über Australien zu sehen und in der Grundschule schlecht in Deutsch gewesen zu sein, um 25 Bücher zu schreiben und viele Jahre um die Welt zu reisen.
Auch die größte Sehnsucht und die größte Leidenschaft treffen auf den Alltag. Auch die größte Sehnsucht und die größte Leidenschaft sind nur der Anfang eines Weges. Um diesen Weg geht es mir und darum, wie jeder von uns seinen eigenen Weg gehen und seine Herzensziele erreichen kann – auch wenn es anstrengend wird.
Neben meinen Reisen um die Welt und meiner Tätigkeit als Autor haben mich vor allem die unzähligen Coachinggespräche mit meinen Klienten gelehrt, was dabei hilft – und was nicht. Als Coach habe ich viele Menschen dabei unterstützt, den eigenen Weg zu gehen und Ziele zu erreichen: die Weltreise, das Auslandsjahr, der Masterabschluss, die Führungskarriere, die Selbstständigkeit, das eigene Buch, die erste Million.
Zwischen diesen beiden Buchdeckeln erzähle ich Ihnen, was diesen Menschen geholfen hat. Es sind elf kleine Tricks mit großer Wirkung. Die Elf sind praxiserprobt; sie sind für alle geeignet, die umsetzen wollen, was sie sich von Herzen wünschen: von der Start-up-Unternehmerin bis zum Angestellten, vom Abenteurer bis zur Hausfrau.
Ich wünsche allen Lesern viel Spaß beim Ausprobieren der Elf.
Hans-Georg Willmann
Townsville, Australien, Frühjahr 2017
1. SORTIEREN
»Sechs ehrliche Diener habe ich.
Sie lehrten mich, was ich kann.
Sie heißen was und wie und wo.
Sie heißen warum und wer und wann.«
JOSEPH RUDYARD KIPLING
Wenn man sich mit Leuten über ihre Ziele und über Zielerreichung unterhält – was man als Coach ja oft tut –, dann fällt einem auf, dass Menschen oft eine Vorstellung davon haben, was sie erreichen wollen, aber selten genau wissen, wie sie es tatsächlich erreichen können.
Als Coach spreche ich mit Unternehmern und Freiberuflern, mit Managern, Sachbearbeitern und Abenteurern, mit Künstlern, Entwicklungshelfern und Privatiers. Darunter sind Frauen und Männer von Twenty-something bis 50 plus – und Menschen aus vielen Ländern dieser Welt. Wenn wir über ihre Ziele reden, fällt es fast allen leicht, sich das erreichte Ziel in seiner ganzen Schönheit vorzustellen. Zum Beispiel das fertige Buch, das sie noch schreiben wollen, die florierende Firma, die sie noch aufbauen wollen, der Mastertitel oder die Managerposition, die sie noch erreichen wollen, oder das Jahr in Neuseeland, das sie noch realisieren wollen.
Geht es jedoch an die Umsetzung, an den Weg zum Ziel und daran, die Gedanken zu strukturieren, die Entscheidungen zu treffen und die entsprechenden Dinge zu tun, wird es auf einmal komplex und die Vorstellung ist oft unklar.
Sommer 1988. Afrika. Algerien. Ich bin 19 Jahre alt und gemeinsam mit meinem Freund Raphael auf dem Weg in die Zentralsahara. Wind, Sand und bald keine Straße mehr. Über 400 Kilometer Strecke liegen vor uns bis zur nächsten Oasen-Stadt In Salah. Wir sind sortiert, wissen, was wir wollen. Unser Ziel: Durchkommen. Bei über 53 Grad Celsius im Schatten – den es hier nicht gibt – sind wir ganz schön gefordert.
Im Coachinggespräch vereinfachen wir dann erst einmal. Wir reduzieren die Komplexität, indem wir anfangen, zu sortieren. Das geht ganz gut mit einem simplen Trick:
Der 6-W-Fragen-Trick
Was will ich erreichen – was ist mein Ziel? Warum will ich das erreichen – welches Bedürfnis steht hinter meinem Ziel? Wann fange ich damit an? Wie will ich dabei vorgehen? Wo sehe ich Hindernisse auf dem Weg zum Ziel? Wer kann mir dabei helfen, mein Ziel zu erreichen?
Diese sechs einfachen W-Fragen können wir zu unseren ständigen Begleitern machen. Immer dann, wenn wir in eine schwierige Situation geraten, können wir sie als Vereinfachungshelfer nutzen, um Orientierung und mehr Klarheit auf dem Weg zu unserem Ziel zu bekommen.
Der 6-W-Fragen-Trick
1. Was will ich erreichen?
2. Warum will ich das erreichen?
3. Wann will ich damit anfangen?
4. Wie will ich es machen?
5. Wo sehe ich Hindernisse?
6. Wer kann mir dabei helfen?
Die stärkste Frage unter den sechs ist die Frage nach dem Warum. Warum wollen wir ein Ziel erreichen? Interessant ist, dass wir im Alltag wenig über das Warum reden, aber sehr viel über unsere Ziele. »Was ist dein Urlaubsziel?« »Was ist dein Karriereziel?« »Was ist dein Jahresziel?« »Was ist dein Gehaltsziel?« »Was, was, was …?«
Dabei sind die Ziele, die wir uns setzen, nichts anderes als die sichtbare Oberfläche unserer Bedürfnisse. Die Energie, uns für ein Ziel anzustrengen und etwas zu riskieren, entsteht immer und ausschließlich aus dem Wunsch heraus, unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn wir uns beispielsweise eine Gehaltserhöhung zum Ziel setzen, kann dahinter das Bedürfnis nach mehr Sicherheit oder nach mehr Anerkennung oder nach Gerechtigkeit stehen. Setzen wir uns zum Ziel, einen Marathon zu laufen, steht dahinter vielleicht das Bedürfnis, uns selbst und eventuell auch anderen zu beweisen, dass wir willensstark genug sind, um zu trainieren und die 42,195-Kilometer-Strecke zu schaffen.
Am Anfang steht immer ein Bedürfnis, dann erst kommt das Ziel. Deshalb geht es eigentlich nie um die Ziele selbst, die wir glauben, erreichen zu wollen, oder um die Dinge, die wir glauben, haben zu wollen oder tun zu müssen. Es geht immer darum, ein Bedürfnisdefizit aufzulösen. Ansonsten würden wir uns keine Ziele setzen.
Auch unsere Vorfahren haben sich nicht einfach so das Ziel gesetzt, ein Mammut zu jagen. Am Anfang stand das Grundbedürfnis, etwas zwischen den Zähnen zu haben, das Überleben der Gruppe zu sichern. Die Energie für die Anstrengung und die Bereitschaft, das Risiko der Jagd einzugehen, entstanden aus dem Wunsch heraus, dieses Bedürfnis zu befriedigen.
Die Frage, was wir wirklich wollen, ist untrennbar mit der Frage, warum wir das wollen, verbunden. Wenn wir unser Warum, unsere Bedürfnisse hinter dem Was kennen, finden wir unseren Weg und behalten unsere Ziele leichter im Auge. Im Coachinggespräch frage ich die Leute deshalb oft ausgiebig nach dem Warum und rufe so den eigentlichen Impuls, den ursprünglichen Auslöser und das Bedürfnis hinter dem Ziel wieder in Erinnerung.
Mein Auslöser dafür, reisen zu wollen, unterwegs sein zu wollen, war eine Reisereportage über Australien, die ich gesehen habe, als ich acht Jahre alt war. Heute, viele Jahre und viele Reisen später, weiß ich, dass der Impuls, das Bild »Abenteurer in Australien«, eines meiner tiefsten Bedürfnisse berührt hat. Damals in einer Dreizimmerwohnung vor dem Schwarz-Weiß-Fernseher. Als kleiner Junge in einer kleinen Welt. Das Bedürfnis nach Freiheit. Der heftige Drang nach Unabhängigkeit und Wachstum.
Dieses Bedürfnis hat sich mein ganzes Leben lang seinen Weg gebahnt. Und glauben Sie mir, weder mit acht und auch noch nicht mit 18 Jahren wusste ich, wohin genau mich dieser Weg führen wird. Ich bin losgelaufen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als Jugendlicher bin ich unter anderem von Freiburg nach Paris und zurück gelaufen, habe am Wegesrand geschlafen, Brunnenwasser getrunken und mich von Baguette und Obst ernährt. Ich habe mir, wie so ziemlich alle in meiner Umgebung, alltägliche Ziele gesetzt: Schulabschluss, Ausbildung, Studium, Berufstätigkeit. Und ich habe mein Ding gemacht und immer, wenn ich gespürt habe, dass es mir eng ums Herz wurde, wusste ich, dass mein Weg nicht mehr lange in diese Richtung weiterverlaufen wird.
Meine Bedürfnisse nach Freiheit, Unabhängigkeit und Wachstum sind zu einem Wegweiser in meinem Leben geworden. Um diese Bedürfnisse zu befriedigen, bin ich bereit, Anstrengung und Risiko auf mich zu nehmen. Aktuell lebe, schreibe und coache ich in den Tropen Australiens.