angewendet wurden. Künftig müssen sie das nicht, wenn sie Kredite von Dritten erwerben und verbriefen, die beim Erwerb bereits notleidend waren.[78]
Begleitet wurde der Vorschlag von Änderungsvorschlägen an der Kapitaladäquanzverordnung, welche die Kapitalkosten für Banken, die in NPL-Verbriefungen investieren, senken sollen.[79]
Um die Höhe der Eigenmittel zu senken, die Banken halten müssen, die in NPE-Verbriefungen investieren, gilt für vorrangige Tranchen von NPE-Verbriefungen, die mit einem Abschlag von mindestens 50% verkauft wurden, ein Risikogewicht von 100%.[80]
Es wird damit gerechnet, dass der Kommissionsvorschlag nun rasch vom Europäischen Parlament und Ministerrat angenommen wird.
6.1.2 Einschätzung
Die vorgeschlagenen Ausnahmen für NPL-Verbriefungen – die Berechnung des Risikoselbstbehalts und seine Einhaltung auch durch andere Akteure, sowie die Kriterien für die Kreditvergabe – widerspiegeln die Besonderheiten dieser Verbriefungen, die sich von traditionellen Verbriefungen unterscheiden. Die vorgeschlagene Lockerung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben ist akzeptabel, da sie auf vorrangige Tranchen von NPEs begrenzt ist, der Preis bereits stark korrigiert wurde. Um Kapital freizusetzen und die Kreditvergabefähigkeit der Banken entscheidend zu stärken, müssen für NPE-Verbriefungen Investoren aus dem Nicht-Bankensektor gefunden werden. Diese Finanzakteuren – etwa Hedgefonds – unterliegen keine umfangreichen Kapitalanforderungen. Die damit einhergehende Übertragung von Risiken von Bank- zu Nichtbankenbilanzen hat positive Auswirkungen auf die Kreditvergabefähigkeit der Banken und kann die Risikodiversifizierung unterstützen. Die Risiken verschwinden jedoch nicht einfach, zumal die Investoren an den Kapitalmärkten vermutlich eher in nachrangige Verbriefungstranchen investieren, die mit höheren Risiken verbunden sind. Die Aufsichtsbehörden werden daher alle Finanzstabilitätsrisiken, die mit einem solchen Risikotransfer verbunden sein könnten, genau überwachen müssen.
6.2 Ein neuer NPL-Aktionsplan der EU
Es wird damit gerechnet, dass die EU-Kommission noch vor Jahresende 2020 einen neuen NPL-Aktionsplan vorlegen wird. Nach ihrem NPL-Roundtable am 25.09.2020 hat die EU-Kommission den EU-Finanzministern am 04.11.2020 Elemente des neuen NPL-Aktionsplans präsentiert.[81] Erwartet wird eine umfassende Strategie und mehrere, sich ergänzende politische Maßnahmen.[82]
Neben der bereits erwähnten einfacheren NPL-Verbriefung will die Kommission die Qualität und Transparenz von NPL-Daten erhöhen und mit einer Empfehlung oder gar Richtlinie ausgewählte Elemente des nationalen Insolvenzrechts harmonisieren.
Ein immer wieder diskutiertes Element des neuen Aktionsplans könnte ein Netzwerk von nationalen Asset Management Companies (AMC) sein. Abzuwarten und politisch umstritten ist die Intensität des Netzwerks. Politisch wenig kontroversiell dürfte die rein technische Anbindung nationaler Bad Banks sein. Ein solches Netzwerk könnte Skalen- und Netzwerkeffekte generieren und die Effektivität der nationalen AMCs erhöhen.[83]
Durchaus kontroversieller ist die vor allem von der EZB befeuerte Diskussion darüber, dieses Netzwerk mit einer europäischen Finanzierung – etwa durch den ESM – auszustatten. Auf dieser Weise könnten sich auch die nationalen Bad Banks von finanzschwachen Euro-Staaten günstig refinanzieren. Um falsche Anreize zu vermeiden, plädiert die EZB gleichzeitig dafür, die Verfahren und Daten, die zur Bewertung der NPLs herangezogen werden, zu standardisieren. Nur Banken mit einem – laut Aufseher, also EZB – tragfähigem Geschäftsmodell dürften ihre NPLs so veräußern. Alle anderen Banken müssten sich zuerst restrukturieren. Etwaige Verluste auf EU-Ebene müssten zuerst von den nationalen Banken und/oder der nationalen Bad Bank übernommen werden.[84]
Es bleibt abzuwarten ist, ob die EU-Kommission ein solche Vorgehen im neuen NPL-Aktionsplan vorschlägt und ob dafür auf EU- oder Euro-Zonenebene ausreichend politische Unterstützung gefunden werden kann.
7 Fazit und Ausblick
Vor dem Hintergrund der politischen Bemühungen zur Reform der Währungsunion, zur Vollendung der Bankenunion und zur Überarbeitung des ESM gab es in der EU schon in den vergangenen Jahren Bemühungen, aktiver mit der NPL-Problematik umzugehen. Mit der COVID-19-Pandemie und dem dadurch erwarteten umfassenden Anstieg von NPLs ist dieser Druck nun massiv gestiegen.
Schon im Vorfeld der COVID-19-Pandemie umfassten die Bemühungen zur Überarbeitung des europäischen Regulierungsrahmens eine Vielzahl von Initiativen. In diesem Beitrag wurden die neuen prudentiellen Vorschriften und die Bemühungen zur Regulierung eines NPL-Sekundärmarktes thematisiert. Die prudentiellen Vorschriften zielen einerseits – und zwar für die gesamte EU – darauf ab, einen künftigen Aufbau neuer NPLs zu vermeiden. Für die größeren Kreditinstitute der Euro-Zone übersteigen die Erwartungen der Aufsicht (im Addendum) dabei das Niveau der allgemeinen Gesetzgebung. Andererseits – erneut nur für die größeren Kreditinstitute der Euro-Zone – überträgt die Aufsicht ihre Erwartungen auch auf den Bestand an NPL.
Inwieweit diese Bemühungen tatsächlich zu einer Reduzierung der NPL-Bestände führen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht nur befindet sich ein Großteil der NPLs eben nicht in den Bilanzen der größeren Kreditinstitute der Euro-Zone; von den hohen Erwartungen der SSM-Aufsicht sind diese Institute nicht direkt betroffen. Auch lassen strengere prudentiellen Regeln und höhere Erwartungen der Aufsicht die Kosten für das Halten von NPLs zwar ansteigen. Ohne effiziente Sekundärmarkte für NPLs dürften die mit dem Halten der NPLs verbundenen Kosten jedoch regelmäßig zu gering sein, um eine nachhaltige Veräußerung der NPL-Bestände zu erreichen.
Dringend notwendig wäre daher eine rasche Einigung zwischen dem Ministerrat und dem neu gewählten Europäischen Parlament über die Richtlinien zur Förderung der Sekundärmärke. Dabei wäre es wichtig, dass der EU-Pass für Kreditdienstleister eingeführt wird. Er senkt die bestehenden Hindernisse für den grenzüberschreitenden Zugang zum Markt für Kreditdienstleistungen und ermöglicht positive Größenvorteile auch auf den Märkten für den Kauf von NPLs. Auf diese Weise können liquide, grenzüberschreitende Sekundärmärkte für NPLs geschaffen werden. Die von der Kommission vorgesehenen kostspieligen Informations- und Berichtspflichten relativieren diese positiven Effekte jedoch. Sie sollten, wie vom Rat gefordert, reduziert werden.
Das strittige AECE-Verfahren begegnet zwar dem Problem, dass nationale Insolvenzverfahren oft ineffizient sind. Die Beseitigung dieser Ineffizienzen ist aber vorrangig eine nationale Aufgabe, da es um nationales Recht geht. AECE-Verfahren beziehen sich zudem nur auf künftige Kreditverträge und nicht auf den bestehenden NPL-Bestand. Darüber hinaus gibt es ernsthafte Zweifel, ob das AECE-Verfahren wie von der Kommission vorgeschlagen auf Art. 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) (Binnenmarktkompetenz) gestützt werden kann. Art. 352 AEUV ist die geeignete Rechtsgrundlage, setzt aber die – unwahrscheinliche – Einstimmigkeit der Mitgliedstaaten im Rat voraus.
Aufgrund dieser Unsicherheit war der Schritt der Ko-Gesetzgeber, das AECE-Verfahren vorerst aus der Richtlinie zu streichen, zu begrüßen. Nun sollte bald Einigung über die verbleibenden Teile der Richtlinie erzielt werden.
Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat die EU-Kommission vorgeschlagen, die Verbriefung von NPLs zu vereinfachen. Diese Vorschläge verdienen Unterstützung, da sie die Besonderheiten dieser Verbriefungen widerspiegeln, die sich von traditionellen Verbriefungen unterscheiden. Auch die Vergünstigungen der prudentiellen Behandlung solcher Verbriefungen sind akzeptabel, da sie sich auf vorrangige und preisreduzierte Tranchen beschränken. Nichtdestotrotz