Samuel de Champlain

Die Erforschung der Ostküste Nordamerikas


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Fall wäre, wenn der Boden bearbeitet würde.

      Während des Winters brach unter mehreren unserer Leute eine Krankheit aus. Sie wird Krankheit des Landes genannt, oder auch Skorbut, wie ich von gelehrten Leuten gehört habe. In den Mündern derer, die davon befallen wurden, wuchsen dicke, nutzlose und schleimige Fleischstücke (was viel Eiterbildung verursachte), die so sehr überhandnahmen, dass die Leute fast nichts zu sich nehmen konnten außer Flüssiges. Ihre Zähne hielten kaum im Kiefer und konnten mit den Fingern schmerzlos herausgezogen werden. Man schnitt ihnen das überflüssige Fleisch oft weg, wodurch sie viel Blut aus dem Mund verloren. Danach hatten sie große Schmerzen in den Armen und Beinen, die dick und hart wurden und Flecken wie von Flohstichen trugen; und sie konnten nicht gehen, weil sich die Nerven zusammenzogen. Deshalb hatten sie fast keine Kraft und litten unerträgliche Schmerzen. Sie hatten auch Schmerzen in den Nieren, im Magen und im Bauch, zusammen mit starkem Husten und kurzem Atem. Kurz, sie waren in einem solchen Zustand, dass die Mehrzahl der Kranken weder aufstehen noch sich bewegen konnte; und man konnte sie auch nicht aufrichten, ohne dass sie ohnmächtig wurden. So starben hieran von den 79, die wir waren, 35, und mehr als 20 waren dem Tod sehr nahe. Die Mehrzahl derer, die gesund blieben, klagte über einige kleinere Schmerzen und kurzen Atem. Wir konnten keine Heilmittel finden für diese Krankheiten. Einige von ihnen wurden aufgeschnitten, um die Ursache ihrer Krankheit festzustellen.

      Man fand bei vielen, dass die inneren Organe verfault waren, etwa die Lunge, die so verändert war, dass sich keine natürliche Feuchtigkeit mehr erkennen ließ; die Milz war wässrig und angeschwollen; die Leber war sehr faserig und gefleckt und hatte nicht ihre natürliche Farbe; sowohl die obere als auch die untere Hohlvene waren voller dickem, verklumptem und schwarzem Blut; die Galle war verfault. Gleichwohl fanden sich auch eine Menge Adern, sowohl im mittleren als auch im unteren Bauch, die in ziemlich gutem Zustand waren. Einigen machte man Einschnitte mit dem Rasiermesser oberhalb der Schenkel, wo die roten Flecken waren, wo dann ein schwarzes, klumpiges Blut heraus floß. Das ist, was man bei den mit dieser Krankheit angesteckten Körpern erfahren konnte.

      Unsere Chirurgen konnten sich nicht selbst behandeln, um nicht das gleiche Schicksal wie die anderen zu erleiden. Diejenigen, die krank blieben, genasen im Frühjahr, das in jenen Ländern im Mai beginnt. Das veranlasste uns zu glauben, dass es eher der Jahreszeitenwechsel war, der sie heilte, als die Medikamente, die man ihnen verordnet hatte.

      Während jenes Winters gefroren alle unsere Getränke außer dem spanischen Wein. Apfelmost wurde pfundweise ausgegeben. Dieser Verlust wurde verursacht durch den Umstand, dass das Vorratshaus keinen Keller hatte, und dass die Luft, die durch die Spalten herein kam, rauer war als diejenige außen. Wir waren genötigt, sehr schlechtes Wasser zu benutzen und geschmolzenen Schnee zu trinken, da wir weder Quellen noch Bäche hatten. Denn es war unmöglich, ans Festland zu gehen wegen der großen Eisschollen, die von Ebbe und Flut, deren Unterschied drei Faden beträgt, umhergeschoben wurden. Die Arbeit mit der Handmühle war sehr mühsam, besonders da die meisten von uns fast keine Kraft hatten; denn wir waren schlecht gebettet und hatten keine gute Heizung, weil das Eis uns am Holzbeschaffen hinderte; auch aß man nur gesalzenes Fleisch und Gemüse, was schlechtes Blut herbeiführt. Daher kamen meiner Meinung nach diese leidigen Krankheiten auf. All dieses machte den Sieur de Monts und andere in der Habitation recht unzufrieden.

      Es war nicht leicht, dieses Land zu beurteilen, ohne hier den Winter verbracht zu haben; denn wenn man im Sommer ankommt, ist alles sehr gefällig wegen der Wälder, der schönen Landschaften und des guten Fangs mehrerer Fischarten, die wir hier fanden. Der Winter in diesem Land dauert sechs Monate.

      Die Indianer, die hier wohnen, sind nicht sehr zahlreich. Während des Winters, wenn es den meisten Schnee gibt, jagen sie Elche und anderes Wild; hiervon leben sie die meiste Zeit. Und wenn der Schnee nicht tief ist, haben sie kaum genügend Jagdertrag; denn dann können sie kaum etwas erbeuten ohne große Mühe, wobei sie viel erleiden und erdulden müssen. Wenn sie nicht auf die Jagd gehen, leben sie von Schalentieren, nämlich Herzmuscheln. Im Winter tragen sie schöne Biber- und Elchpelze. Die Frauen fertigen alle Kleidung an, sind darin aber nicht so gut, dass man nicht die Haut unter den Achselhöhlen sehen würde; denn es fehlt ihnen das Geschick zu besserer Fertigung. Wenn sie auf die Jagd gehen, benutzen sie eine Art Schneeschuhe, die doppelt so groß sind wie die bei uns und die unter den Füßen befestigt werden; so gehen sie über den Schnee, ohne einzusinken, Frauen und Kinder wie auch die Männer, die den Spuren der Wildtiere folgen. Wenn sie letztere gefunden haben, folgen sie diesen, bis sie das Tier erblicken. Dann schießen sie darauf mit ihren Bogen, oder sie töten es durch Stöße mit einer an eine halbgroße Pike festgemachten Klinge. Dies ist nicht schwer, denn die Tiere können auf dem Schnee nicht laufen, ohne einzusinken. Dann kommen die Frauen und Kinder herzu, kampieren und feiern. Danach kehren sie zur Suche nach weiteren Tieren zurück, und so verbringen sie den Winter. Im folgenden Monat März kamen einige Indianer, die mit uns ihre Jagdbeute teilten, wofür wir ihnen im Tausch Brot und andere Dinge gaben. Dies ist die Weise dieser Leute, den Winter zu verbringen; ich fand dieselbe recht miserabel.

      Wir erwarteten die Ankunft unserer Schiffe zu Ende April; als sie nicht kamen, begannen alle, schlechte Vorahnungen zu haben und fürchteten, dass ihnen ein Unglück begegnet sein könnte. Deshalb beschloss der Sieur de Monts am 15. Mai, eine 15-Tonnen-Pinasse und eine andere mit sieben Tonnen auszurüsten, mit denen wir Ende Juni nach Gaspé fahren sollten und nach Schiffen suchen für die Rückkehr nach Frankreich, falls die unseren bis dahin nicht kämen. Aber Gott half uns besser, als wir erhofften. Denn am 15. Juni, während ich um etwa elf Uhr abends auf Wache war, kam in einer Schaluppe Pont-Gravé, der Kapitän eines unserer Schiffe, und informierte uns, dass sein Schiff sechs Meilen von unserer Siedlung entfernt vor Anker liege. Alle hießen ihn mit großer Freude willkommen.

      Am nächsten Tag kam das Schiff an und ankerte nahe bei unserer Wohnstätte. Pont-Gravé teilte uns mit, dass nach ihm ein anderes Schiff aus Saint-Malo käme namens Saint-Étienne, um uns Lebensmittel und Vorräte zu bringen.

      Am 17. des Monats beschloss der Sieur de Monts, einen geeigneteren Ort für eine Siedlung zu suchen, einen mit einem milderen Klima als dem unsrigen. Zu diesem Zweck ließ er die Pinasse ausrüsten, mit der er hatte nach Gaspé segeln wollen.

      KAPITEL VII

       Erkundungen an der Almouchiquois-Küste bis zum 42. Breitengrad. Und die Einzelheiten dieser Reise.

      Am 18. des Monats Juni 1605 fuhr der Sieur de Monts mit einigen Adligen, 20 Matrosen und einem Indianer namens Panounias sowie dessen Frau, die er nicht zurücklassen wollte, von der Insel Sainte-Croix ab. Wir nahmen diese Indianer mit, damit sie uns zum Land der Almouchiquois führten; denn wir hofften, mit ihrer Hilfe herauszufinden, was es mit diesem Land auf sich hat, zumal die Indianerfrau dort geboren war.