Michael Moesslang

Facts tell, Storys sell


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mir selbst kurze Texte für kurze Zeit zu merken. Doch wenn ich die Texte mit viel Körpersprache und Betonung und Stimme mehrmals laut wiederhole, dann klappt es sogar bei mir. Körpersprache und Stimme erzeugen dabei Bedeutung und Emotionen, die das Merken ermöglichen.

      Texte, die das nicht bieten, haben also wenig Chancen zu funktionieren. Erst recht Listen, wie wir sie täglich in PowerPoint und Co. erleben. Oder Zahlen, Einkaufsliste oder Sitzplatzreservierung.

      Neurowissenschaftliche Erkenntnisse

      Die Amygdala, ein kleiner mandelförmiger Bereich im Innersten des Gehirns, dem Lymbischen System, bewertet blitzschnell Wahrnehmungen von außen. Dabei entscheidet es zunächst nach Wichtigkeit. Unklares, Unbedeutendes wird nicht weiter beachtet. Eine sehr starke Selektion findet statt, nur wenig kommt durch. Muss, denn sonst wären wir überfordert. Der kleine Rest wird nun zugewiesen. Es wird entschieden, welche Relevanz die Wahrnehmung hat und an welcher Stelle im Gehirn sie deswegen weiterverarbeitet werden soll.

      Emotionen können jedoch bereits in der Amygdala ausgelöst werden. Angst, Schreck etc. entstehen in Bruchteilen einer Sekunde und lösen entsprechende Reaktionen aus. Überleben wird weitgehend im Stammhirn gesichert und relevante Informationen deshalb dahin geschickt. Dort sitzen auch Gewohnheiten. Die Psyche sitzt im Lymbischen System und deshalb wird dort alles verarbeitet, was mit Gefühlen, Emotionen und unbewussten Prozessen zu tun hat. Hier werden Entscheidungen getroffen.

      Allerdings kann es dazu, wenn keine Eile geboten ist, eine Beteiligung des Großhirns geben. Denn dort wird rationell gedacht. Hier wird nach Glaubwürdigkeit und Logik beurteilt. Hier wird abgewägt und komplexe Entscheidungen werden vorbereitet. Gelerntes und Erlebtes hinzugezogen. Was spricht dafür, was dagegen?

      Das Großhirn verarbeitet komplexer. Es kann Zusammenhänge verstehen und sich Dinge merken. Auch mal eine Zahl oder einen Text. Vorausgesetzt, sie sind mit entsprechend bildhafter und emotionaler Technik eingespeist worden und das vielleicht sogar öfter (Wiederholung). So kann eine Telefonnummer mit 14 Stellen manchmal leichter gemerkt werden als die Umsatzzahl eines Produktes vom letzten Quartal. Denn die Telefonnummer gehört einem guten Freund und Sie haben sie schon ein paar Mal gewählt. Na gut, so war es früher, als die Telefone noch keine Nummern gespeichert haben.

      Die Neurowissenschaftler haben auch herausgefunden, dass eine gut erzählte Geschichte das Gehirn des Erzählers und das des Zuhörers in Gleichklang bringen kann.

      Auch wenn das nur ein sehr kleiner Ausschnitt dessen war, was die Gehirnforschung bisher herausgefunden hat, sie hat die Wirkung von Storytelling längst ergründet und bewiesen.

      Kapitel 2 Hook – Story finden oder erfinden

      Erzähl!

      Sie sind ein Profi. Sie haben schon oft etwas erzählt. Aus der Schulzeit, vom Urlaub oder wie das mit Ihrem Projekt gelaufen ist. Vielleicht waren Sie einmal Zeuge und sollten den Hergang schildern. Auch das ist eine Geschichte. Wer sprechen kann, kann Geschichten erzählen. Doch nicht jede Geschichte ist geeignet. Und noch viel mehr: Nicht jede Art, wie Sie Ihre Geschichten erzählen, erzielt die richtige Wirkung.

      Wenn wir an Storys denken, dann vielleicht an Romane oder Filme. Geschichten als Kunstform, verfasst von einem professionellen Autor, ausgeklügelt nach bestimmten Regeln. Und weder Sie noch ich werden glauben, dass wir mit Stieg Larsson, Joanne K. Rowling oder Dan Brown mithalten können. Müssen wir auch nicht. Denn wir werden keine spannenden 90-Minuten-Geschichten erzählen, deren einziger Zweck es ist, gut zu unterhalten und mit der Geschichte selbst Millionen zu verdienen.

      Die meisten erfolgreichen Geschichten, die ich im Business-Kontext erlebt habe, sind höchstens ein paar Minuten lang. Die einzigen Ausnahmen waren die von zwei, drei Keynote-Speaker-Kollegen. Doch die werden schließlich wiederum auch für den Unterhaltungswert bezahlt.

      Welche Storys sind also geeignet oder denkbar?

       Mikro-Storys, die mit ein paar Sätzen einen Rahmen setzen und den Weg für ein Argument ebnen

       Ein-Satz-Geschichten, wie sie im Marketing vorkommen, gute Slogans beispielsweise, die in der Kürze trotzdem Bilder und Emotionen erzeugen

       Erfahrungen, die eine Botschaft transportieren und ein Ziel anstreben

       Statement wird im amerikanischen eine Personen- oder Unternehmensbeschreibung genannt, die nicht Fakten auflistet, sondern die Persönlichkeit oder Firmen-Philosophie über eine Geschichte transportiert

       Metaphern, die meist schon existieren und etwas erläutern sollen

       Vergleiche, die im eigentlichen Sinne gar keine Story sind und doch ähnlich funktionieren

       Witze, die häufig tatsächlich Geschichten sind und deren Pointe die gewünschte Erkenntnis erzielen können

       Geschichten, die nicht in einer Form erzählt werden, sondern in jeglicher Kommunikation spürbar durchscheinen

      Letzteres ist im Marketing gängig und bedarf einer umfassenden Strategie. Alle Werbemittel und Kommunikationskanäle ordnen sich dieser unter. Für den Kunden oder Fan ist in jedem Foto, in jeder Textzeile, in jedem Post und jeder Anzeige die Story erlebbar.

      Wir beschäftigen uns mit den anderen.

      Wann eine Geschichte funktioniert

      Wenn Sie Small Talk machen und jemanden vom neuesten Blockbuster, dem Stau bei Ihrer Anreise oder vom leckeren Restaurant im Urlaub erzählen, haben Sie meist kein großes Ziel. Sie wollen unterhalten, vielleicht ein bisschen Anerkennung oder Mitgefühl und Ihrem Gegenüber eine Entscheidung erleichtern, von der Sie keinen unmittelbaren Vorteil haben. Vielleicht wollen Sie noch sympathisch sein oder die Langeweile vertreiben. Ja, das sind auch Ziele, aber keine, die in der Geschichte transportiert werden.

      Wenn Sie Storytelling im Job einsetzen, haben Sie ein klares Ziel. Und zwar zuerst. Sie erzählen nicht eine Geschichte und überlegen dabei, was das Ziel sein könnte. Es funktioniert umgekehrt. Sie kennen Ihr Ziel und überlegen nun, welche Geschichte Sie dazu erzählen könnten.

       Am Anfang stand das Ziel.

      Daran sind wir nicht gewöhnt. Wenn wir an Urlaub denken, fallen uns automatisch Geschichten ein. Die Bilder dazu sind sofort da, kommen aus dem Gedächtnis, ob wir wollen oder nicht. Doch von einem Ziel, einer Aussage ausgehend, zu einer Story zu kommen, sind normalerweise nur Profis gewohnt.

      Sie müssen also umdenken. Doch letztlich ist es wie im Job: Wenn Sie eine neue Staubsaugertechnologie entwickeln, gehen Sie meist auch nicht davon aus, dass Sie eine schöne Technologie entwickeln und danach schauen, wofür passt die. Ja, das gibt es auch. Doch meist haben Sie zuerst ein spezifisches Problem. Beispielsweise Tierhaare, die ständig die Rohre und Düsen verstopfen, alle bisherigen Versuche reduzierten jedoch die Saugleistung.

      Sie gehen also vom Ziel aus: Tierhaare besser saugen zu können, ohne die Saugleistung zu reduzieren oder den Staubsauger zu verstopfen.

      Wenn Sie eine Präsentation vorbereiten, wissen Sie normalerweise, an welchen Stellen Sie kritischen Gegenwind bekommen könnten. Welches Argument ist wichtig, um das Präsentationsziel zu erreichen, führt jedoch möglicherweise zu einer Diskussion oder Skepsis? Das ist oder sind die Stellen, für die Sie Geschichten brauchen.

      Oder Sie müssen hohe Aufmerksamkeit erzielen, damit eine bestimmte Botschaft nicht untergeht, sondern möglichst beachtet und gemerkt wird. Oder sie brauchen ein Werkzeug, um das Produkt oder Sie sympathisch erscheinen zu lassen und eine Verbindung zum Publikum aufzubauen. Arbeiten Sie klar heraus, wo eine Geschichte eingesetzt werden soll.

      Erzählen Sie eine Geschichte nicht, nur weil sie Ihnen gerade einfällt