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hängenden Dörfer …

      Elizabeth Bishop (1911–1979)

       Strandläufer

      Das Dröhnen neben sich nimmt er hin,

      und dass die Welt ab und zu bebt.

      Er läuft, läuft nach Süden, pingelig, ungeschickt,

      in kontrollierter Panik, ein Student von Blake.

      Der Strand zischt wie Fett. Links von ihm fließt

      eine trennende Wasserschicht ein und zurück

      und glasiert seine dunklen, zerbrechlichen Füße.

      Er läuft, läuft grad hindurch, seine Zehen im Blick.

      – Betrachtet, genauer, den Sand dazwischen,

      auf dem sich (nichts ist zu klein) der Atlantik

      rasend zurückzieht und in die Tiefe.

      Im Laufen starrt er auf die ziehenden Partikel.

      Die Welt ist ein Nebel. Und dann ist sie

      mikrofein, riesig und klar. Die Flut

      steht höher oder tiefer. Er könnte nicht sagen, wie.

      Den Schnabel in Anschlag: Er sucht

      gedankenverloren etwas, etwas, etwas.

      Armes Ding, er ist besessen!

      Millionen Körner, grau, hellbraun, weiß und schwarz,

      vermischt mit Quarzkristallen, rosé und violett.

      Selma Lagerlöf (1858–1940)

      Es war ein langer, sandiger Strand mit Steinen und Wasserpfützen und einer großen Menge angeschwemmten Tangs. Wenn der Junge die Wahl gehabt hätte, würde er wohl nie daran gedacht haben, sich da niederzulassen; aber die Vögel hielten diesen Ort gewiß für ein wahres Paradies. Enten und Graugänse weideten auf der Wiese, am Ufer hüpften Strandläufer und andre Strandvögel umher. Die Seetaucher lagen im Wasser und fischten, aber am meisten Leben und Bewegung war doch auf den langen Tangbänken vor dem Ufer draußen. Da standen die Vögel nebeneinander und suchten Larven, von denen es eine grenzenlose Menge geben mußte, denn man hörte niemals, daß sich irgend eine Klage über Mangel an Futter erhoben hätte.

      Die meisten von den Vögeln wollten weiterreisen und hatten sich nur zum Ausruhen hier niedergelassen. Sobald der Anführer einer Schar meinte, seine Reisegenossen hätten sich jetzt genug gestärkt und gelabt, sagte er: »Seid ihr jetzt fertig? Dann begeben wir uns wohl weiter?«

      »Nein, warte noch, warte noch! Wir sind noch lange nicht satt!« riefen die Mitreisenden.

      »Ihr meint wohl, ihr dürftet euch so vollfressen, daß ihr euch nicht mehr bewegen könnt?« erwiderte der Anführer. Dann schlug er mit den Flügeln und flog davon. Aber mehr als einmal mußte er wieder umkehren, weil die andern nicht zum Weiterfliegen zu bewegen waren.

      Unterhalb der äußersten Tangbank lag eine Schar Schwäne. Sie hatten keine Lust, an Land zu gehen, sondern ruhten sich, auf dem Wasser liegend und sich leise hin und her wiegend, aus. Ab und zu tauchten sie mit dem Hals unter und holten sich Speise aus dem Meeresgrund. Wenn sie etwas besonders Gutes ergattert hatten, stießen sie einen lauten Schrei aus, der wie ein Trompetenstoß klang.

      Als der Junge hörte, daß Schwäne dort unten lagen, lief er schnell auf die Tangbänke hinaus. Er hatte noch nie wilde Schwäne in der Nähe gesehen. Und er hatte Glück, denn er gelangte ganz nahe zu ihnen hin.

      Der Junge war jedoch nicht der einzige, der die Schwäne gehört hatte; sowohl die Wildgänse als auch die Graugänse und die Enten und die Seetaucher schwammen zwischen die Tangbänke hinein, legten sich wie ein Ring um die Schar der Schwäne herum und schauten sie unverwandt an. Die Schwäne bliesen die Federn auf, breiteten die Flügel wie Segel aus und hoben die Hälse hoch in die Höhe. Bisweilen schwamm einer von ihnen zu einer Gans oder einem großen Seetaucher oder einer Tauchente hin und sagte ein paar Worte. Und dann war es, als ob der Angesprochene kaum den Schnabel zu einer Entgegnung zu öffnen wagte.

      Doch da war auch ein kleiner Seetaucher, ein kleiner schwarzer Schlingel, dem war diese ganze Feierlichkeit unerträglich. Hurtig tauchte er unter und verschwand unter dem Wasser. Gleich darauf stieß einer der Schwäne einen lauten Schrei aus und schwamm so schnell davon, daß das Wasser hinter ihm schäumte. Dann hielt er an und versuchte, wieder majestätisch auszusehen. Aber gleich darauf schrie ein andrer wie der erste, und im nächsten Augenblick auch ein dritter.

      Nun aber konnte es der kleine Seetaucher nicht länger unter dem Wasser aushalten, und er erschien wieder an der Oberfläche, klein und schwarz und boshaft. Die Schwäne stürzten auf ihn zu; aber als sie sahen, was für ein kleiner Wicht er war, machten sie rasch kehrt, als ob sie sich für zu gut hielten, mit ihm anzubinden. Der kleine Seetaucher tauchte jedoch von neuem unter und zwickte die Schwäne abermals in die Füße. Das tat ihnen sicher weh, und das schlimmste war, daß sie ihre Würde nicht aufrecht erhalten konnten. Da machten sie der Sache rasch ein Ende. Sie schlugen mit den Flügeln, daß es donnerte, jagten ein großes Stück gleichsam auf dem Wasser springend weiter, bekamen schließlich Luft unter die Schwingen und flogen davon.

      Als sie fort waren, fehlten sie den andern Vögeln sehr, und die, denen das Vorgehen des kleinen Seetauchers vorher Spaß gemacht hatte, schalten ihn jetzt wegen seiner Unverschämtheit aus.

      Der Junge ging wieder dem Lande zu. Hier angekommen hielt er bei den Strandläufern an und schaute ihrem Spiel zu. Sie standen in einer langen Reihe am Strand und sahen wie winzige Kraniche aus; wie diese hatten sie auch kleine Körper, hohe Beine, lange Hälse und leichte, schwebende Bewegungen, aber sie waren nicht grau, sondern braun. Da standen sie in einer langen Reihe an dem von den Wellen bespülten Uferrand. Sobald eine Woge daherrauschte, sprang die ganze Reihe rückwärts, wenn die Welle aber wieder zurückwich, liefen sie ihr nach. Und so ging es stundenlang fort.

      August Strindberg (1849–1912)

      An einem Sommerabend ging der Lehrer mit Johannes durch den Klee und hörte ein Geräusch, es klang in etwa wie crex crex. – Was ist das? fragte der Lehrer. – Der Wachtelkönig, natürlich. – Hast du den Wachtelkönig schon gesehen? – Nee. – Kennst du jemanden, der ihn gesehen hat? – Nee. – Woher weißt du denn, daß er es ist? – Man sagt es! – Siehst du! Wenn ich nun aber einen Stein werfe, fliegt er dann auf? – Nein, er kann nicht fliegen bzw. nur sehr schlecht. – Im Herbst fliegt er aber nach Italien; wie macht er denn das? – Weiß ich nicht. – Was sagen die Zoologen? – Nichts. – Glauben die, er fliegt über den Öresund, geht durch Deutschland, marschiert über die Alpen oder durch den Sankt Gotthard Tunnel? – Sie sagen nichts. – Na, schön; Brehm rechnet auf jedem Morgen Acker oder Wiese mit ein paar Lerchen; wenn wir nun auf jedem Hektar mit ein paar Wachtelkönigen rechnen, hat unser Land im Frühling fünf Millionen Wachtelkönige, und nachdem sie im Sommer sieben bis zwölf Eier legen, gibt es im Herbst hierzulande fünfunddreißig Millionen Wachtelkönige. Würde man die nicht sehen, wenn sie über den Öresund fliegen oder marschieren? – Kann’s nicht erklären. – Ein schlechter Flieger kommt nicht über den Öresund; möglicherweise läuft er um den Bottnischen Meerbusen herum? – Nein, dann müßte er Flüsse durchqueren, und der Vogelzug wäre so sichtbar wie die Lemminge. Außerdem gibt es in England jeden Herbst siebzig Millionen Wachtelkönige, die können nicht herumrennen. – Dann geschieht doch ein Wunder? – Was ist ein Wunder? – Was man nicht erklären kann, und zu leugnen kein Recht hat. – Dann ist der Flug des Wachtelkönigs ein Wunder und muß nach unbekannten Naturgesetzen vor sich gehen, oder übernatürlich sein.

      Brigitte Kronauer (1940–2019)

      Nachtigallen (»Mund der Nacht«, »Wald-Ton«), Finken, Lerchen tirilierten und flöteten aus Waldinnerem und Moosgrund. »Wir kommen, wir kommen!« Die Sophie preßte beide Hände auf ihr Herz