Möwe, die langsam, ohne mit den Flügeln zu schlagen, über das Schiff hinwegsegelte. »Ja«, antwortete ich, »das wäre jetzt echt lustig!«
Wir folgten dem Flug der Möwe, die plötzlich ihren Ausdruck veränderte. Ihre Augen quollen leicht hervor, der Schnabel öffnete sich und der ganze Körper verkrampfte sich kurz. Mit einem leisen Schrei entleerte die Möwe sich, schaute erleichtert, und eine große Portion gelb-braun-rötlich schimmernder Möwenschiss schoss in Richtung Deck. Gebannt beobachteten wir, was nun geschah. Es lagen, wie gesagt, etwa 600 Menschen rund um den Pool. »Platsch« machte es und das Exkrement der Möwe landete exakt auf dem Bauch der Frau, die mir die Fotosession verdorben hatte. Sie schreckte hoch und protestierte sofort lautstark gegen den Vogel, die Reederei und das Meer. Wie war das nur möglich? Esoterisch angehauchte Leser werden nun vermutlich das Gesetz der Resonanz oder etwas Ähnliches ins Spiel bringen. Der Mitarbeiter in einem Chemielabor, dem ich die Geschichte später erzählte, hatte eine andere Theorie: Masse mal Möwe mal füllige Frau =… Ich entgegnete, es sei viel einfacher: Negativ zieht Negativ an.
Ameisen – ein lebenslanges Marschieren Richtung Durchschnitt
Zum Glück besteht die Welt und sicher auch dein Freundes-, Kollegen- und Bekanntenkreis nicht nur aus Bewohnern. Kommen wir nun zu wesentlich angenehmeren Zeitgenossen auf deiner Liste, den Ameisen. Diese Menschen lassen sich tatsächlich gut mit den kleinen fleißigen Krabblern vergleichen. Ameisen wollen einfach nur eins machen: einen guten Job. Sie greifen nicht nach den Sternen und eine große Karriere streben sie auch nicht an. Ihr Engagement ist eher in der Freizeit zu finden. Ob Kegelrunde, Kleingartenverein oder Dackelclub – hier ist die Ameise zu Hause. Häufig übernimmt sie sogar eine leitende ehrenamtliche Position. Wie du inzwischen weißt, sind Aufmerksamkeit und Anerkennung zwei der menschlichen Grundbedürfnisse. Ein ausgeglichener Typ wie die Ameise holt sich beides im Ehrenamt. Daher ist sie ein sehr angenehmer Zeitgenosse, sowohl privat als auch im Job.
Erinnerst du dich an meine Bewohnerparty? Die Ameise ist ein Partygast der ganz unkomplizierten Art. Sie würde nie die Polonaise anführen, wippt aber gerne mit dem Fuß im Takt jedes Songs, während der Bewohner in einer anderen Ecke über die furchtbare Musik motzt. Auch den Tanz über das Alltagsparkett beherrscht die Ameise mühelos. Während der Bewohner an einem typischen Montagmorgen gerade noch über die allzu frühe Uhrzeit jammert, marschiert die Ameise schon mit dem alltäglichen Menschenstrom ins Büro. Tabellenkalkulation durchführen, dem jammernden Bewohnerkollegen ein Ganzkörperpflaster aufkleben, Probleme lösen: Die gut belastbare Ameise ist es gewohnt, schwer zu schleppen, und kann mehrere Aufgaben gleichzeitig schultern. Und das ganz ohne Jammern!
Kennst du Menschen vom Typ Ameise? Wunderbar! Dann ab auf eine neue Liste mit ihnen. Mit diesen Menschen solltest du mehr Zeit verbringen, insbesondere im Büro. Die Ameise ist ein Gruppentier und braucht andere Kumpels, die mit ihr gemeinsam die richtig großen Brocken schleppen. Wenn eine Ameise auf zu viele Bewohner trifft, wird es leider gefährlich. Das ist vergleichbar mit einer schlechten Asterix-Verfilmung. Die kleine Ameise hat zwischen Denktnix, Machtnix, Weißnix und Kannnix eigentlich keine Chance. Sie verliert schneller, als du gucken kannst, ihre Motivation.
Wie lange, denkst du, dauert es rein statistisch, bis eine Ameise in falscher Umgebung ins Bewohnerteam wechselt? Soll ich es dir verraten? Vier Tage! Und warum geht das so fix? Na klar, wegen der Spiegelneuronen. Die lernen in diesen vier Tagen, dass man viel leichter Aufmerksamkeit und Anerkennung durch Jammern bekommt. Und schon gibt es einen Bewohner mehr.
Das hat für ein Unternehmen katastrophale Folgen. Stell dir ein Büro voller Bewohner vor, die den halben Arbeitstag meckernd und rauchend vor der Tür verbringen. Und dann gibt es ja – leider – noch die Bewohner-Chefs, die mit ihrer negativen Ausstrahlung aus eigentlich motivierten, engagierten Mitarbeitern ruckzuck auch Bewohner machen, die dann wiederum entsprechend wenig Lust auf ihren Job haben. Diese miese Führung bleibt natürlich nicht folgenlos: Der wirtschaftliche Schaden, der auf diese Weise entsteht, ist enorm. Das Gallup-Institut hat es ausgerechnet. Sitzt du gut? Es waren 2016 in Deutschland bis zu 105 Milliarden Euro volkswirtschaftlicher Schaden! Und da haben wir noch nicht von deinem persönlichen Schaden gesprochen.
Wie geht es dir, wenn du an deinen nächsten Arbeitstag denkst? Seufzt du schon bei dem Gedanken daran? Genau da wird es gefährlich. Wenn dein persönliches Drama den Namen »Montag« trägt, wenn alles, was für dich im Büro läuft, die Kaffeemaschine ist, dann solltest du überlegen, ob es vielleicht daran liegt, dass du im Büro zu viel Zeit mit Bewohnerkollegen auf den unterschiedlichen Ebenen verbringst. Meine Empfehlung lautet daher, gezielter nach den Ameisen in deinem Unternehmen zu suchen. Wenn eine einzelne Ameise das 100-fache ihres Körpergewichtes tragen kann, was, denkst du, wird passieren, wenn ihr euch zusammenfindet?
Erstelle nun eine Liste mit fünf Ameisen, die du kennst (keine Sorge, sie dürfen in deinem Leben bleiben).
Diamanten – von Druck und Glanz
Kommen wir nun zu der Sorte Mensch, von der ich dir sagen kann, dass du jetzt schon dazu gehörst: den Diamanten. Woher ich das weiß? Sonst würdest du dieses Buch gar nicht lesen. Als wir von den Bewohnern sprachen, habe ich bereits erwähnt, dass es Menschen gibt, bei denen das Licht angeht, wenn sie einen Raum betreten. Diamanten gehören genau in diese Kategorie. Bist du schon einmal jemandem begegnet, der von innen heraus strahlt? Menschen, die mitten im Leben stehen, alles in sich aufsaugen und genau das ausstrahlen? Die erkannt haben, wie viele Möglichkeiten an jeder Ecke zu finden sind, die immer mit beiden Händen zugreifen und ein gewisses Funkeln in den Augen haben?
Dieses Funkeln ist übrigens kein geheimes Morsezeichen der Spiegelneuronen. Es kennzeichnet einfach jenen Typ Mensch, der eines ganz sicher weiß: Das Leben hat Ecken und Kanten. Und jeder hat eine Wahl: Entweder jammert man bewohnermäßig über diese gefühlten Hindernisse und lässt sich von ihnen piksen oder man lässt sich von diesen Ecken und Kanten so richtig schön durchschleifen – genau wie ein Diamant in einer Manufaktur. Da macht es auch nichts, wenn dieser wertvolle Stein mal auf den Boden fällt oder dreckig wird: Diamant bleibt Diamant. Während der Bewohner zu der Kategorie »Ich kenne nicht die Lösung, aber ich bewundere das Problem« gehört, sind Diamanten Problemlöser. Genau wie die Ameise scheuen sich Diamanten nicht davor, Probleme anzupacken. Während die Ameise für die ganz großen Aufgaben gerne ein paar Kumpels an ihrer Seite hat, bewältigt der Diamant diese auch alleine. Er verschwendet keine Zeit mit Jammern. Er bildet sich fort. Liest viel. Er steht in seiner Mitte. Jedes Teilchen – jedes Atom – ist an seinem rechten Platz und verleiht dem Stein seine Stärke. Diamanten sind Menschen, die etwas wagen!
Bist du bereit, dein Leben nach dem Shampooflaschen-Prinzip zu verändern? Einfach mal alles auf den Kopf stellen, dann kommt auch mehr raus! Es geht also nur noch um den letzten Schliff, der übrigens jeden Diamanten zu einem Unikat macht. Und dafür muss eine Menge runter! Bis zu 54 Prozent seines Gewichts verliert ein Stein bei der Verarbeitung zum endgültigen Diamanten. Dieses Gewicht stellt den Ballast in deinem Leben dar. Du weißt, wovon ich spreche, oder? Richtig – ich meine natürlich die Bewohner. Weißt du, wie Diamanten geschliffen werden? Was schleift den härtesten Stoff der Welt? Genau, andere Diamanten bzw. Diamantenpulver, und das mikroskopisch genau. Mit 2000 Umdrehungen pro Minute, da kann es dir schon mal schwindelig werden auf dem Weg nach oben.
Es gibt übrigens ohne Ende Rohdiamanten; allerdings müssen diese, um wirklich wertvoll zu werden,