gehören nur die älteren Menschen, deren Pflegebedürftigkeit anerkannt wurde, denn sie gelten mit ihrem vorliegenden Pflegegrad gleichzeitig als behindert. Das Kriterium der Erwerbstätigkeit trifft für ältere Menschen selten zu, aus diesem Grund entfallen evtl. Ansprüche auf Teilhabeleistungen. Allerdings sprechen Gerontologen von der Lebensspanne Alter als dem »produktiven Alter«, was sich aus den zahlreichen Aktivitäten älterer Menschen herleitet, z. B. ihrem ehrenamtlichen Engagement.
In der vorliegenden Buchreihe »Altenhilfe verstehen und umsetzten« finden sich zum einen die Aufbereitung von aktuellem Wissen zur Teilhabe bei älteren Menschen und zum anderen ein Überblick über Vorgehensweisen, ihre Möglichkeiten und Grenzen der Teilhabe zu identifizieren, sie mit ihnen gemeinsam und aus einer professionellen Perspektive zu bewerten, um im Anschluss daran Interventionen zu verabreden, die den Wünschen und Zielen der älteren Menschen entsprechen. Die Verknüpfung von pflegerischem Wissen und methodischer Vorgehensweise verbindet Theorie mit pflegewissenschaftlichen Inhalten und der persönlichen Bedeutung für den einzelnen älteren Menschen.
Die Aufbereitung des aktuellen Wissens zur Teilhabe erfolgt durch eine breit angelegte Darstellung der Inhalte mit dem Ziel der Erweiterung der eigenen Fachkompetenz. Darunter können inhaltliche Fakten, Grundsätze, Grundprinzipien, aber auch Konzepte oder Theorien verstanden werden (vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, 2011). Mit dieser Basis wird es möglich, professionelle Aufgaben zu bewältigen, die sich aus den individuellen Bedürfnissen nach Teilhabe der älteren Menschen ergeben. Eine professionelle Aufgabe bewältigen bedeutet in diesem Kontext die Identifikation der Einschränkung und Potentiale der Teilhabemöglichkeiten bei der Einzelperson, die angemessene und gemeinsame Erarbeitung einer persönlichen Entscheidung unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Wünsche und Ziele der älteren Menschen und die begründete Darstellung eines pflegefachlichen Lösungsangebots. Die sich anschließende Umsetzung des Lösungsangebots, ggf. mit personeller Unterstützung anderer professioneller oder auch nicht professioneller Personen, und die Evaluation des erzielten Ergebnisses runden diesen Prozess ab (vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, 2011).
Die Orientierung am person-orientierten pflegerischen Ansatz erfordert die Verfeinerung der eigenen Methodenkompetenz im Sinne professioneller Vorgehensweisen, sich den Möglichkeiten der Teilhabe der älteren Menschen systematisch zu nähern. Sie beinhaltet die Kenntnis um ein an Systematiken oder Prinzipien orientiertes reflektiertes Handeln. Beides stellt in den Mittelpunkt, professionelle Gestaltungs-, Entscheidungs- und Handlungsoptionen unter Einbeziehung der älteren Menschen zu erkennen und zu nutzen (vgl. Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen, 2011).
Es ist zu begrüßen, dass mit dem Pflegeberufe(-reform-)gesetz im Jahr 2020 die Qualifikationserfordernisse des Deutschen Qualifikationsrahmens darin Eingang finden. Mit diesem Schritt basieren der berufliche und der hochschulische pflegerische Qualifikationserwerb aller zukünftigen Pflegenden auf einheitlichen Anforderungen, die den Dialog und die Kooperation zwischen den Absolventen beider Qualifikationswege zum Nutzen der älteren Menschen verbessern helfen.
Die dazu unterstützend eingeführten Vorbehaltstätigkeiten müssen von beruflich pflegenden Personen ausgeführt werden, die eine Berufserlaubnis, d. h. ein Examen, erworben haben (vgl. Bundesgesetzblatt Juli 2017), und umfassen:
• Die Erhebung und Feststellung des individuellen Pflegebedarfs.
• Die Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses.
• Die Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung von Qualität der Pflege (vgl. Bundesgesetzblatt Juli 2017).
Konkretisiert werden die pflegerischen Vorbehaltstätigkeiten durch die Beschreibung des zukünftigen Ausbildungsziels, das im Rahmen der Ausbildung zu erreichen sein wird, um als professionell Pflegende tätig werden zu dürfen.
Die Ausbildung soll Pflegende insbesondere im Umgang mit der sozialen bzw. gesellschaftlichen Teilhabe der älteren Menschen dazu befähigen, die Vorbehaltstätigkeiten im Detail auszuführen. Dazu gehören:
• Die Bedarfserhebung und Durchführung präventiver und gesundheitsfördernder Maßnahmen.
• Die Beratung, Anleitung und Unterstützung von älteren Menschen bei der individuellen Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit sowie bei der Erhaltung und Stärkung der eigenständigen Lebensführung und Alltagskompetenz unter Einbeziehung ihrer sozialen Bezugspersonen.
• Die Erhaltung, Wiederherstellung, Förderung, Aktivierung und Stabilisierung individueller Fähigkeiten der zu pflegenden Menschen insbesondere im Rahmen von Rehabilitationskonzepten sowie die Pflege und Betreuung bei Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten (vgl. Bundesgesetzblatt Juli 2017).
• Dies kann die Gestaltung von biografie- und lebensweltorientierten Angeboten zur Ausführung von Alltagsaktivitäten sowie das Schaffen von Gelegenheiten zur sozialen und kulturellen Teilhabe umfassen. Dabei sind die Selbstbestimmungsrechte der zu pflegenden Menschen und ihrer Bezugspersonen zu achten (vgl. Rahmenlehrplan, 2019).
Das in Zukunft zu erreichende Ausbildungsziel, welches seine Konkretisierung im sog. Rahmenlehrplan findet, orientiert sich im Bereich der Fachkompetenz an Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege, an der Befähigung älterer Menschen zu einer eigenständigen Lebensführung und zur Wiedererlangung verlorengegangener Kompetenzen durch einen Rehabilitationsprozess. Das Ziel der künftigen Ausbildung fokussiert die Gestaltung der gesellschaftlichen Teilhabe, die pflegerischen Prozesse der Ressourcen- und Kompetenzförderung, welche Förderung von Selbstständigkeit und Selbstbestimmung vorbereiten.
1 Erhebung und gemeinsame Festlegung des Bedürfnisses und des Bedarfs von Teilhabe
Eine pflegefachliche methodische Vorgehensweise ist die systematische Erhebung und gemeinsame Bewertung und Festlegung des Bedürfnisses und des Bedarfs der Teilhabe. Diese Vorgehensweise kann auch für die Festlegung einzelner Formen der Teilhabe, z. B. der sozialen oder politischen Teilhabe, übernommen werden.
Vor der Erhebung eines subjektiven Bedürfnisses oder eines individuellen Bedarfs sollten beide Begriffe definiert werden.
Bei einem subjektiven Bedürfnis der älteren Menschen handelt es sich um existenzielle und