Peter Griese

Perry Rhodan 1378: Geheimniswelt Cheobad


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      Ich wusste es nicht. Sicher passte dieses befremdende Arhabu-Gehabe in das Schema des Imago-Syndroms.

      »Arhabu«, sagte Rodaul leise. »Darf ich dich etwas fragen?«

      »Ich habe dir die Zusammenarbeit angeboten«, antwortete ich bewusst barsch. »Dazu gehört auch, dass wir frei und offen miteinander sprechen. Wenn du Fragen hast, dann stelle sie, denn ich werde dich auch fragen.«

      »Danke, Arhabu! Warum hast du diese beiden unwürdigen Kreaturen mitgebracht?« Er deutete auf den kleinen Attavenno und den Kartanin.

      »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, entgegnete ich kühl. Diese Kühle entsprach sogar meinen wirklichen Gefühlen. »Aber wenn du Beodu und Nai-Leng meinst, dann musst du wissen, Benguel, dass dies meine Freunde sind.«

      »Verzeih, Arhabu. Deine Freunde sind auch unsere Freunde, selbst wenn sie nicht das haben, was du hast.«

      »Was habe ich denn?«, fragte ich mit leisem Spott und mit etwas Ironie.

      »Du hast alles, Arhabu.«

      Ich gab meine Entgegnung spontan und ohne langes Überlegen. Vielleicht war es gut, dass ich die Antwort in Interkosmo formulierte, das wohl kaum jemand verstehen konnte. Ich sagte nämlich:

      »Quatsch!«

      *

      Mein Weg durch das fremde Universum Tarkan war eher von Dornenhecken gesäumt gewesen denn von Arhabu-Gläubigen oder Imago-Hörigen. Hier schien sich beides auf eine unbegreifliche Art zu vereinigen.

      Viel Zeit, um diese Zusammenhänge zu verstehen, hatte ich eigentlich nicht. Ich verstand aber sehr wohl, dass viel von dem abhing, was ich tat und sagte – oder nicht tat und nicht sagte.

      Als ich mit der DORIFER-Kapsel in dieses fremde Universum verschlagen worden war, hatte diese Odyssee begonnen. Mein bisheriger Weg hier war voller verwirrender Erkenntnisse, aber er enthielt auch einige klare Hinweise.

      Hier existierte das Hexameron. Es war gegenwärtig und doch unnahbar. Der Name allein verriet nur eins, nämlich die Zahl »Sechs« und eine »Zeiteinheit«. Aus den bisherigen Erfahrungen war leicht zu schließen, dass es sich bei der »Zeiteinheit« um »Tage« handelte. Aber auch, dass niemand »Tage« hier wörtlich nehmen durfte.

      Jemand – das Hexameron – läutete die letzten Tage ein. Das hieß, dass ein systematischer Untergang vorbereitet wurde. Tarkan war ein Universum, das kurz vor dem Ende der Kontraktion stand. Das Hexameron versuchte, daraus Kapital zu schlagen, und die Sechs-Tage-Lehre arbeitete darauf hin, den Untergang zu beschleunigen.

      Da waren viele Gedanken in meinem Kopf.

      Sie fingen bei Gesil und Eirene an und fanden kein Ende. Sie lasteten auf mir. Ich wischte sie immer wieder weg. Ich verdrängte die Gefühle, weil ich wusste, dass sie mir hinderlich waren. Trotzdem waren sie da.

      Die Kartanin. Ich war ihnen in unserem Universum, das hier Meekorah genannt wurde, begegnet. Und ich war hier auf sie gestoßen. Sie stammten aus Tarkan. Wie die Nakken oder die Zataras oder die Mamositu und die Benguel.

      Kamen die Juatafu auch von hier?

      Sie waren hier, aber das besagte wenig.

      Woher rührte das Denken, dass ich Imago war? Woher rührte das ehrfürchtige Gehabe der Benguel, die mich Arhabu nannten?

      Ich war keine Hoheit. Ich war ein Mensch mit all seinen Fehlern und seinen Fähigkeiten. Und ich war einsam.

      Irgendwann musste etwas passiert sein, was mir hier einen besonderen Status verlieh. Die ersten Auswirkungen dieser unbegreiflichen Veränderung waren kurz nach den Ereignissen auf Tuyon zu spüren gewesen, wo aus dem Juatafu-Roboter Jordan und einem Benguel in einer unverständlichen Vereinigung ein blitzähnlicher Leuchteffekt entstanden war.

      Es war eigentlich undenkbar, dass da etwas anderes eine Rolle gespielt hatte. Es war ja nichts am Ort gewesen, von ein paar bedeutungslosen Vennok einmal abgesehen.

      Mein Weg durch Hangay hatte mich durch einige gravierende Situationen geführt. Ich war ein paar Wesen dieses Universums begegnet, die ich als »kleinere Weichensteller« bezeichnete. Ren-No gehörte dazu. Das Anklam-System, in dem der Transfer eines weiteren Teiles der Galaxis Hangay vorbereitet worden war, war sicher ein Kernpunkt der Aktivitäten.

      Das Hexameron, seine tödlichen Lehren, die Hauri, die sie mit aller Kraft unterstützten, ohne die wahnsinnigen Drahtzieher zu sein, die irgendwo im verdunkelten Hintergrund ihre Fäden sponnen, das Hexameron war der Urquell des unverständlichen Übels.

      Mit LEDA und in Begleitung Beodus war ich nach dem relativ friedlichen Kontakt mit den hiesigen Kartanin von Vinau entkommen, wo die Geheimorganisation Han-Shui-Kwon aktiv geworden war. Narmon ald Tiil, der Führer dieser Gruppe, hatte mir aber auch indirekt den Weg zum Ushallu-System gewiesen.

      Hier hatte ich Talluur, die Heimatwelt der Hauri, kennengelernt. Hier hatte ich von einem Projekt, das Materiewippe genannt wurde, erfahren. Es war mir erneut deutlich geworden, dass das Hexameron versuchte, einen Teil des unermesslichen Materieverlusts auszugleichen, den die Kartanin und ihre Verbündeten im Auftrag der Zentralen Wissensautorität durchgeführt hatten und noch durchführen wollten. Halb Hangay war bereits in meinem Universum. Und die Weichen für die beiden fehlenden Viertel waren gestellt.

      Oder mehr noch. Ich besaß zwar deutliche Hinweise darauf, dass der dritte Transfer, der am 4. August 447 – oder 4034 der alten Zeitrechnung – vorgesehen war, verschoben worden sein musste, aber ich konnte mir dessen nicht absolut sicher sein.

      Ich hatte LEDA zu Ren-No geschickt, um diesen Transfer zu verhindern. Die Hauri hatten an diesem Tag irritiert reagiert. Das war der eine Hinweis gewesen. Der andere bestand darin, dass fast 5000 Raumschiffe der Benguel und der Juatafu-Roboter hier erschienen waren, denn sie hierherzulocken war LEDAS zweiter Auftrag gewesen.

      Die eigentliche Unsicherheit bestand im Materiewippen-Effekt, der besagte, dass zum gleichen Zeitpunkt Sternenmassen meines Universums nach Tarkan transferiert worden wären.

      Auf Eperum hatte ich das Rekrutierungsverfahren der Hauri kennengelernt, die überall willige Gefolgsleute für das Hexameron suchten. Mein Vorhaben, mich dort einzuschleichen, war insofern ein Erfolg gewesen, als ich Nai-Leng und einen großen Teil der Hintergründe hatte kennenlernen können.

      Ich verfluchte noch jetzt die Stunde, als später auf Talluur der Hauri Narmon ald Tiil, der Leiter der Han-Shui-Kwon, aufgetaucht war. Damit hatte mein Spiel ein jähes Ende gefunden.

      Doch hatte ich zumindest ein greifbares Resultat erzielt, eins von zweien, als ich die Kapsel LEDA auf den Weg zu Ren-No geschickt hatte. Über Talluur waren Tausende von Raumschiffen erschienen. Und das just in dem Moment, als mir und meinen Mitstreitern der Garaus drohte.

      Die Benguel und die Juatafu waren dem Ruf LEDAS gefolgt!

      Die Hauri hatten in dieser Verwirrung mein Angebot angenommen, meine Freunde und mich abziehen zu lassen, wenn ich dafür sorgen würde, dass die Schiffe ebenfalls aus dem Ushallu-System verschwanden. Die Hauri hatten mir sogar ein Raumboot für unseren Abflug von Talluur zur Verfügung gestellt, das mich nun zur benguelischen PAALINNEN gebracht hatte.

      Die letzten Auswirkungen des psionisch-kybernetischen Energiefelds im Ausbildungslager von Talluur, der Heimatwelt der Hauri, waren bei Beodu und dem Kartanin verschwunden. Mich hatte ein kleines Produkt LEDAS, der Pedas, der Psionic Energy Detector and Suppressor, geschützt.

      Da war noch der Geheimnisplanet Cheobad, der auch zu den zweiundsechzig Welten des Doppelsonnen-Systems Ushallu gehörte. Und auf diese Welt, die in einem direkten Zusammenhang mit der Materiewippe stehen musste, sollte ich mich eigentlich konzentrieren.

      Wie sollte ich aber den Benguel begegnen, die mich »Arhabu« nannten? Zweifellos gehörte auch dieses Gehabe in den Bereich des Imago-Syndroms oder der Imago-Sucht. Aber was – zum Teufel – steckte dahinter?

      »Führe den Arhabu in die Zentrale der PAALINNEN!«, forderte ich Rodaul auf. »Ich möchte zu allen Raumschiffen sprechen.«