Werkzeugen und Maschinen vertraut macht und ihn tagtäglich deren Handhabung üben lässt. Außerdem muss der Lehrling einmal in der Woche die Berufsschule besuchen, wo ihm die notwendigen theoretischen Kenntnisse vermittelt werden. Und erst wenn er seine Lehre erfolgreich absolviert und dies durch eine staatlich anerkannte Prüfung belegt hat, darf er sich einer Firma als qualifizierte Fachkraft anbieten.
Anders bei der Qualifizierung zur Führungskraft. Hier herrscht offenbar immer noch die Meinung vor, dass man das Führungshandwerk nicht systematisch zu erlernen brauche, sondern die erforderlichen Fähigkeiten von Hause aus mitbringt oder sie durch „Learning by Doing“ so nebenher erwerben könne. Während es durch gesetzliche Regelungen sichergestellt ist, dass in der Berufsausübung niemand ohne einschlägige Qualifizierung mit dem Werkstoff Holz umgehen darf, dürfen Vorgesetzte, die auf ihre Führungsaufgaben nie gezielt vorbereitet wurden, auf Menschen losgelassen werden! Selbst an den Hoch- und Fachhochschulen, wo junge Menschen in aller Regel studieren, um sich für Führungspositionen zu qualifizieren, werden Inhalte der Führungslehre oder Betriebspsychologie bestenfalls in einigen wenigen Wahlfächern angeboten. Was naturgemäß den Eindruck vermittelt, soziale Fähigkeiten seien nur von sekundärer Bedeutung.
Weiterbildung und Selbststudium
Somit bleibt das Entwickeln von Führungskompetenzen weitgehend der Weiterbildung und dem Selbststudium vorbehalten. Bedauerlicherweise ist dann jedoch mancherorts schon einiges an menschlichem Leid und wirtschaftlichem Schaden durch überforderte Vorgesetzte angerichtet worden.
Die unzureichenden Bildungsangebote sind keineswegs ein Beleg dafür, dass Führungsfähigkeiten nicht erlernbar sind. Im Gegenteil:
Jeder durchschnittlich Veranlagte und Lernwillige kann die notwendigen Fähigkeiten erwerben, um herkömmliche Führungsaufgaben zu bewältigen.
Auf welchem Weg ein Mensch im Lauf seines Lebens Führungsqualitäten entwickeln kann, veranschaulicht die folgende Grafik:
Lernen durch Eigenerfahrung
Jeder macht lebenslang seine eigenen Erfahrungen mit der Führung von Menschen, sei es als Führender oder Geführter. Als Kleinkinder wurden wir von unseren Eltern geführt, später von unseren Lehrern, Ausbildern, Vorgesetzten oder Sporttrainern. Aber auch selbst geführt hat jeder von uns in seinem Leben schon des Öfteren, auch wenn man sich dessen nicht immer bewusst war: Vielleicht hatte man schon als Kind manchmal beim Spielen die Anführerrolle übernommen, war später in der Schule Klassensprecher, hatte anderen Nachhilfeunterricht gegeben oder im Sportverein eine Jugendgruppe trainiert.
Auf diese Weise hat sich jeder seine eigene Meinung darüber gebildet, welche Art von Führungsverhalten erfolgreich ist und welche weniger. Wir haben auf diese Weise persönliche Grundsätze entwickelt, wie man mit Menschen umgehen sollte und welche Umgangsweisen unzweckmäßig sind. Und im Lauf der Zeit wurden diese Anschauungen und Prinzipien zu Bestandteilen unserer Persönlichkeit.
Lernen durch Vorbilder
Andererseits haben wir mit Sicherheit auch so manches über Menschenführung von anderen gelernt, indem wir sie uns zum Vorbild genommen und – bewusst oder unbewusst – von ihnen bestimmte Ansichten oder Verhaltensweisen übernommen haben. Oder aber wir hatten durch gezieltes Lernen von den Erfahrungen und Erkenntnissen anderer profitiert: während der eigenen Ausbildung, durch das Lesen von Fachliteratur oder die Teilnahme an Weiterbildungsseminaren.
Die auf diesen beiden Wegen gewonnenen Einsichten und Fähigkeiten haben, neben den angeborenen Eigenschaften, unsere Führungspersönlichkeit geprägt. Sie sind mitbestimmend für unser Rollenverhalten in Führungssituationen: für die Art, wie wir kommunizieren, mit Konflikten umgehen oder welche Maßnahmen wir zum Führen ergreifen.
Lernen und verlernen
Wenn es möglich ist, auf den beschriebenen Wegen Verhaltensweisen zu erlernen, ist es logischerweise auch möglich, sie durch gezieltes Lernen weiterzuentwickeln. Nach einer grundlegenden These der Lernpsychologie können wir etwas, das wir erlernt haben, auch wieder verlernen. Wir sind also in der Lage, als falsch oder unzweckmäß ig erkannte Überzeugungen und Verhaltensgewohnheiten durch erfolgversprechendere zu ersetzen.
Entwickeln von Verhaltensgewohnheiten:
Durch Kennenlernen zur Kenntnis.
Durch Anwenden zum Können.
Durch Wiederholen zur Gewohnheit.
Rationale und emotionale Intelligenz
Die Faktoren des Erfolgs
In der Vergangenheit galt fast ausschließlich die so genannte kognitive oder auch rationale Intelligenz als Garant für den Erfolg eines Menschen. Gemeint waren damit Fähigkeiten wie Gedächtnis, Auffassungsgeschwindigkeit, Sprachverständnis, Rechengewandtheit oder logisches Denken. Diese Art der Intelligenz lässt sich durch Intelligenztests messen und in einem Zahlenwert, dem so genannten Intelligenzquotienten (IQ), ausdrücken.
Seit Mitte der 1990er-Jahre setzte sich jedoch die Erkenntnis durch, dass neben der verstandesmäßigen Intelligenz auch die Fähigkeit, mit eigenen und fremden Gefühlen umgehen zu können, maßgeblich für den Lebenserfolg eines Menschen bestimmend ist. Der amerikanische Psychologe Daniel Goleman hat hierfür den Begriff der emotionalen Intelligenz (EQ) geprägt. In seinem viel beachteten Buch „EQ, emotionale Intelligenz“ hat er diesbezügliche psychologische Erkenntnisse sowie neuere Ergebnisse der Hirnforschung vorgestellt.
Emotionen ansprechen
Laut Goleman sprechen erfolgreiche Führungskräfte die Emotionen ihrer Mitarbeiter an und wecken bei ihnen positive Gefühle. Er unterscheidet dabei vier Dimensionen:
∎Selbstwahrnehmung bedeutet, seine eigenen Gefühle zu erkennen, sie zu definieren und bewusst zu erleben, um die eigene Situation besser zu verstehen.
∎Gefühlsmanagement erfordert die eigenen Gefühle zu kontrollieren und auf Geschehnisse angemessen zu reagieren, d. h. die notwendige Distanz zu gewinnen und die Dinge weder zu dramatisieren noch zu bagatellisieren, auch negative Gefühle wahrzunehmen, sich ihnen aber nicht hilflos auszuliefern.
∎soziales Bewusstsein zu besitzen, heißt, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und Mitgefühl für sie aufzubringen, um gebührend auf sie eingehen zu können, anderen ein angemessenes Vertrauen entgegenzubringen und Verständnis für sie zu zeigen.
∎Beziehungsmanagement bedeutet beim Umgang mit anderen Menschen nicht nur zu reagieren, sondern selbst Beziehungen aufzubauen bzw. mitzugestalten. Dazu gehört, Gelegenheiten zur Kommunikation zu suchen, die emotionalen Bedürfnisse anderer zu berücksichtigen und verlässlich zu sein.
Tests mit 350 Managern ergaben, dass sie von ihren Kollegen als überdurchschnittlich emotional intelligent eingestuft wurden, wenn diese vier Eigenschaften besonders ausgeprägt waren.
Auch der EQ ist entwickelbar
Sicher setzen sich diese bei jedem Menschen mehr oder minder vorhandenen Fähigkeiten sowohl aus angeborenen Begabungen als auch aus erlernten Fähigkeiten zusammen. Wie groß der jeweilige Anteil ist, wird nur schwer zu ermitteln sein. Relativ unstrittig ist aber, dass sich die erlernten Anteile in nennenswertem Maß steigern bzw. Defizite verringern lassen.
Zum erfolgreichen Führen gehört sowohl rationale als auch emotionale Intelligenz.
Führen können heißt entscheiden können
Zu den wichtigsten Eigenschaften einer starken Führungspersönlichkeit gehören die Sensibilität, auftretende Probleme zu erkennen, die Tatkraft, sie aufzugreifen, sowie der Mut, Entscheidungen zu deren Lösung zu treffen.
Dabei ist der Begriff „Entscheidung“ hier in folgendem Sinn zu verstehen:
Eine Entscheidung ist die rechtzeitige Wahl des Wegs, auf dem man etwas erreichen will.
Echte