Lore Marr-Bieger

Nordkroatien Reiseführer Michael Müller Verlag


Скачать книгу

1750 wur­de sie allerdings verlassen. Ihr heutiges Aus­sehen mit Vor­mau­ern, Aussichtstür­men und Terrassen - eine Idylle aus altem Gestein und üp­pi­gen Pflanzen - schuf der letz­te Burgbesitzer, der öster­reichische Feldmarschall Graf Laval Nu­gent von West­meath (Irland), der sie im 19. Jh. erwarb und re­no­vie­ren ließ. Zu­dem richtete er das er­s­te Museum Kro­atiens ein, das ver­schie­den­ste Kunst­werke, Aus­gra­bungs­ge­gen­stände aus Süditalien und Skulpturen be­her­berg­te. Leider wurden zahl­rei­che Ex­po­nate von seinen Erben verhökert, der klei­ne Rest wanderte ins Ar­chä­o­lo­gi­sche Museum in Zagreb. Gleich am Ein­gangs­tor prunkt ein venezianischer Lö­we, der einst ein öffentliches Ge­bäude in Koper zierte. Von der unteren Ter­rasse aus ge­langt man in ein Ge­wölbe, einst Ge­fäng­nis, heute kleine Ga­lerie, von dem aus ein nicht zu­gäng­licher Geheimgang bis zur Rječina hin­abführt. Auf der oberen Ter­ras­se be­fin­det sich das im grie­chi­schen Tempelstil er­baute Mausoleum der Familie Nu­gent, das von einem stei­ner­nen Dra­chen be­wacht wird. Im nord­öst­lichen Ge­bäu­detrakt sind die Galerie La­val und ein Café mit Terrasse unter­gebracht - der für mich lau­schig­ste Platz von Ri­jeka. Hier finden auch Kon­zerte und andere Veran­stal­tungen statt.

      Die Wallfahrtskirche der Mutter­gottes mit Schatz­kammer zählt zu den be­deu­tend­s­ten Pil­ger­stätten Kroatiens. Im be­schau­li­chen Kreuz­gang des Fran­zis­ka­ner­klos­ters erin­nern Fotos an den Be­such von Papst Jo­han­nes Paul II., der An­fang Juni 2003 eini­ge Tage hier ver­we­il­te. In Gedenken an ihn stellte man im Park vor der Kir­che 2005 seine Büste auf.

      Gehen wir weiter südwärts, über die Ul. Ivana Zajca, erreichen wir das im Stil der Re­n­aissance und des Barock ge­hal­te­ne Kroatische Nationalthea­ter der Wiener Archi­tek­ten Hel­mer und Fellner. Das Theater trägt den Namen des kroatischen Kom­po­nisten Ivan von Zajc und erlebte 1885 mit „Aida“ seine ers­te Aufführung. 1240 Zuschauer konnten in dem hübschen Saal den zahlreichen Darbietungen lauschen. Die Deckenmalerei wurde u. a. von Ernst Klimt und von Gustav Klimt, seinem Bruder, geschaffen und zeigt sechs Allegorien: Operette, Konzert, Religion, Krieg, Tanz und Liebe. Auch heute noch ist ein Theaterbesuch sehr beliebt (→ Veranstaltungen).

      Westlich des schön gestalteten Thea­ter­plat­zes steht die hübsche, grüne Markt­halle, 1914 als Stah­l­git­ter­kons­truk­tion mit hohen Glasfenstern im Stil der Wiener Sezession erbaut; die Säu­len und Reliefs an der Außenfront, die Mee­resgetier symbolisieren, fertigte der Ve­nezianer Steinmetz Urbano Bottasso. Einst nur als Fischhalle gedacht, gibt es heute auch eine kleine Fleisc­h­ab­tei­lung. In den Seitenstraßen verkaufen Blu­men-, Obst- und Gemüsehändler ihre Waren - bis mittags herrscht hier immer reges Treiben (→ Einkaufen).

      Ge­genüber der Straße die prunk­vol­le Fas­sade des Palais Modello (ebenfalls von Hel­mer und Fellner) mit Stil­ele­men­ten der Hoch­re­nais­sance und des späten Ba­rock. Heute ist der Pracht­bau Sitz der Stadtbücherei und des Kul­tur­zentrums der ita­lienischen Minderheit.

      Weiter westlich erstreckt sich der Fährhafen, einst wichtiger Terminal für die 2014 stillgelegte Küsteneilfähre. Jetzt dient er nur noch den Kata­ma­ran­ver­bindungen, auch schicke große Jach­ten ankern mittlerweile. Am Ende der 1,754 km langen Hafenmole, Molo longo genannt, liegt das alte, res­tau­rier­te Dampfschiff Uragan (es soll in Ham­burg gebaut worden sein) - von hier hat man einen guten Blick auf die ge­sam­te Breite Rijekas, samt seinen wei­ter westlich gelegenen riesigen Krä­nen und Schiffen am Hafen.

      Am Busbahnhofsplatz Trg Ža­bice steht die Kapuzinerkirche Gos­pe Lurd­s­ke (1904-1929 erbaut) mit präch­tiger, fast mo­dern anmutender Fas­sade und weiß-braun-roten Mosa­i­ken. Der un­tere Teil wurde vom Ar­chi­tek­ten Gio­van­ni Ma­ria Cureto kreiert und ist Ma­ria der Seelentrösterin ge­weiht, den obe­ren, etwas späte­ren Bau schuf Cor­ne­lius Budinis zu Ehren der Ma­donna von Lourdes.

      Östlich der Ka­pu­zi­ner­kirche steht der Prachtbau Ploech, der 1880 vom Ar­chi­tek­ten G. Zam­mat­tio­ geplant wur­de. Ploech war maß­ge­blich an der Tor­pe­do-Ent­wick­lung be­tei­ligt. Viele wei­tere alte Gebäude und Fabriken aus der Zeit ab 1786 sind zu ent­de­cken und do­ku­men­tieren den Charme al­ter Zeiten als In­dus­trie­standort (www.rijekaheritage.org).

      Westlich in Richtung Bahnhof ste­hen auf einem großen Gelände die Back­steinbauten der Eisen­bahn­ge­sell­schaft, mit Depots und ein­sti­gen Ma­nu­fak­turen. Gegenüber dem Bahnhof sind in den neu renovierten Prachtbauten die Museum für Zeitgenössische Kunst und das Stadtmuseum untergebracht (→ Museen).

Rijeka – das Kroatische Nationaltheater wurde 1885 eingeweiht

      Rijeka - das Kroatische Nationaltheater wurde 1885 eingeweiht

      Auch die alten Mühlen im Tal der Rje­čina lohnen einen Spaziergang. Ein Wan­derweg, ca. 1 Std., führt durch das fast schon mystisch wirkende Tal mit sei­nen halb verfallenen Mühlen. Ein­stieg am besten ab der Ružičeva ul. un­ter­halb der Burg Trsat, d. h. man läuft ab Titov trg die Ul. Franje Račkoga berg­an, nach ca. 250 m zweigt die schmale Ružičeva ulica hinab in den Can­yon. Man kann bis Donja Orehovice in ca. 1,5-2 Std. gehen und dann mit Bus zurück (Busse Nr. 12, 13, 14 u. 16). Es gibt entlang der schmalen Straße kei­ne Parkmöglichkeiten, außer man fährt die 6 km bis Orehovica; Wan­der­kar­te bei TIC).

      Schifffahrts- und Historisches Mu­seum (im ehemaligen Gouverneurspa­last): Das Museum dokumentiert die Ge­schich­te der kroatischen Schifffahrt und zeigt Segel­schiffs­modelle. Eine aus­ge­stell­te Schwimm­weste der Kar­pa­thia erin­nert an das Tita­nic-Schiffs­un­glück vom 14./15. April 1912. Die Kar­pathia, ein Schiff der Cunard Line, konn­te als Er­ste zu Hilfe eilen. Weitere Ex­ponate im prachtvollen Palast sind Bilder, Möbel und Waffen des 17. bis 19. Jh., eine Gedenk­samm­lung des Gei­gen­bauers Fran­je Kresnik (1869-1943) sowie Trachten aus der Um­ge­bung. Im Außengelände ist ein Lapidarium.

      ♦ Pomorski i povijesni muzej, Trg Ricarda Zanelli 1, Tel. 051/213-578, www.ppmhp.hr. Mo 9-16, Di-Sa 9-20, So 9-13 Uhr. Eintritt 20 KN, Kinder/Stud. 15 KN. Es gibt auch ein Kombi­ticket für alle Museen: Erw. 30 KN, Kinder/Stud. 10 KN, Fam. 50 KN.

      ♦ Prirodoslovni muzej, Lorenzov prolaz 1 (nord­östlich im Park), Tel. 051/553-669, www.prirodoslovni.com. Tägl. 9-20 Uhr. Eintritt 10 KN, Schüler/Stud. 5 KN. Kombiticket → oben.

      Museum für Moderne und Zeit­genössische Kunst: Seit 2017 be­her­bergt der riesige lichtdurchflutete, re­no­vierte Benčić-Palast im 1. und 2. Stock auf 1800 m2 die Kunstsammlung. Hier waren einst eine Zuckerraffinerie, dann eine Tabakfabrik untergebracht, im Zweiten Weltkrieg wurden in dem Pa­last Motoren für Autos und Schiffe ge­fertigt. In den riesigen Räum­lich­kei­ten werden Gemälde von Künstlern aus Rije­ka aus dem 19. Jh. sowie Gemälde, Zeich­nungen, Graphiken und Plastiken von internationalen Künstlern aus dem 20. und 21. Jh. gezeigt. Jährlich gibt es wech­selnde Kunst­aus­stel­lun­gen, auch eine Biennale der Ju­gend.

      Ein Kinderhaus wird ab Oktober 2020 an der Nordfront des Benčić-Pa­las­tes eingerichtet; es dient für Work­shops und Veranstaltungen.

      ♦