können aber auch so konstruiert sein, dass sie sich gegenseitig ersetzen, falls ein Element des Systems ausfällt. Das macht es wahrscheinlicher, dass das System zumindest bis zu einem gewissen Grad weiterarbeiten kann, selbst wenn einzelne Elemente gerade nicht funktionieren. In den meisten Fällen sind Trennungen und Duplizierungen von Unternehmensteilen oder Elementen mit zusätzlichen Kosten verbunden, aber die Investition lohnt sich fast immer. Denn auch wenn Sie dadurch externe Ressourcen brauchen, bekommen Sie innerhalb kürzester Zeit Antworten auf Ihre Fragen. So habe ich bei einer Beratung einmal den Fall gehabt, dass mein Kunde ein internes Netzwerk von Partnern hatte, das gut funktioniert hat, insbesondere wenn ein Kunde Anforderungen hatte, die das Unternehmen selbst nicht erfüllen konnte. Dadurch fand einerseits ein reger Austausch statt, und andererseits wurden so Nischen besetzt, die vor allem den Kunden einen deutlichen Mehrwert bei der Zusammenarbeit mit diesem Unternehmen ermöglichten.
Setzen Sie auf Storytelling und Fragen
Ein weiterer Weg der Risikominderung besteht darin, sicherzustellen, dass die Menschen unwahrscheinliche, aber mögliche katastrophale Ereignisse als reale Bedrohung ansehen. Das Teilen von Geschichten über Beinaheunfälle und mögliche Reaktionen auf diese hypothetischen Ereignisse können sehr hilfreich sein.
Was-wäre-wenn-Fragen sind eine großartige Möglichkeit, Szenarien zu entwickeln, die sonst kaum auftauchen. Die meisten Unternehmen, die ich kenne, haben Angst, dass solche Techniken wie das Geschichtenerzählen nicht funktionieren, weil sie eine Fähigkeit erfordern, die die meisten sich selbst und anderen absprechen – nämlich fantasievoll und kreativ zu sein. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Geschichten geben uns vielmehr großartige Einblicke in komplexe Systeme.
Indem wir Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu minimieren, durch frühe Fehler lernen und verschiedene Denker zusammenbringen, die kreativ mit Beschränkungen umgehen können, gehen wir die Entscheidungsfindung in unseren komplexen Systemen bewusst an und erhöhen die Erfolgschancen maßgeblich. Und das ist notwendig, wenn Unternehmen erfolgreich und vor allem wettbewerbsfähig sein wollen. Denn nichts hindert Innovation und Kreativität so sehr wie komplizierte Wege. Je komplizierter ein Unternehmen agiert, desto langsamer reagiert es und desto mühsamer und langwieriger sind die Entscheidungsfindungswege.
Das Ergebnis dieser Komplexität
Komplexität verstehen
Auch wenn viele sagen, dass Komplexität als mathematisches Modell gesehen werden kann, empfinde ich es vielmehr als eine Art, über die Welt nachzudenken. Vor über einem Jahrhundert revolutionierte Frederick Winslow Taylor die Arbeit und veränderte die Sichtweise von Managern maßgeblich. Durch die heutigen Erkenntnisse der Kognitionswissenschaft wird das Feld rund um Komplexität erneut aufgerollt und alte Denkmuster werden hinterfragt.
Die Hauptaufgabe besteht darin, den gegenwärtigen und auch den zukünftigen Managern dabei zu helfen, moderne Technologien, komplexe Märkte, kulturelle Veränderungen und die Globalisierung als umfassenden Prozess zu verstehen und vor diesem Hintergrund erfolgreich zu agieren. Es gilt, die Herausforderungen und Möglichkeiten der Komplexität zu bewältigen, mit denen wir mehr und mehr konfrontiert werden.
Manager, die den Prinzipien der Komplexität entsprechend agieren wollen, sind gezwungen, anders zu denken und zu handeln als bisher. Das ist sicherlich nicht einfach, aber unerlässlich.
Angesichts dieser Komplexität stellt sich die Frage, wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter effektiv zum Erfolg führen können. Ich habe Ihnen ein paar Ideen aus meiner Praxis mitgebracht, die ich meinen Kunden immer empfehle:
•Fördern Sie bewusst die Diskussion. Komplexe Kontexte erfordern wesentlich mehr Kommunikation als jeder andere Bereich. Initiieren Sie Diskussionsrunden, in denen die Menschen innovative Ideen generieren und so die Führungskräfte bei der Entwicklung und Durchführung komplexer Entscheidungen und Strategien unterstützen. Es geht darum, dass Sie Ihre Mitarbeiter dazu ermutigen, bereits bestehende Lösungen zu hinterfragen und neu zu diskutieren, anstatt nach bewährten Verfahren zu arbeiten. In einem Krankenhaus, in dem dort erworbene Infektionen als Problem identifiziert und offen diskutiert werden konnten, brachte allein dieser Ansatz eine Verhaltensänderung, die zu einer Verringerung der nosokomialen Infektionen von bis zu 50 Prozent führte.
•Setzen Sie Grenzen. Wir leben in einer Welt, die voller Barrieren und Grenzen ist. Das ist auch gut und wichtig, denn wenn Grenzen gesetzt sind, beginnt das System, sich innerhalb dieser selbst zu regulieren. Das können auch Werteversprechen sein, die unausgesprochen in einem Unternehmen gelten, wie die schnelle Lieferung von Waren und Zufriedenheit der Kunden als oberstes Gebot. Dadurch motivieren sich die Mitarbeiter gegenseitig und achten so auf ihr eigenes Verhalten.
•Fördern Sie Heterogenität. Meinungsverschiedenheiten und unterschiedliche Perspektiven können in komplexen Zusammenhängen sehr wertvoll sein, insbesondere indem sie die Entstehung von vollkommen neuen Ideen begünstigen. In meinen Workshops fördere ich diese Heterogenität dadurch, dass ich mehrere Teams parallel an demselben Problem arbeiten lasse. Dabei ernennt jedes Team einen Sprecher, der dann vom Tisch der einen Gruppe zum Tisch der anderen Gruppe wechselt. Der Sprecher stellt die Hypothesen und Gedanken seiner eigenen Gruppe vor, während die andere Gruppe schweigend zuhört. Dann wendet sich der Sprecher wieder seiner eigenen Gruppe zu. Jeder Sprecher besucht abwechselnd die anderen Teams, bis das Ende der Ideensession eingeläutet wird. Dieses bewusste Zuhören hilft, die Ideen der anderen besser zu verstehen, offen zu sprechen, die eigenen Ideen beizusteuern und zu erweitern und Kritik nicht persönlich zu nehmen.
•Die passende Umgebung schaffen. Da die Ergebnisse in einem komplexen Kontext nicht vorhersehbar sind, müssen sich Führungskräfte auf die Schaffung einer Umgebung konzentrieren, aus der gute Ergebnisse hervorgehen können, anstatt zu versuchen, vorher festgelegte Zielvorstellungen umzusetzen, und dabei unerwartete Möglichkeiten zu verpassen. Vor vielen Jahren hat 3M beispielsweise eine Regel eingeführt, die es Forschern erlaubt, 15 Prozent ihrer Zeit für jedes Projekt zu verwenden, das sie interessiert. Ein Ergebnis dieser Vorgehensweise sind die überaus populären und erfolgreichen Post-it-Haftnotizen.
Entscheidungsfindung in einer komplexen Welt
Stellen Sie sich vor, Sie werden zu einem Tatort gerufen. Vor Ihnen liegen sieben tote Menschen, überall ist Blut. Chaos und Panik, wohin Sie sehen. Was machen Sie? Wo sollen Sie beginnen? Was ist passiert? Wer macht so etwas und warum?
Vermutlich waren es solche Fragen, die dem stellvertretenden Polizeichef, Walter Gasior, am 8. Januar 1993 in Palatine durch den Kopf schossen, als er das Fast-Food-Lokal betrat, in dem zuvor sieben Menschen brutal getötet worden waren.2 Und das für weniger als 2000 Dollar, denn mehr hatten die beiden Attentäter nicht erbeutet. Walter Gasior hatte jedenfalls keine Zeit, sich die passenden Worte zurechtzulegen, er musste schnell handeln und vor allem mehrere Rollen gleichzeitig ausfüllen. Denn er war damals nicht nur als Vertreter der Polizei vor Ort, sondern musste als Sprecher der Polizeiabteilung sowohl den trauernden Familien als auch einer verängstigten Gemeinschaft erklären, was passiert war und wie die Polizei vorgehen würde. Eine weitere Herausforderung waren die zahlreichen Reporter, um die er sich ebenfalls kümmern musste.
Gasior gelang es letztlich aufgrund seiner Erfahrung und seiner Flexibilität, alle Aufgaben erfolgreich zu meistern. Eine Fähigkeit, die viele Unternehmen in turbulenten Zeiten gut brauchen könnten, aber nicht haben. Die gewünschten Ergebnisse bleiben aus, denn es bedarf vorab Entscheidungen, die wiederum eine Vielzahl von anderen Reaktionen auslösen.
In den meisten Unternehmen, in denen ich unterwegs bin, verlassen sich die Führungskräfte viel zu oft auf Ansätze, die in der Vergangenheit bereits gut funktioniert haben. Nur herrschten damals andere Bedingungen. Die Handlungen der Menschen, die im und am Unternehmen arbeiten, sind eben nur zu einem gewissen Maß vorhersagbar. Manches Mal funktionieren die erstbesten Lösungen erstaunlich gut. Aber je komplexer und