Despoten verabschieden. Der Bau der Steinhügel war augenscheinlich die religiöseste unter den gottesfürchtigen Arbeiten, eine Lektion und ein dauerhaftes Beispiel für die Lehnspflichtigen von Tescher, dem Roten Land.
Kairo hat auch ein Sanatorium in kleinerem Maßstab in Angriff genommen. Es wird hauptsächlich von Rheuma-Patienten frequentiert sowie von Fremden in der kalten Jahreszeit, insbesondere als Schlafplatz für diejenigen Gäste, welche Sakkára besuchen. Helwán (die Bäder), fünfzehneinhalb Meilen südlich von Kairo auf dem rechten Ufer des Niltales und etwa zweieinhalb Meilen vom Fluss gelegen, hat eine eigene Eisenbahnanbindung und widerwärtige Schwefelbäder mit einer Temperatur von 86 Grad (F) zu bieten. Überdies liegt es 120 Fuß über dem Strom, was ungefähr der Höhe des größten Minaretts in der Zitadelle entspricht; deshalb wird seine Luft als wohltuende Veränderung empfunden. Einige entlegene Bungalows führen zum Établissement, einem großen leeren Gebäude mit einem zentralen Hofraum, welcher – völlig ohne Diwane und Sofas – die Vorstellung eines hübschen Queen’s Bench (obersten Gerichtshofes – d. Ü.) erweckt, wenn es für die Nacht geschlossen wird. Das Speisenangebot indessen ist annehmbar; der Geschäftsführer ist gesittet, und es gibt dergleichen Annehmlichkeiten wie ein Post- und ein Telegrafenamt.
Das Hauptinteresse an Helwán hegen die Archäologen. Die Ebene steigt vom modernen Nilbett in Richtung der östlichen Hügelkette an, welche das alte Flusstal begrenzt, und beherbergt zwei Zentren der Feuersteinproduktion, welche möglicherweise eine prähistorische Herstellung suggeriert, zumal dort drei Fuß und tiefer unter der Oberfläche bearbeitete Feuersteine gefunden wurden. Eines der Zentren liegt bei dem letzten Brunnen nördlich des Helwán-Hotels und westlich der Eisenbahnlinie. Hier haben die von Dr. Reil geführten Herren Braun von der Geologischen und Hayns von der Numismatischen Gesellschaft eine Feuersteinsäge und zahlreiche Abschläge aufgesammelt. Das andere Zentrum befindet sich etwa zwei Meilen südlich des Hotels auf den Abhängen eines Bassins, das in Richtung eines großen und offenen Wadis entwässert wird und nach Regenfällen seine Wasser zum Nil transportiert. Hier findet man wieder reichlich Fragmente, und ihre Formen unterscheiden sie sofort von den ringsum verstreuten dunklen Kalksteinen.
Ich wurde von Herrn Lombard, dem Manager des Helwán-Hotels, mit feinen Exemplaren von Sägen und gezahnten Feuersteinen versorgt; aber – Reisende, hütet euch! – sie werden jetzt von den Ägyptern »nachgemacht«. Auf der westlichen Seite des Nils, in Záwiyat el-Uryán, fand Professor Lewis von der Londoner Universität eine Säge, und Herr Hayns kurz danach einen Kratzer. Die gelehrte Welt ist wie so oft in zwei Lager gespalten. Der kompromisslose Ägyptologe, der – Herodot zum Trotz – meint, dass diese »Kunst keine Kindheit in Ägypten hatte«, und hegt eine persönliche Abneigung gegen ein prähistorisches Steinzeitalter; und er akzeptiert bereitwillig die Theorie von Dr. Schweinfurth, Herrn G. Rohlfs und Dr. Zittel, wonach plötzliche und übermäßige Temperaturveränderungen das produziert haben sollen, was frühgeschichtlicher Handarbeit zugeschrieben wurde. Auf der anderen Seite betrachtet der Naturforscher die Frage als gelöst. Sir John Lubbock und weitere entdeckten paläolithische Feuerstein-Artefakte an mehreren Stellen, insbesondere in Theben und Abydos.
Dr. Gaillardot erwähnt auch Assouan (Syene), Manga und die Felsspalten von Dschebel Silsileh, und dieser große Wissenschaftler findet keinen Grund, warum der Mensch nicht zugleich mit der mächtigen quartären Vegetation des Niltales existiert haben sollte. Der hoch angesehene Herr Auguste Mariette-Bey verhält sich diesem Thema gegenüber reserviert, weil er nur von dem sprechen will, was er beim Bearbeiten des Bodens selbst gesehen hat. Herr Arcelin hat im Correspondant von 1873 »La Question Préhistorique« (Die prähistorische Frage) aufgeworfen und auf Einwendungen in »L’âge de la pierre et la classification préhistorique d’après les sources Égyptiennes« (Das Steinzeitalter und die prähistorische Einteilung nach den ägyptischen Quellen – d. Ü.) geantwortet. Die Feuerstein-Dolche der alten Ägypter sind wohlbekannt: Sie werden von Wilkinson in zwei Arten eingeteilt, eine breitflächig, die andere schmal-spitzig; und er übersetzt »äthiopischer Stein« mit »Feuerstein« (Obsidian?). Überdies beantwortete die von den Herren C. F. Tyrwhitt-Drake und Palmer unternommene Expedition durch die Wüste des Exodus und den Negev (oder das Südliche Land) die Frage praktisch durch den massenhaften Fund von Feuerstein-Abschlägen in der Nähe der Monumente von Surabit el-Khádim, die, wie Herr Bauerman vorgeschlagen hatte, dazu verwendet wurden, die hieroglyphischen Wandtafeln herauszumeißeln. Muscheln und bearbeitete Feuersteine kommen wieder in jenen seltsamen Bienenstöcken mit zusammengekrümmten Skeletten vor, die überall auf der Sinai-Halbinsel Nawamis (Moskito-Hütten) genannt werden; und schließlich wurden Feuersteinpfeilspitzen bei einem Hügelfort nahe Erweis el-Ebeirig (Kibroth Hattaavah, die Grüfte der Begierde?) gesichtet.
Feuersteine
Die Veränderungen von Kairo, der Hauptstadt des Khediven, haben, so fürchte ich, meine Stimmung beeinträchtigt. Aber die Stadt der fatimidischen Kalifen ist noch nicht bis ins Mark verbürgerlicht, und es wird noch lange dauern, bis die modernen, sogenannten Verbesserungen sich ins Herz der Stadt vorfressen. Außer in den großen Boulevards sind sie nur oberflächlich und erstrecken sich nicht über die Straßenfronten hinaus. Wandere während der mondbeschienenen Nächte um das Bab el-Nasr herum, und die Hinterhofgassen und die Sackgassen werden dir noch immer die Szenen zeigen, welche ich im Jahr der Gnade 1853 beschrieb – Ansichten so fremdartig, so phantastisch, so geisterhaft-seltsam, dass es grotesk scheint, sich vorzustellen, dass menschliche Wesen wie wir an solchen Stellen geboren werden, dort ein ganzes Leben verbringen und die höchste Verpflichtung, »zu wachsen und sich zu vermehren«, erfüllen können.
Als ich mit meinem alten Freund Hadschi Wali nach Kairo zurückkehrte, versäumte ich nicht, die Stelle zu besuchen, wo wir uns zum ersten Mal trafen. Dies war das Wakálah Siláhdár, so nach dem »Rüstungsträger« des alten Mohammed Ali Pascha genannt, im Dschemalíyyeh oder griechischen Viertel. Der Anblick vertrauter Objekte belebte mich sehr. Direkt neben dem kleinen Geschäft von meinem Scheich Mohammed el-Attar oder dem Drogisten war alles zu Ruinen verfallen – dieses zur Vergänglichkeit materieller Güter. Außerhalb der mit ihren schweren rostigen Ketten verhängten Eingangstür der Karawanserei saß oder hockte noch der gleiche alte Brotverkäufer, der mich vor fast einem Vierteljahrhundert beliefert hatte; nicht ein Gegenstand war innen verändert worden. Der Patio oder leere Platz war wie ehedem vollgestopft mit riesigen Kaffee-, Gummi-, und Weihrauchballen, während von den zwei Räumen, die wir auf der südlichen und der östlichen Seite in Besitz genommen hatten, die gleichen kratzenden und kehligen Akzente von Händlern aus dem Hadramaut und dem El-Hedschas herüberdrangen. Eine tiefe Ruhe senkte sich auf mein Gemüt. Wieder einmal genoss ich die besänftigende Stimmung der Unveränderlichkeit des Orients.
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