das Flipchart auch noch »schön« zu machen. Eine anschließende Optimierung geht aber immer! Ich plädiere daher dafür, das Flipchart zu retten, aber unnützen Papierverbrauch zu vermeiden. So können Standard-Flipcharts wie »Unser Weg durchs Seminar« oder »Der Baum der Erkenntnis« einfach entfallen, ohne dass es jemandem auffällt. Und wir entdecken unsere Liebe zu den unperfekten Flipcharts, denn diese lassen sich immer noch aufhübschen. Auf diese Weise lebt die Trainerin auch den Wert »Flexibilität« vor!
Doch es gibt noch mehr als Flipcharts. Eine einfache Alternative, die den gleichen Effekt hat und um einiges ökonomischer ist, ist die Wäscheleine – die Zettel mit den Informationen können immer wieder verwendet werden, außerdem bleiben sie die ganze Zeit sichtbar. Auch Kartons oder (wiederverwertbare) Plakate mit Beschriftungen können zum Einsatz kommen. Und selbst eine ganz normale Pinnwand kann kreativ mit vielen interessanten Informationen versehen werden.
Mittlerweile weiß wohl jeder, dass PowerPoint keine gute Lösung für Trainings und Schulungen ist – also weg damit. PowerPoint-Präsentationen sind zwar schnell erstellt, doch letztendlich schüttet man damit Informationen vor Menschen einfach nur so aus. PowerPoint überfordert uns – Lesen und Zuhören zugleich geht nicht, insbesondere dann, wenn das Gelesene sich vom Gesprochenen unterscheidet. Dann bekommt kaum noch einer etwas mit. Die Vortragenden stehen quasi neben dem Inhalt – nicht dazu. Stehen sie vor der Projektionsfläche, dann werfen sie einen Schatten aufs Thema. Nehmen Sie diesen Satz ruhig in seiner Doppeldeutigkeit ernst. Und nicht nur die Verdunkelung macht müde; auch zu viele Folien haben diesen Effekt – da ist der Arbeitsspeicher schnell voll und die Aufmerksamkeit lässt spätestens nach der zehnten Folie nach.
»Menschen, die wissen, wovon sie reden, brauchen keine Folien«, sagte Steve Jobs. Das kann ich nur unterschreiben. Wer konsequent ohne PowerPoint präsentiert, erarbeitet sich schnell ein neues, umfangreiches Repertoire an Präsentationsmöglichkeiten. Hier darf Kreativität gelebt werden. Allem voran steht das lebendige Storytelling. Wer fesselnd vorträgt, punktet bei den Zuhörenden. Multisensorische Methoden wie zum Beispiel starke Präsentationen, bei denen die Inhalte knackig visualisiert werden und mit guten Erinnerungsankern gearbeitet wird, sind gerade für die Vermittlung von Zahlen, Daten und Fakten der Renner. Quizvarianten stehen ganz oben auf der Liste, wenn die Teilnehmenden sich den Inhalt selber erarbeiten sollen. Gut aufbereitete Inhalte ersetzen oder ergänzen so manchen PowerPoint-Vortrag, dazu können beschriftete Papierbögen an Wäscheleinen, Pinnwänden oder Fenstern angebracht werden, man kann Inhalte auf großen Kartons visualisieren oder in Form von TV- oder Verkaufsshows aufbereiten. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt (mehr dazu in dem Kapitel »Die Methoden«).
Wir brauchen mehr Mut in den Unternehmen
Was ist der Treibstoff in den Tanks Ihres Unternehmens? Wenn wir von A nach B kommen wollen, brauchen wir Bildung, wir benötigen neue Informationen, neues Wissen, neues Können – und manches Mal die Einsicht, dass wir überhaupt nach B wollen. B sollte also ein attraktives Ziel sein.
Ihre Unternehmenskultur ist einer der zentralen Aspekte Ihrer Organisation. Menschen bleiben oder gehen, je nachdem, ob ihnen die gelebte Kultur in Ihrem Unternehmen liegt oder nicht. Die Weiterentwicklung dieser Kultur gelingt durch Bildung – aber diese muss hochwertig, lebendig und stets auch auf Ihre bestehenden oder zukünftigen Werte bezogen sein.
Wenn Unternehmenskultur und Bildungskonzeption nicht miteinander in Resonanz sind, dann verschwenden Sie womöglich wertvolle Ressourcen, und das ist schade und unnötig. Die Bildungskonzepte, die Sie für sich und Ihre Mitarbeitenden stricken, gestalten den lebendigen Körper Ihrer Unternehmenskultur – sie wird zum Treibstoff. Wissen, Können, Möglichkeiten-Wachstum füllen den Tank und wirken wie ein Perpetuum mobile der gemeinsamen Weiterentwicklung. Ein stimmiges Blended-Learning-Konzept – die bewusste Verschränkung von Präsenz- und E-Learning-Elementen – beschleunigt die Lernprozesse in den Unternehmen. Eine Information gelangt rasend schnell in die Köpfe und Herzen der Menschen.
Blicken Sie also beim Thema interne Weiterbildung über den Tellerrand der Personalabteilung hinaus. Die Verantwortlichen für die Entwicklung des Unternehmens sollten auch die Verantwortung für die Trainings bzw. die Weiterbildung übernehmen. Das wertvollste und wichtigste Gut des Unternehmens sind seine Mitarbeitenden und Führungskräfte. Sie gilt es mit Wissen, neuen Ideen und Impulsen voranzubringen. Dafür brauchen Unternehmen gestandene Persönlichkeiten, die das entsprechende Wissen, die gewünschten Impulse, Kenntnisse und Fähigkeiten mitbringen und in der Lage sind, verschiedene Aufgaben zu erfüllen: Sie müssen ermöglichen, aufzeigen und lehren.
Es geht dabei auch immer um die großen Fragen und Antworten, die von den Verantwortlichen gesucht, erkannt, erfasst und besprochen werden. Das setzt eine tiefe Kenntnis der Inhalte voraus, die in der Personalabteilung nicht immer vorhanden ist. Das Team in dieser Abteilung wird vermutlich innerhalb des eigenen Kompetenzlevels nach Trainern und Formaten suchen, am liebsten nach etwas, was es bereits kennt. Das könnte der gewünschten Weiterentwicklung zuwiderlaufen. Eine kreative Gestaltung des Anliegens selbst bleibt aus – das kann die Personalabteilung auch nicht leisten, denn hier geht es nicht um Events, sondern um Trainingskunst. Hier braucht es den Blick nach außen, und so wie bei New-Work-Konzepten komplett anders gedacht wird, sollte es auch bei New Training sein.
Mit einer gehörigen Portion Mut im Gepäck können Sie neue Wege gehen und für Ihre Mitarbeitenden und Führungskräfte in puncto Weiterbildung neue Horizonte erschließen.
Wir brauchen Persönlichkeiten als Trainer
Der klassische Trainer hat ausgedient. Punkt. Früher ging es in den Trainings vor allem um Wissensvermittlung, doch heute ist so gut wie jede Information auch im weltweiten Netz auffindbar. Das bedeutet: Nicht nur die Menschen in den Unternehmen brauchen neue Fähigkeiten, neue Verhaltensmuster und neue Einstellungen, auch die eingekauften Trainer und Speaker müssen sich weiterentwickeln oder gar neu erfinden.
Als Kernkompetenzen der Zukunft gelten die vier Ks: Kreativität, kritisches Denken, Kommunikationsfähigkeit und Kooperationsbereitschaft. Dazu treten Charaktereigenschaften wie Achtsamkeit, Mut, Belastbarkeit, ethisches Bewusstsein und Führungsstärke. Am wichtigsten wird laut Yuval Noah Harari die Fähigkeit werden, mit Veränderung umzugehen, neue Dinge zu lernen und in unvertrauten Situationen das seelische Gleichgewicht zu wahren. »Wollen wir mit der Welt des Jahres 2050 Schritt halten, müssen wir nicht nur neue Ideen und Produkte erfinden – wir müssen vor allem uns selbst immer wieder neu erfinden.«7
Das Wissen wird interdisziplinär und wir können uns, unter anderem durch entsprechende Trainings- und Coachingkonzepte, auch in puncto Selbstreflexion und persönlicher Weiterentwicklung verbessern. Damit rückt die Lernende wieder mehr in den Mittelpunkt. Der Trainer ist dadurch nicht überflüssig, ganz im Gegenteil. Er wird gebraucht, um Lernsettings zu ermöglichen, in denen Menschen Neues erfahren, damit sie sich und andere und das Thema (des Trainings) neu betrachten können. Für all das brauchen wir keine Standardtrainings mehr und – natürlich – auch keine Standardtrainer. Wir brauchen Persönlichkeiten, die in den Präsenztrainings faszinieren und die einen gewissen Aufruhr ins Leben, ins Thema und in die Arbeitswelt der Lernenden bringen. Trainerinnen und Trainer werden zu Lernbegleitern, Impulsgebern, Bildungsmanagerinnen, Inhaltsaufbereitern, Lernzieldefinierern und Inhaltsdosierern, die uns mit den digitalen Tools weiterbringen. Wir brauchen Raumhalter, Vorleberinnen, Rollenmodelle, Weise, Heilerinnen, Revolutionäre, Leuchttürme …
Für vieles, was wir zukünftig lernen sollen / wollen / müssen, brauchen wir wahre Expertinnen, Menschen, die das verkörpern, was wir erreichen wollen, und uns genau das lehren können. Und: Eine echte Trainerpersönlichkeit bringt das Thema – und nur das – zum Leuchten. Sie verfügt über die innere Größe, sich selbst zurückzunehmen, um das Thema zu inszenieren und ihm einen entsprechend großen Raum und Rahmen zu geben.