Marjoleine de Vos

Das, was du suchst


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angelegt worden seien, vom Heiligen Walfridus von Bedum. «Hat man früher in die Landschaft eingegriffen, dann in dem Bewusstsein, etwas Verbotenes zu tun, ja die Götter herauszufordern. Deshalb wurde der Bau des Deichs wohl Walfridus zugeschrieben – das war ein Heiliger, der durfte das.»

      Das ist schon was anderes, als mal schnell ein Wohnviertel aus dem Boden zu stampfen, einen Kanal zuzuschütten, Bauland einzuebnen, auf dem gerade noch ein Obsthain stand. Natürlich sind Veränderungen erlaubt – die Menschen brauchen auch jetzt nicht für immer ehrfürchtig auf einen jahrhundertealten Kanal zu starren, sie müssen auch irgendwo leben und Auto fahren, zum Supermarkt kommen, Mais anbauen und eine Maklerfirma gründen können.

      Aber das Lesen haben wir verlernt. Und wer die Landschaft nicht liest, der sieht auch nichts von dem, was erhalten werden muss, der schaut wie eine Kuh, wenn’s donnert, wenn er, wie ich, neulich jemanden sagen hört, dass man im Reitdiep-Gebiet noch alte Tiefs mäandern sieht, mit demselben Lauf wie damals, als das Wasser noch ungehindert ins Land strömte, und dass einem bei einem solchen Anblick doch das Herz aufgeht.

      Diesen Leuten jedoch geht das Herz überhaupt nicht auf. Die sehen auch kein mäanderndes Tief. Die sehen einen x-beliebigen Kanal, gähn! Und irgendwann steht da ein Schild vom Groninger Landschafts- oder sonst irgendeinem rühmlichen Verband neben diesem vermeintlichen Kanal mit der Aufschrift: «Das ist kein Kanal, lieber Radfahrer, das ist ein mäanderndes Tief, etwas ganz Besonderes.»

      Deshalb ist es gut, etwas zu wissen, und sei es auch noch so wenig, damit die alte Landschaft einigermaßen lesbar bleibt. Man sollte mit dem Finger darauf zeigen und sagen: «Schau nur, dort, wo man nichts sieht, ist jede Menge zu sehen. Da haben Menschen gewohnt, die es tatsächlich gegeben hat, die haben gebaut, die haben gelebt, die haben geschlafen, die sind über diese seltsam gewundenen Pfade gegangen, die haben einander geschrieben und die sind auf so einer Wierde gestorben – nirgendwo in Holland steht so viel geschrieben wie hier.» Wer seine Lesebrille aufsetzt, sieht mehr in der Landschaft, Spuren und Zeichen, sodass sie noch schöner wird unter dem großen, abwechslungsreichen, weiten Groninger Himmel.

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