produktion zurückkehren und dabei die gegenwärtigen Grundlagen der Gesellschaft erhalten wollen, sind reaktionär, da sie, um konsequent zu sein, auch alle anderen Bedingungen der Industrie früherer Zeiten zurückzuführen bestrebt sein müssen." [Karl Marx: Das Elend der Philosophie. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Bd. 4, S. 97.] In "Zur Kritik der politischen Ökonomie" wird Sismondi zweimal kurz erwähnt; einmal wird er als der letzte Klassiker der bürgerlichen Ökonomie in Frankreich in Parallele mit Ricardo in England gestellt, an einer anderen Stelle wird hervorgehoben, daß Sismondi gegen Ricardo den spezifisch gesellschaftlichen Charakter der wertschaffenden Arbeit betonte. Im Kommunistischen Manifest endlich wird Sismondi als das Haupt des kleinbürgerlichen Sozialismus genannt.
94 Vgl. Marx: Theorien über den Mehrwert, Bd. III, S. 1-29, wo die Malthussche Wert- und Profittheorie eingebend analysiert ist. [Karl Marx: Theorien über den Mehrwert, Dritter Teil. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke. Bd. 26.3, S. 7-38.]
95 Malthus: Definitions in Political Economy, 1827, S. 51.
96 l.c., S. 64.
97 "I suppose they are afraid of the imputation of thinking that wealth consists in money. But though it is certainly true that wealth does not consist in money, it is equally true that money is a most powerful agent in the distribution of wealth, and those who, in a country where all exchanges are practically effected by money, continue the attempt to explain the principles of demand and supply, and the variations of wages and profits, by referring chiefly to hats, shoes, corn, suits of clothing, &c, must of necessity fail." (l.c. S. 60, Fußnote.)
98 Die Kirchmannsche Beweisführung ist bei Rodbertus sehr ausführlich wörtlich zitiert. Ein vollständiges Exemplar der "Demokratischen Blätter" mit dem Originalaufsatz ist nach der Versicherung der Herausgeber Rodbertus' nicht zu erlangen.
99 Carl Rodbertus-Jagetzow: Schriften, Berlin 1899, Bd. III, S. 172-174 u. 184.
100 l.c., Bd. II, S. 104/105.
101 l.c., Bd. I, S. 99.
102 l.c., Bd. I, S. 175.
103 l.c., Bd. I, S. 176.
104 l.c., Bd. II, S. 65.
105 l.c., Bd. I, S. 182-184.
106 l.c., Bd. II, S. 72.
107 Vgl. l.c., Bd. IV, S. 225
108 l.c., Bd. III, S. 110 u. 111.
109 l.c., Bd. III, S. 108.
110 l.c., Bd. I, S. 62.
111 l.c., Bd. IV, S. 226.
112 l.c., Bd. III, S. 186.
113 l.c., Bd. IV, S. 233. Es ist in diesem Zusammenhang interessant zu sehen wie Rodbertus unbeschadet seiner ethischen Polterei über das Los der unglücklichen arbeitenden Klassen in der Praxis als ein äußerst nüchterner und realistisch denkender Prophet der kapitalistischen Kolonialpolitik im Sinne und Geiste der heutigen "Alldeutschen" auftrat. "Von hier" schreibt er in der Fußnote zum angeführten Passus, "mag man einen raschen Blick auf die Wichtigkeit der Erschließung Asiens, namentlich Chinas und Japans, dieser reichsten Märkte der Welt, sowie der Erhaltung Indiens unter englischer Herrschaft werfen. Die soziale Frage gewinnt dadurch Zeit (der donnernde Rächer der Ausgebeuteten verrät hier naiv den Nutznießern der Ausbeutung das Mittel, wie sie ihren "törichten und verbrecherischen Irrtum", ihre "unmoralische" Auffassung, ihre "schreiende Ungerechtigkeit" möglichst lange koservieren können! - R. L.) denn, (diese philosophische Resignation ist unvergleichlich - R. L.) der Gegenwart gebricht es zu ihrer Lösung an Uneigennützigkeit und sittlichem Ernst, ebensosehr als an Einsicht. Ein volkswirtschaftlicher Vorteil ist nun allerdings kein genügender Rechtstitel zu gewaltsamem Einschreiten. Allein andererseits ist auch die strikte Anwendung des modernen Natur- und Völkerrechts auf alle Nationen der Erde, sie mögen einer Kulturstufe angehören, welcher sie wollen, unhaltbar. (Wer denkt da nicht an dir Worte Dorinens im Molièreschen "Tartuffe": "Le ciel défend, de vraie, certains contentements, mais il y avec lui des accomodements." - R. L.) Unser Völkerrecht ist ein Produkt der christlich-ethischen Kultur und kann, weil alles Recht auf Gegenseitigkeit beruht, deshalb auch nur ein Maß für die Beziehungen zu Nationen sein, die dieser selben Kultur angehören. Seine Anwendung über diese Grenze hinaus ist natur- und völkerrechtliche Sentimentalität, von der die indischen Greuel uns geheilt haben werden. Vielmehr sollte das christliche Europa etwas von dem Gefühl in sich aufnehmen, das die Griechen und Römer bewog, alle anderen Völker der Erde als Barbaren zu betrachten. Dann würde auch in den neueren europäischen Nationen wieder jener weltgeschichtliche Trieb wach werden, der die Alten drängte, ihre heimische Kultur über den Orbis terrarum zu verbreiten. Sie würden in gemeinsamer Aktion Asien der Geschichte zurückerobern. Und an diese Gemeinsamkeit würden sich die größten sozialen Fortschritte knüpfen, die feste Begründung des europäischen Friedens, die Reduktion der Armeen, eine Kolonisation Asiens im altrömischen Stil, mit andern Worten, eine wahrhafte Solidarität der Interessen auf allen gesellschaftlichen Lebensgebieten." Der Prophet der Ausgebeuteten und Unterdrückten wird hier bei den Visionen der kapitalistischen Kolonialexpansion beinah zum Dichter. Und dieser poetische Schwung will um so mehr gewürdigt werden, als die "christlich-ethische Kultur"