der Grund und Boden stets und überall Eigentum des Herrschers war, zieht Mill durch Analogie auch für Indien den folgenden Schluß: "From these facts only one conclusion can be drawn, that the property of the soil resided in the sovereign, for if it did not reside in him, it will be impossible to show to whom it belonged." (James Mill: The History of British-India, Bd. I, 4. Aufl., 1840. S. 311) Zu dieser klassischen Schlußfolgerung des bürgerlichen Ökonomen gibt sein Herausgeber H. H. Wilson, der als Professor des Sanskrit an der Universität in Oxford genauer Kenner der altindischen Rechtsverhältnisse war, einen interessanten Kommentar. Nachdem er schon in der Vorrede seinen Autor als einen Parteigänger charakterisiert, der die ganze Geschichte Britisch-Indiens zur Rechtfertigung der theoretical views of Mr. Bentham zurechtgestutzt und dabei mit zweifelhaftesten Mitteln ein Zerrbild des Hinduvolkes gezeichnet hätte (a portrait of the Hindus which has no resemblance whereever to the original, and which almost outrages humanity), macht er die folgende Fußnote: "The greater part of the text and of the notes here is wholly irrelevant. The illustrations drawn from Mahometans practice, supposing them to be correct, have nothing to do with the laws and rights of the Hindus. They are not, however, even accurate, and Mr. Mill's guides have misled him." Wilson bestreitet dann rundweg speziell in bezug auf Indien die Theorie von dem Eigentumsrecht des Souveräns auf Grund und Boden. (Siehe l.c., S. 305, Fußnote.) Auch Henry Maine meint, daß die Engländer ihren anfänglichen Anspruch auf den gesamten Grundbesitz in Indien, den Maine wohl als grundfalsch erkennt, von ihren muselmanischen Vorgängern übernommen hätten: "The assumption which the English first made was one which they inherited from their Mahometan predecessors. It was, that all the soil belonged in absolute property to the sovereign, and that all private property in land existed by his sufferance. The Mahometan theory and the corresponding Mahometan practice had put out of sight the ancient view of the sovereign's rights, which though it assigned to him a far larger share of the produce of the land than any western ruler has ever claimed, yet in nowise denied the existence of private property in land" (Village communities in the East and West, 5. Aufl., 1890. 104). Maxim Kowalewski hat demgegenüber gründlich nachgewiesen, daß die angebliche "muselmännische Theorie und Praxis" bloß eine englische Fabel war. (Siehe seine ausgezeichnete Studie in russischer Sprache: Das Gemeineigentum an Grund und Boden. Ursachen, Verlauf und Folgen seiner Zersetzung. Teil I, Moskau 1879.) Die englischen Gelehrten wie übrigens auch ihre französischen Kollegen halten jetzt zum Beispiel an einer analogen Fabel in bezug auf China fest, indem sie behaupten, alles Land sei dort Eigentum des Kaisers gewesen. Siehe die Widerlegung dieser Legende bei Dr. O. Franke: Die Rechtsverhältnisse am Grundeigentum in China. 1903.)
203 "The partition of inheritance and execution for debt levied on land are destroying the communities - this is the formla heard now-a-days everywhere in India." Henry Maine: l.c., S.113.)
204 Diese typische Beleuchtung der offiziellen britischen Politik in den Kolonien findet man z.B. bei dem langjährigen Vertreter der englischen Macht in Indien, Lord Roberts of Kandahar, der zur Erklärung des Sepoyaufstandes nichts anderes anzuführen weiß als lauter "Mißverständnisse" über die väterlichen Absichten der englischen Regenten: "Der Siedelungskommission warf man fälschlicherweise Ungerechtigkeit vor, wenn sie, wie es ihre Pflicht war, die Berechtigung von Landbesitz und auch die Führung von damit verbundenen Titeln kontrollierte, um dann den rechtmäßigen Besitzer eines Grundstücks zur Grundsteuer heranzuziehen ... Nachdem Frieden und Ordnung hergestellt war, mußte der Landbesitz, welcher teilweise durch Raub und Gewalt erlangt war, wie das unter den eingeborenen Regenten und Dynastien die Gewohnheit ist, geprüft werden. Unter diesen Gesichtspunkten wurden Erörterungen angestellt in bezug auf Besitzrecht usw. Das Resultat dieser Untersuchungen war, daß viele Familien von Rang und Einfluß sich einfach das Eigentum ihrer weniger angesehenen Nachbarn angeeignet hatten oder sie zu einer Steuer heranzogen, die ihrem Landbesitz entsprach. Das wurde in gerechter Weise abgeändert. Obwohl diese Maßregel mit großer Rücksicht und in der besten Meinung getroffen wurde, war sie doch den höheren Klassen äußerst unangenehm, während es nicht gelang, die Massen zu versöhnen. Die regierenden Familien nahmen uns die Versuche, eine gerechte Verteilung der Rechte und gleichmäßige Besteuerung des Landbesitzes herbeizuführen, gehörig übel ... Obwohl auf der anderen Seite die Landbevölkerung durch unsere Regierung bessergestellt wurde, kam sie doch nicht zur Erkenntnis, daß wir beabsichtigten, durch alle diese Maßregeln ihre Lage zu bessern." (Forty one years in India, Bd. I, deutsche Ausgabe 1904, S. 307.)
205 In den Regierungsmaximen Timurs (1783 aus dem Persischen ins Englische übersetzt, hieß es "And I commanded that they should build places of worship, and monasteries in every city; and that they should erect structures for the reception of travellers on the high roads and that they should make bridges across the rivers. An I commanded that the ruined bridges should be repaired and that bridges should be constructed over the rivulets and over the rivers; and that on the roads, at the distance of one stage from each other, Kauruwansarai should be erected, and that guards and watchers &c. should be stationed on the road, and that in every Kauruwansarai people should be appointed to reside etc. And I ordained, whoever undertook the cultivation of waste lands, or build an aqueduct, or made a canal or planted a grove, or restored to culture a deserted district, that in the first year nothing should be taken from him, and that in the second year, whatever the subject voluntarily offered should be received, and that in the third year the duties, should he collected according to the regulation." (James Mill: The History of British India, Bd. II. 4. Aufl., S. 492-498.)
206 Graf Warren: De l'état moral de la population indigène. Zit. bei: Kowalewski: l.c., S. 164.
207 Historical and descriptive account of British India from the most remote period to the conclusion of the Afghan war by Hugh Marray, James Wilson, Greville, Prof. Jameson, William Wallace and Captain Dalrymple, Bd. II, 4. Aufl., Edinburgh 1843, S. 427. Zit. bei Kowalewski: l.c.
208 Siehe Victor v. Leyden: Agrarverfassung und Grundsteuer in Britisch-Ostindien In: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, XXXVI. Jg., Heft 4, S. 1855.
209 "Presque toujours, le père de famille en mourant recommande à ses descendants de vivre dans l'indivision, suivant l'exemple de leurs aïeux t'est là sa dernière exhortation et son vœu le plus cher." (A. Hanotaux et A. Letourneux: La Kabylie et les coutumes Kabyles Bd. 1; Droit civil, 1873, S. 468-473.) Die Verfasser bringen es übrigens fertig, die oben wiedergegebene frappante Schilderung des Großfamilienkommunismus mit der folgenden Sentenz einzuleiten: "Dans la ruche laborieuse de la famille associée, tous sont réunis dans un but commun, tous travaillent dans un intérêt général; mais nul n'abdique sa liberté et ne renonce à ses droits héréditaires. Chez aucune nation on ne trouve de combinaison qui soit plus près de l'égalité et plus loin du communisme!"
210 "Wir müssen uns beeilen", erklärte in der Nationalversammlung 1851 der Abgeordnete Didier als Berichterstatter, "die Geschlechtsverbände aufzulösen, denn sie sind der Hebel jeder Opposition gegen unsere Herrschaft."
211 Zit. bei: Kowalewski: l.c., S. 217. Bekanntlich ist in Frankreich seit der großen Revolution Mode, jede Opposition gegen die Regierung als offene oder versteckte Verteidigung des "Feudalismus" zu bezeichnen.
212 Vgl. G. K. Anton: Neuere Agrarpolitik in Algerien und Tunesien. In: Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft, 1900, S. 1341 ff.
213 In seiner Rede am 20. Juni 1912 in der französischen