Группа авторов

Heimat?


Скачать книгу

dass ich Hip-Hop höre. Ich fand mich in einem Klischee wieder, das dem weißen Otto Normallaberer perfekt zuspielte. Dunkle Hautfarbe, sportlich (ich bin sogar sehr sportlich) und Hip-Hop-Fan? Check. Next. Gegen diese Scham- und Schutzkultur, die keinen Spaß macht und einen lähmt, half in meinem Fall Miles Davis („So What?“) und der performative Überexzess (eigenes Mixtape droppen.)

       Görlitz I

       von Roman Israel

       die Straße ist ein hartes Pflaster

       in Görlitzer Höfen findet ein hartes

       Wettrüsten statt

       wer hat den dicksten den längsten

       den deepesten Docht mit dem niederfrequentesten

       Brummen der

       Sportauspuffwummen

       das ist

       angesagt wie warme Semmeln aber keine

       warmen Semmeln

       die holt man aus dem Froster

       denn die Löhne sind niedrig im Vergleich

       mit irgendwo (irgendwo darbt immer einer

       muss ja aber doch nicht hier!) das nimmt mancher

       sehr ernst und zum Anlass beim Wählen zu wählen

       denn das Görlitzer Leben ist hard und behaart wovon

       sich nur längere dickere Auspuffe leisten? das

       wissen nur die Toten die dreisten

       wäre es nur fri-er gewesen

       jetzt kommen Fremde

       Idioten die weitgereisten und nehmen den

       Altfremden die Auspuffe weg denken

       die und was bleibt ihnen dann noch

       außer Hummer für den guten Zweck?

       im Fernsehen kommt TV

       tagsüber ficken Hunde

       oder machen Fondue oben wohnen Polen

       ebenfalls Auspuffjünger

       allerdings anders in Klang und Design

       ümmer weint ein Chinese an

       Jakob Böhmes Grab und ein greiser Knab

       Achselbehaart steht am

       MacGeiz in einer Schlange

       erstmal anstellen denkt er sich

       dann weiter nicht umgekehrt

       vllt. gibt’s ’nen Sack Auspuffhalter hier

       oder Bier

       in der Stadt ist es nicht still

       auf dem Land ist es nicht laut

       hier lebt es sich nicht schlecht

       und dennoch weiden sich viele

       am Leiden so erzählt man sich so

       erzählt man sich wär’s doch nur

       früher ein bisschen wieder früher

       beizeiten

       Görlitz II

       von Roman Israel

       ich habe den Fischen beim

       Luftschnappen zugesehen und

       den ruhigen Bewegungen des

       Herbstes auf den Teichen

       Blätter wirbelten wie kleine Galaxienleichen

       umher ein Angler deutschte Polnisch

       in sein Handy hinein Libellen

       bewegten sich zahm neben seinem

       Bein kaum in Sorge sie könnten

       erschreckt werden

       in der Ferne zeichneten sich die Gipfel

       des Riesengebirges ab vor polnischer

       Hochhaussilhouette

       auf den Kämmen lag

       schon etwas Schnee oder war es nur

       ein Abglanz der Sonne? ein Mädchen

       summte gaga Lady und sagte wie gerne

       es hier sei daheim zwischen dem

       Görlitzer Sonnenschein und den

       anderen Welten und trotzdem

       komme es so selten

       hier her hier her

       so selten so selten hierher

       zwischen den Welten

       sagte es als sei

       es eine Kunst

       davon zu sprechen

       so selten so selten

       zwischen den Welten

       hier her

       In Städten glaubt man, es gehöre zum guten Tone, nicht einmal zu wissen, wer in demselben Hause wohnt.

       Adolph Freiherr Knigge

      Adolph Franz Friedrich Ludwig Freiherr Knigge (1752–1796), deutscher Schriftsteller.

image

       Heimat ist ein Tomatenbrotschnittchen

       von Isobel Markus

      Ich