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Frei - Land - Haltung


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i lebe

      und mir werdet zamme alt.

      Wenn i weg bin, krieg i Hoimweh

      und dann gohts mir nemme guat.

      Dann pack i meine siebe Sache

      und mein greene Wanderhuat.

      Dann gang i hoim, i gang jetzt hoim,

      in mei Schwobaland, mei Schwobalaaand

       „DA STANDST DANN OBEN UND HAST NACH UNTEN GEGUCKT, ZWEI METER, UND DA HAT DANN ALLES GEWACKELT.“

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      Vivien, 20 – Närrin aus Kirchentellinsfurt

       Hi, Vivien. Heute gehts ja um das Landleben. Was ist für dich denn typisch ländlich?

      Typisch ländlich? Da muss ich erst mal an Tiere denken, einen Bauernhof mit Kühen, Pferden, Hühnern, Katzen und Katzenbabys. Dann denk ich an viel Freiraum, Freiheit, viele Felder, viel Sonne, viel Licht, viel Grün, viele Bäume.

       Und inwieweit ist Kirchentellinsfurt für dich ländlich?

      Ich leb schon immer in K’furt. Das ist einfach so meine Heimat. Das Ländliche hier ist einfach: Wir haben Bauernhöfe und zwei, drei Pferdeställe. Wir haben eine Dorfmitte, eine wunderschöne, mit ’nem Bäcker, ’nem Metzger, ’nem Naturkostladen, unten haben wir im Tal einen Real und so was. Alles hier ist ländlich. Wir haben viel Platz hier. Wir können schön laufen gehen, in Degerschlacht auf die Höhe zum Beispiel. Da sind viele Felder, wo man die Sonne genießen kann, gerad so in den kalten Tagen ist das schön.

       Was genau macht K’furt für dich schön?

      Ich finde es perfekt, dass wir hier alles haben, obwohl K’furt ein Dorf ist. Wir haben eine Tankstelle, die 24 Stunden offen hat, Einkaufsmöglichkeiten, einen Real, den Aldi, den Penny. Hier im Dorf oben haben wir den Bäcker und den Metzger, das haben ja viele kleinere Dörfer nicht. Das finde ich, obwohl wir ein Dorf sind, total gut, weil wir so viele Möglichkeiten haben und nicht von der Welt abgeschottet sind. Und schön ist einfach, dass man die Vögel zwitschern hört. Oder man die Alb sieht. Man hat einfach ’ne weite Sicht, weil keine Wohnhäuser dazwischen sind und einfach viel Wiese, viel Grün. Schön einfach, hier zu leben.

       Du lebst ja schon immer hier. Wie war es, deine Kindheit hier zu verbringen?

      Total schön. Ich bin in einer Sackgasse aufgewachsen. Da sind dann natürlich fast gar keine Autos gefahren. Wir konnten immer auf der Straße spielen, ich hab da das Einradfahren gelernt, wir haben mit Kreide gemalt, mit allen Nachbarskindern auf der Wiese Fußball gespielt, und jeder kannte jeden. Man ist einfach schnell vorbeigelaufen und hat geklingelt, hat gefragt: „He, kommsch kurz raus?“ Also man hat so im ganzen Ort verteilt Freunde, auch heute noch.

       Und wie war es dann, im Jugendalter hier zu leben?

      Schwer, vor allem wegen der weiterführenden Schule. Ich war zuerst in Tübingen auf der Schule. Da musste man mit dem Bus erst runter ins Tal, mit dem Zug dann nach Tübingen, dann von Tübingen vom Bahnhof wieder hoch auf die Wanne. Man war schon lange unterwegs. Das hat lang gebraucht, weil die Verbindungen auch nicht so gut waren. Aber dadurch, dass ich in Tübingen auf der Schule war, habe ich auch viele Freundinnen und Freunde kennengelernt, die nicht aus K’furt kamen. Eine meiner besten Freundinnen wohnt bis heute noch in Mähringen. Und zum Beispiel von K’furt nach Mähringen, da fährt nie ein Bus, niemals. Da musste ich dann immer runter zum Bahnhof, mit dem Zug nach Tübingen und vom Tübinger Bahnhof nach Mähringen mit dem Bus. Und dann hat der noch Verspätung. Das war dann oft ’ne halbe Weltreise, was eigentlich mit dem Auto zehn oder allerhöchstens 15 Minuten gewesen wären. Ja, war dann schon nervig. Es war dann nicht kurz: Ich lauf vorbei und sag: „He, kommsch raus?“, sondern halt stressig.

       Also ist man schon eher auf ein Auto angewiesen?

      Jein. Klar, so die größeren Städte Tübingen, Reutlingen, da kommt, glaub, jede halbe Stunde ein Zug, auch am Wochenende. Und mit den Bussen, das passt dann schon. Aber zum Beispiel nach Altenburg, das ist direkt unser Nachbarsdorf, da kommt auch kein Bus. Also es ist schon geschickt, ein Auto zu haben auf dem Land. Ist man einfach viel flexibler. Es ist halt nicht so wie in der Stadt, dass jede fünf Minuten eine S-Bahn kommt.

       Und wie ist es nun, als junge Erwachsene hier zu leben?

      Ich finde es total schön, gerade auch wenn man dann zusammenzieht mit dem Freund. Oder mit dem Hund kann man schön Gassi laufen gehen. Dadurch, dass ich jetzt auch ein Auto hab, komm ich perfekt zur Arbeit, bin schnell auf der B27, schnell in Stuttgart, schnell in Tübingen. Also ich liebe es einfach, ich würde hier nicht mehr wegwollen.

       Es gäbe also keinen Grund, bei dem du erwägen würdest, hier wegzuziehen?

      Hm, hm. [verneinend] Nee. Ich würde auch für nichts auf der Welt in die Stadt ziehen oder in ein anderes Dorf. Selbst Wannweil oder so was könnte ich mir nicht vorstellen. Ich weiß nicht warum, irgendwie komisch, ja.

       „ICH WÜRDE AUCH FÜR NICHTS AUF DER WELT IN DIE STADT ZIEHEN ODER IN EIN ANDERES DORF.“

       Wie sah und sieht es hier aus mit Schule, Ausbildung und Beruf?

      Wir haben im Tal total viele Dinge, die ich selbst nicht mal kenne: Firmen, Geschäfte, ich weiß gar nicht, was das alles ist. Also es hat viele Möglichkeiten hier.

       Aber das, was du machst, ist hier nicht möglich?

      Könnte ich schon. Ich bin Medizinische Fachangestellte, mach da gerad meine Ausbildung und einen Arzt haben wir auch hier. Hätte ich eigentlich auch hier machen können. Ich bin hier aber selber Patientin und dann ist das irgendwie immer so … na ja. [lacht]

       Was fehlt deiner Meinung nach in K’furt?

      Gerade was für die Jüngeren, die Jugendlichen, die zum Beispiel im Alter meiner Schwester sind. Die ist jetzt 15. Ein Aufenthaltsort, also mehr oder weniger Jugendhaus oder so was in der Art … Ich sehs so oft: Sie ist total krank, will dann aber trotzdem mit ihren Freunden raus, weil sich alle halt draußen treffen. Und dann wär halt so ein Raum oder ein Haus, wo alle hinkönnten und sich treffen und es einfach warm ist, schon gut. Das gabs bei uns auch nicht, uns hats auch nicht gestört, ich denk, die störts jetzt zwar auch nicht so, aber wäre vielleicht mal eine Überlegung, so was hier in K’furt zu machen.

       Merkst du bei deiner Schwester einen Unterschied gegenüber dem, wie sie aufwächst, und wie du hier aufgewachsen bist?

      Ja, total. Also bei uns damals hat das ja so gerade angefangen mit den Handys und den Smartphones. Und bei denen ist es jetzt ja total in. Also jeder muss das neueste Smartphone haben und Touch hier und Kamera da und Bilder und Marken. Es ist voll der Hype. Und dadurch, finde ich auch, verändert sich voll viel. Wir waren halt mehr oder weniger die Landeier, haben immer nur auf dem Land gechillt und waren da. Und bei ihr merkt man schon, sie will eher in die Stadt. Sie ist nicht so oft draußen, weil sie häufig am Handy hängt oder versucht, irgendwelche Bilder zu bearbeiten oder irgendwelche YouTube-Videos schaut. Also wir waren bei Wind und Wetter immer draußen, haben irgendwo gechillt, und sie ist halt: „Nee, lieber mein Handy!“

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       Dann kommen wir mal zur Fasnet. Wie lange bist du denn schon im Narrenverein?

      Insgesamt seit circa zehn Jahren. Ich war sieben Jahre lang in Betzingen in der Narrenzunft. Bei den Betzinger Krautskrägen, Mühlenkatzen. Der Freund von meiner Mutter spielt hier in K’furt