Horst Hoffmann

Perry Rhodan 2306: Die Kristallbörse


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diesem Tag fatal geirrt hatte. »Es hat keinen Sinn, das sind sternengötterverdammte Kralasenen!«

      Und damit war jeder Gedanke an Flucht sinnlos geworden. Kralasenen, die Elitetruppe des arkonidischen Geheimdienstes! Er hätte es wissen müssen. Wer solche Summen zu bezahlen bereit war wie diese Arkoniden, konnte nicht von einer kleinen Randwelt des Imperiums stammen. Er handelte auch nicht im Auftrag eines Konzerns.

      Es waren Einkäufer des Kristallimperiums. Die geballte Macht Arkons stand hinter ihnen!

      »Zurück!«, schrie er seinen Söhnen und Tugasha zu. »Los, solange wir noch …«

      Er brach ab, als er sah, dass es keinen Zweck hatte. Seine Söhne und Tugasha waren es nicht gewohnt zu verlieren. Sie hatten bisher immer gewonnen. Doch sie hatten es auch noch nie mit Kralasenen zu tun gehabt. Nicht umsonst hieß man sie auch Bluthunde des Imperators.

      Stur kämpften sie weiter. Manchmal gelang es ihnen sogar, den einen oder anderen Treffer zu landen. Aber dafür steckten sie drei schmerzhafte Hiebe ein.

      Jorgas Etoto stieß einen weiteren Fluch aus und tat das Einzige, was ihm noch übrig blieb. In den Kampf gegen die Kralasenen konnte er sich nicht werfen, aber was war mit dem Bleichhäutigen? Der Dürre sah nicht aus wie ein Kämpfer. Dennoch schien er der Chef zu sein. Wenn er ihn kriegen konnte …

      Jorgas stürzte sich mit Gebrüll in den Nebel, der den Tisch umhüllte. Er stieß an, stolperte, rappelte sich auf und rammte seinen Kopf in die erste Gestalt, die in den schwarzen Schwaden vor ihm auftauchte, während hinter ihm seine Söhne zu Boden gingen.

      Es musste der Arkonide sein.

      Der Springer bekam seinen Hals zu fassen. Er schöpfte neue Hoffnung, als sich sein Gegner nicht wehrte. Seine Hände drückten zu. Er hörte ein Ächzen. Der Arkonide begann zu zappeln. Endlich wehrte er sich, aber das waren Reflexe, nichts anderes. Er war viel zu schwach, um gegen Jorgas bestehen zu können. Der Springer ließ seinen Hals los, bevor er erstickte, und riss ihn in die Höhe …

      … als er selbst im Nacken gepackt und brutal zurückgezerrt wurde.

      Er wirbelte herum und sah eine Faust auf sich zukommen. Im nächsten Moment explodierte die Welt für ihn. Er schrie vor Schmerzen und fühlte, wie er fiel.

      Als er dann wieder etwas erkennen konnte im sich allmählich lichtenden Nebel, sah er wieder die Faust. Sie rammte auf ihn zu. Er schloss die Augen und wartete auf den endgültigen K. o. Doch stattdessen hörte er durch die Stimmen der Kämpfenden und der Schaulustigen hindurch das Summen, das er ziemlich gut kannte – leider zu gut.

      In der nächsten Sekunde verlor er das Gefühl für seinen Körper. Er spürte nicht mehr, wie er fiel und aufschlug. Er hörte auch nichts mehr. Plötzlich war da nur noch Stille; kein Lärm, keine Schreie, kein Kampf.

      Nur denken konnte er noch. Sehr glücklich war er darüber allerdings nicht.

      3.

      Der Kämmerer

      Amanda van Veer war einsachtzig groß, brünett mit hellen Strähnchen, vollbusig und langbeinig. Mit anderen Worten: Die Terranerin hatte eine tolle Figur und sah auch für ihr in den ID-Chips angegebenes Alter von 57 Jahren verdammt gut aus. Wer nicht gerade mit der Lupe hinsah, nahm ihr diese 57 Jahre auch gern ab. Selbst dafür hatte sie sich wacker gehalten. Wer sich allerdings die Mühe machte und genauer hinschaute, schätzte sie vielleicht auf hundert. Aber wer ganz genau hinguckte, erkannte die winzigen Narben und Zeichen für ihre weit über tausend kosmetischen Eingriffe und kam ihrem tatsächlichen Alter von 187 Lenzen wahrscheinlich noch näher.

      Schönheitschirurgisch behandelt war sie auch nicht nur im Gesicht, sondern überall. Es gab keine zusammenhängenden zehn Zentimeter an ihrem Körper, an denen nicht irgendein Mediker bereits den Laser angesetzt hatte. Amanda konnte es sich leisten. Sie war eine der tausend reichsten Terranerinnen. Dass ihr Vermögen sich in erster Linie aus sieben Erbschaften und acht Scheidungen zusammensetzte, störte sie nicht. Der nächste Ehemann wartete bereits auf Myrandel II. Der Ehevertrag war aufgesetzt, mit allen wesentlichen Klauseln, die garantierten, dass sie so schnell nicht arm werden würde. Was noch kam, war reine und gewohnte Routine.

      Aber die sechs Wochen, bis es so weit war, wollte sie in vollen Zügen genießen. Und so tat sie das, was sie am zweitbesten konnte: Sie spielte.

      Es war das erste Mal, dass Amanda sich an Bord von LE-prachtvoll aufhielt. Bisher hatte sie ihre Milliarden auf der BASIS vermehrt oder verpokert, im Orbit um Stiftermann-III. Doch die BASIS hatte begonnen, sie anzuöden, sie war … so »bourgeois« geworden, fand sie und umschrieb damit nur, dass man ihre Tricks dort mittlerweile kannte. LE-prachtvoll war für sie neu, erst noch zu eroberndes Terrain. Niemand verband mit ihrem Namen irgendwelche Vorkommnisse, und so sollte der Überraschungseffekt auf ihrer Seite sein – hoffte sie jedenfalls.

      Und außerdem gab es neue Leute kennenzulernen. Wer konnte schon wissen, wie lange ihre Ehe mit Dober C. Ellayor Bestand haben würde, dem Industriekapitän und heimlichen Herrscher von Myrandel II? Dober war sagenhafte 249 Jahre alt, die man ihm auch ansah. Und irgendwann würde es keine neuen Organe mehr geben, um die alten, verbrauchten zu ersetzen.

      Schließlich und endlich übte der Reiz des doch etwas Anrüchigen seine Faszination aus, der die Sektion Spielbetrieb von LE-prachtvoll umgab. Wenn es so weiterginge mit dem galaxisweiten Run auf Hyperkristalle, war es gut vorstellbar, dass die Kasinos irgendwann ganz schlossen. Und wenn nur ein Teil von dem stimmte, was man sich in ihren Kreisen über den geheimnisvollen Kämmerer erzählte, dann sollte es sich allemal lohnen, diesen Mann kennenzulernen.

      Vielleicht war er einmal interessant für sie, spätestens in etwa … zwei, drei oder vier Jahren.

      Amanda van Veer lächelte ihre drei Mitspieler mit betörendem Aufschlag der falschen Wimpern an, als sie die Karten mischte und nach dem Einsatz fragte.

      Sie hatte es im Gefühl. Dies war ein guter Tag für sie. Es war einfach so. Und wenn sie im Spiel verlor – nun, es gab immer noch andere Möglichkeiten, ganz besonders an einem Ort wie diesem. Hier gab es mehr als einen Schatz zu heben.

      Amanda van Veer war keine Närrin. Sie kam niemals allein. Nirgendwohin.

      *

      Wer LE-prachtvoll kannte, der hatte auch vom »Kämmerer« gehört. Seit der Wiedereröffnung der Plattform nach der Übernahme durch die Organisation Taxit war diese geheimnisvolle Gestalt die oberste Instanz in der Kristallbörse und sorgte mit ihrer Börsen-Garde mit eiserner Hand für Ruhe und Ordnung. Wer dieser Mann war, das wusste niemand, was dazu geführt hatte, dass sich die abenteuerlichsten Gerüchte um ihn rankten. In Händlerkreisen wurde sogar die Ansicht geäußert, es handele sich um einen Geist, den die ebenfalls nebulösen Betreiber der Plattform erfunden hatten, um gar zu übermütige Elemente entweder einzuschüchtern oder von vornherein abzuschrecken.

      Doch wenn es ein Geist war, vermummte er sich mit einem prächtigen goldenen Cape und einer Gesichtsmaske aus weißem Porzellan. Seine Identität war nicht festzustellen, denn selbst die Stimme des Kämmerers wurde von einem Prozessor zu einer Art Maschinenstimme verfremdet, wie die »Erfahreneren« unter den Besuchern wissen wollten – Händler, die immer wieder kamen und schon oft auf LE-prachtvoll gewesen waren. Individualschwingungen schien der Geheimnisvolle auch nicht zu besitzen, oder sie waren durch ein Antiortungsfeld verfälscht. Daher glaubten nicht wenige, dass es sich beim Börsen-Kämmerer schlicht und einfach um einen Roboter handle.

      Bekannt war auch, dass der Kämmerer der Oberste Richter der Kristallbörse war und seine Urteilssprüche schnell und unbürokratisch fällte. Es gab im Streitfall weder einen Ankläger noch einen Verteidiger. Für endlose Verfahren schien man an Bord der ehemaligen Kasino-Plattform nichts übrig zu haben. Wer sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, hatte also ziemlich schlechte Karten – und das ganz besonders dann, wenn er beim »Kristallbetrug« erwischt worden war; denn dieser galt als das am schwersten wiegende Verbrechen an Bord der Börse überhaupt.

      Entsprechend düster sah für Patriarch Jorgas Etoto seine nähere Zukunft aus, als er mit seinen drei Söhnen und