Herausforderung eines guten Vortrags, einer Rede ist letztendlich das Zusammenspiel aus Inhalt (Was will ich sagen?), Form (Wie will ich es sagen?) und unzähligen kleinen Nebenfaktoren. Sobald Sie dies erkannt haben, wissen Sie, wo Sie ansetzen können und sollten. In der Praxis werden oft die Einzelteile (Rhetorik, Körpersprache, Schreiben usw.) trainiert, ohne den Gesamtzusammenhang zu beachten. In den letzten Jahren haben wir ein System entwickelt, wie man das Gesamtkunstwerk „Vortrag“ verblüffend einfach erlernen und trainieren kann.
„Souverän und sympathisch“ deutet auf die Zielrichtung dieses Buches hin. Ohne eine solide Basis kann kein Vortrag großartig werden. Die Souveränität steht für die Basis, die Sie schaffen sollten: Was wollen Sie sagen, weshalb möchten (oder müssen) Sie etwas sagen und wie planen Sie, es sagen zu wollen. Diese Grundlage ermöglicht es Ihnen, sich entspannter mit dem Auftritt und sich selbst zu beschäftigen und so den Faktor Sympathie auszubauen. Unser Ziel ist es, Ihnen eine flexible Blaupause mit auf den Weg zu geben, an die Sie sich bei der Entwicklung, Vorbereitung und Präsentation Ihres Vortrags halten können. Zusätzlich wollen wir Ihnen jede Menge Tipps, Tricks und Insiderwissen mitgeben und zeigen, dass jeder Vortrag ein großer Spaß sein kann. Wer versteht, wie man Menschen mit den richtig gesetzten Worten begeistern kann, der wird es in vielen Lebenssituationen leichter haben, sei es bei Vorträgen, Verkaufs- und Vorstellungsgesprächen oder beim Flirten. Letzteres allein sollte doch reichen, dieses Buch zu lesen?!
Eine angenehme Lektüre wünschen Ihnen
Thomas Lorenz und Klaus-Jürgen Deuser
Fließend sprechen
Abb. 1: Weg zum gekonnten Vortrag, zur guten Präsentation
„So fließend möchte ich auch einmal sprechen“, hören wir des Öfteren Zuhörer sagen. Wir nutzen die Metapher des Flusses, um daran die Stationen aufzuzeigen, die einen Vortrag erst fließend erscheinen lassen. Bei der Flussfahrt gilt für den Kapitän (Sprecher) zunächst, ein Ziel zu haben, die Orientierung nicht aus dem Auge zu verlieren sowie Stromschnellen zu erkennen und zu umfahren. In schwierigen Gewässern ist gelassene Routine sinnvoll. Ein auf die Passagiere abgestimmtes heiteres Programm rundet alles ab.
Die Anordnung der Themen haben wir den Forschungen zu menschlichen Antriebswerten des amerikanischen Psychologen Clare W. Graves entnommen. Während bei einem Redner die Orientierung an der Botschaft oder die eigene Persönlichkeit im Vordergrund steht, lieben andere Redner Klarheit durch Vorbereitung oder zeigen Engagement, indem sie einfach anfangen. Manche bekommen ihren Antrieb aus der Vielfalt eines spannenden Publikums oder dem Mut, sich auf Unerwartetes einzulassen.
Während Menschen hier oder da ihre Stärken haben, braucht ein Vortrag ein Gesamtkonzept. Da zwingt einen das Leben zu mancher freiwilligen Handlung auch fernab des eigenen Antriebs.
Jedes Kapitel gibt Unterstützung bei einem dieser notwendigen Punkte. Manche werden Ihnen leichter, andere schwerer fallen – packen Sie es einfach an!
1.Botschaften brauchen Orientierung
Mehr Inhalt, weniger Kunst! Die Königin in Hamlet, William Shakespeare
Als wir mit diesem Buch anfingen, standen wir sehr wahrscheinlich vor derselben Frage, vor der Sie stehen, wenn Sie einen Vortrag vorbereiten sollen: Wie fange ich an? Wir halten uns in solchen Fällen immer an die Aussage von Beppo, dem Straßenkehrer in Michael Endes Momo: „Junge, mach dir keinen Stress. Stück für Stück, dann klappt das schon.“ Und so ganz falsch liegt er da natürlich nicht.
1.1Inhalt ist der King: Was will ich vermitteln?
Ein guter Vortrag (gleichbedeutend mit Präsentation, Rede, Ansprache etc.) besteht aus zwei Hauptkomponenten, nämlich dem Inhalt (souverän), also was will ich eigentlich sagen, und der Form (sympathisch), wie will ich das alles erzählen. Und dazu kommen dann noch ganz viele unterschiedliche Nebenschauplätze wie Technik, Licht, Präsentationsform, Hilfsmittel, Zuschauerverhalten etc. Oft sind es diese Nebenschauplätze, die einen von der eigentlichen Aufgabe abhalten oder einen so richtig nervös machen. Deshalb denken Sie bitte immer daran: eins nach dem anderen.
Großartig kann ein Vortrag jedoch nur dann werden, wenn die Basis gelegt wird. Wer nichts zu erzählen hat, wird Probleme bekommen. Wer etwas zu erzählen hat und daran glaubt, hat schon den ersten Schritt geschafft. Nicht zuletzt geprägt durch unseren jahrzehntelangen Fernsehkonsum, glauben wir, dass alles schrill, groß und glamourös sein muss, um erfolgreich zu werden. Wenn man sich aber die erfolgreichsten Unternehmen der Welt ansieht, kommt man schnell zu einem anderen Ergebnis, denn da sind es nicht selten die „Nerds“, die Großes hervorbringen. Apple ist nicht berühmt geworden, weil Steve Jobs gut reden konnte, sondern weil er die besten Produkte hatte. Und an diesem Punkt wird es für uns wieder richtig interessant, denn wenn man schließlich ein gutes Produkt hat, dann sollte man es auch möglichst gut darstellen und verkaufen und seinen Vortrag auf dieses „Produkt“ abstellen. Deshalb ist die erste Aufgabe, sich dem Thema „Inhalt“ zu stellen. Wenn erst mal das Was (der Inhalt) geklärt ist, kommt das Wie (die Form) oft von allein. Erst wenn Sie einen Text haben, können Sie auch anfangen zu üben.
Um den Inhalt genauer zu definieren, ist es ratsam, sich zunächst mit den Grundfragen eines jeden Vortrags auseinanderzusetzen. Am einfachsten geht man dabei den fünf großen Ws nach:
•Was ist der Anlass meines Vortrags? Wird jemand geehrt, wird eine Idee vorgestellt, muss man sich selbst präsentieren oder möchte man Menschen dazu bewegen, etwas zu tun oder zu wählen?
•Was will ich vermitteln? Was ist die direkte Botschaft? Wollen Sie ein Produkt vorstellen, müssen Sie Projektergebnisse präsentieren oder wollen Sie sich bei jemandem bedanken?
•Weshalb bin ich der Vortragende? Habe ich mich gemeldet, bin ich Projektleiter/-in, bin ich gewählt worden oder hat es meine Mutter so gewünscht?
•Wer ist das Publikum? Art, Größe und Motivation des Publikums?
•Wo findet der Vortrag statt? Welcher Ort, welche Größe, Ausstattung, Geschichte und Besonderheiten?
•Wann findet der Vortrag statt? Datum, Uhrzeit, in welchem zeitlichen Zusammenhang?
Wenn man all diese Fragen geklärt hat, ergibt sich das Wie, also die Frage, wie der Vortrag aussehen sollte, fast immer von allein.
Tipp
Legen Sie ein klassisches Schreibheft oder einen eigenen Ordner auf dem Rechner an, in dem Sie alle Ideen und Fragen schriftlich festhalten oder beantworten. Wichtig ist, dass Sie von Anfang an die Ideen festhalten und W-Fragen beantworten. Legen Sie den Fokus weniger auf ausformulierte Sätze als auf inhaltlich korrekte Aussagen.
Was ist der Anlass?
Sobald Sie den Anlass genau benennen können, klären sich viele wichtige Rahmenbedingungen. Eine Betriebssitzung, in der mögliche Kündigungen angesprochen werden, wird mit Sicherheit keine zwei Stunden dauern und lustig sein. Wenn Sie wissen, was Sie vermitteln wollen, merken Sie schon, welche Tonalität oder welche Hilfsmittel Sie einsetzen können. „Dieses Produkt ist absolut neu, es wird ein Kassenschlager werden“, unterscheidet sich deutlich von: „Wir müssen durch das Tal der Tränen und dabei fest zusammenhalten.“