Susan Schwartz

Perry Rhodan Neo 196: Entscheidung auf Kahalo


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komme!«, antwortete er, zusammen mit Thora verschwand er in höchster Eile.

      Belle McGraw kehrte wieder zu dem bewusstlosen John Marshall zurück, bei dem sie, abgesehen von wenigen Unterbrechungen, um zu essen, sich frisch zu machen und umzuziehen, ständig Wache hielt. Sie hatte einen Sessel mit Liegefunktion zur Verfügung gestellt bekommen, in dem sie auch schlafen konnte.

      Nach all diesen Tagen erkannte sie sich im Spiegel kaum wieder: völlig übernächtigt, mit tiefen Schatten unter den Augen, die Wangen eingefallen, die Haut grau und glanzlos. Sie hatte einiges an Gewicht eingebüßt, weil sie nicht richtig aß und kaum eine Stunde am Stück schlief. Ihr Körper fing an, sich mit Kopfschmerzen und Magengrimmen zu beschweren, doch er musste sich gedulden. Sie würde sich nicht wegrühren, bis John erwachte.

      Sie hatte ihn schon einmal verloren, und sie wusste nicht, was geschehen würde, sollte er je wieder zu sich kommen. Vielleicht war ihre gegenwärtige Wache an Marshalls Krankenbett die einzige gemeinsame Zeit, die sie jemals zugestanden bekam. Keine Minute wollte sie davon versäumen, denn noch konnte sie ihre Gefühle zulassen, ohne Angst haben zu müssen, abgewiesen zu werden.

      Julian Tifflor hatte mehrmals besorgt geäußert, nicht noch einen Patienten brauchen zu können, andererseits aber auch zugegeben, dass es von Vorteil war, wenn ständig jemand bei dem Parallelwanderer blieb. Gerade als Mutant war Marshall äußerst sensibel und konnte sicherlich die Nähe einer vertrauten Person spüren, die ihm Stabilität verlieh und ihm möglicherweise dabei half, den Weg in die bewusste Wirklichkeit zurückzufinden.

      »Das sind aufregende Tage«, sagte sie zu dem Komatösen. Sie stand auf, streckte sich und ging ein wenig auf und ab, bewegte die Arme, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen. »Die Manifestation von ANDROS beim Sedna-Nexus ist von der Wanderwelle verhindert worden, genau wie es NATHAN geplant hat, und das Geisteswesen wurde wieder nach Andromeda zurückgeschleudert. Hoffentlich für immer. Das Ganze hatte aber Folgen, vor allem für Icho Tolot, wie ich mitbekommen habe. Deshalb geht es hier manchmal zu wie im Hühnerstall. Deine Betreuerin Sud, der es bisher nicht gelungen war, zu dir durchzudringen, und die kleine Nathalie Rhodan wurden anscheinend auch in Mitleidenschaft gezogen. Sie sind nun schon eine geraume Weile hier und werden behandelt. Es geht ihnen aber schon besser, und ich denke, sie werden sich wieder komplett erholen. Und damit wird es auch für dich Zeit aufzuwachen, damit wir alles zu einem guten Abschluss bringen können.«

      Sie stellte sich an die Liege und griff nach Marshalls Hand, die sich kühl und trocken anfühlte. Bedächtig setzte sie sich wieder, ohne die Hand loszulassen. Es symbolisierte, dass sie ihn aus der Ferne, von wo auch immer sein Geist weilen mochte, zurückführen wollte. Er sollte spüren, dass ihn jemand hielt und mit sich zog.

      »Hast du gehört, John? ANDROS ist fort. Die Naht zwischen den Dimensionen ist zwar noch nicht geschlossen, dennoch gibt es Veränderungen, und diese betreffen auch dich. Ich weiß, du warst da drüben. Aber jetzt bist du wieder hier. Du bist aus deinem Fremdmaterieblock befreit, und dein Körper ist zwar noch ziemlich schwach und dünn, aber angepasst, er baut nicht mehr weiter ab. Dieser sonderbare ›psychoinduzierte Schwund‹, den Julian Tifflor bei dir diagnostiziert hat, ist nicht mehr akut und wird dir bald gar nicht mehr zu schaffen machen, sobald Perry Rhodan die Große Ruptur geschlossen hat. Dein Körper wartet auf die Rückkehr deines Geistes. Denn hier gehörst du nun mal hin. Ständig herumzuwandern ohne Ziel kann nicht dein Lebenszweck sein. Erinnerst du dich, wie vielen Mutanten du früher geholfen hast? Du wirst auch heute noch gebraucht. Hier.«

      Belle McGraw sah auf, als sie einen leichten Luftzug verspürte. »Hallo, Gucky.«

      »Hallo, Belle.« Der Mausbiber und Multimutant hob sich telekinetisch in die Höhe und schwebte an die Liege heran. »Noch immer nichts?«

      »Nein. Ich habe mir vor einer Stunde oder so eingebildet, dass seine Augenlider geflattert hätten und ein Finger zuckte, wollte deswegen schon Alarm geben – aber Fehlanzeige.«

      »Soll ich dich ablösen? Du brauchst unbedingt Erholung, sonst brichst du zusammen.«

      »Noch nicht«, lehnte sie ab. »Die Ereignisse spitzen sich überall zu, und ich bin sicher, das hat auch auf John Auswirkungen. Ich muss ihm jetzt unbedingt beistehen, damit er zurückfindet.«

      Der Ilt legte den Kopf leicht schief. »Ich kann leider wie bisher gar nichts espern«, murmelte er. »Da sind nur graue Schlieren.«

      »Weißt du Neues über Sud und Nathalie?«

      »Sud ist wieder auf dem Damm. Nathalie erholt sich ebenfalls recht schnell, ein bleibendes Trauma scheint sie nicht erlitten zu haben.« Gucky seufzte. »Leider gibt es nichts Neues von Perry. Ob er lebt oder nicht ...«

      »Zweifelst du etwa?«

      »Ich mache mir große Sorgen. Einen Einsatz dieser Art hatte er noch nie. Aber nicht nur ihm war dabei bewusst, dass er dafür einen hohen Preis zahlen muss. Er war vor seinem Aufbruch so beunruhigt, wie ich ihn selten erlebt habe, und voller Selbstzweifel. Und ich habe keinerlei Möglichkeit, ihm irgendwie behilflich zu sein. Ihn zu retten, wenn es erforderlich wird. Er ist völlig auf sich gestellt.«

      »Dir fehlt eine Ablenkung«, stellte McGraw fest.

      »Das siehst du richtig«, pflichtete Gucky ihr bei. »Momentan kann ich nur Däumchen drehen, und das macht mich halb verrückt.« Seine großen, dunklen Augen schimmerten. »Und ich kann wirklich nicht ...?«

      »Auf keinen Fall«, beteuerte McGraw. »Sonst sitze ich da und drehe Däumchen. Aber ...«, sagte sie dann, als sie seine Enttäuschung bemerkte, »... du könntest mir einen Kaffee bringen. Einen großen!«

      »Und ein Stück Kuchen dazu?«

      »Nein.«

      »Hör mal, Belle, für ihn musst du nicht ...«

      »Darum geht es nicht. Ich bringe im Moment einfach nichts runter, nicht mal einen Schokoriegel. Mein Magen ist wie zugeschnürt.« Sie zeigte ein schwaches Lächeln. »Glaub mir, auf eine solche Zwangsdiät würde ich lieber verzichten.«

      Guckys schwarze Nasenspitze zitterte. »Du wirst bald keine Energie mehr in dir haben.«

      »Noch reicht es. Also nur Kaffee, bitte.«

      »Kommt gleich!«

      Der Tag schlich dahin. Belle McGraw hatte den dritten Nachschub an Kaffee bekommen und sogar ein Sandwich gegessen. Gelegentlich ging sie auf und ab, bewegte die Muskeln und erzählte dem Komatösen dabei weiter von den aktuellen Vorgängen auf der Medostation und auf der MAGELLAN insgesamt. Die meiste Zeit aber hielt sie Marshalls Hand und forderte ihn auf, aufzuwachen.

      Als es dann geschah, hätte sie es beinahe verschlafen. Sie musste wenige Sekunden zuvor eingenickt sein, als sie einen kurzen Druck an ihrer Hand spürte und erschrocken hochfuhr.

      Ihr Blick glitt zu den Kontrollanzeigen – und sie sah wahrhaftig eine Veränderung. McGraw aktivierte sofort den Alarm, ohne Marshalls Hand loszulassen. Sie wandte sich Julian Tifflor zu, der höchstens zehn Sekunden nach dem Rufsignal hereinstürmte.

      »Er wacht auf!«, rief sie

      Der Chefarzt der MAGELLAN überprüfte die Vitalanzeigen, fühlte nach Marshalls Puls, untersuchte die Augen. »Tatsache ...«

      Die Gehirnaktivität nahm rasch zu, die Augenlider flatterten, die Hände zuckten. Die wächserne Starre im Gesicht wich, die Stirn legte sich in Falten, Marshalls Kiefer mahlten.

      »Es ist ein starker Stress für ihn«, bemerkte Tifflor. »Offensichtlich kämpft er um sein Bewusstsein, bevor es wieder abdriftet.«

      »Soll ich helfen?« Gucky war eingetroffen.

      »Kannst du feststellen, inwieweit er bei Bewusstsein ist?«, bat Tifflor. »Vielleicht können wir ihn medikamentös aufwecken, aber dazu muss er sozusagen schon hier sein.«

      Der Multimutant esperte und schüttelte dann den Kopf. »Tut mir leid, Julian. Ich bekomme keinen klaren Gedanken zu fassen. Ich empfange heftige Gefühle, aber ich kann dir nicht sagen, ob es ein Albtraum