Susan Schwartz

Perry Rhodan 3062: Zeut


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an. Der Mutant spielte eine unverzichtbare Rolle im Täuschungsmanöver – ebenso wie Rico, der Roboter und Mit-Bürgermeister von Neu-Atlantis, zugleich der Herr über Terras Technikschmiede auf dem Meeresgrund seiner Stadt.

      Ghizlane Madouni kehrte bereits ohne Umwege auf ihr Flaggschiff zurück, während Rhodan selbst ein letztes Vieraugengespräch mit Residentin Flaccu führte.

      Rhodan vertraute ihnen allen, und das war dringend nötig. Allein könnte er seinen Plan unmöglich umsetzen – er brauchte alte und neue Freunde. Eine Gemeinschaft unterschiedlicher Menschen, von denen jeder auf seine ganz eigene Art die Erde retten wollte und sich diesem Ziel als großem Ganzen unterordnete.

      »Letztlich kommt es darauf an, wie die Gelegemutter Bun-Akkbo auf all das reagieren wird«, sagte er. »Du kennst sie – was glaubst du?«

      Orfea Flaccu sah müde aus. Als sie den Kopf zu ihm drehte, zeichnete sich eine Sehne überdeutlich ab, und die Haut wirkte ausgemergelt. Rhodan wusste nur zu genau, wie es sich anfühlte, wenn das Amt und die Verantwortung drückten. Es gab Zeiten, in denen diese Last zu tragen alle Kraft erforderte. Und noch ein wenig mehr.

      »Ich war Botschafterin auf Topsid.« In ihrer Stimme lag eine Mischung aus Wehmut und Entschlossenheit. »Damals habe ich Bun-Akkbo kennengelernt. Sie ist eine vernünftige Frau – sie strebt nach Macht und will ihr Sternenreich weiter ausbreiten, aber nicht um jeden Preis. Allerdings ist sie keine Terranerin und denkt nicht wie wir ... auch wenn dein Freund Homer G. Adams mir einmal sagte, dass sie ihn an eine alte Herrscherin auf der Erde erinnere.«

      »An eine frühere Residentin?«, fragte er, merkte jedoch schon beim Aussprechen, dass die Assoziation des Wortes Herrscherin in eine andere Richtung wies.

      Flaccu schüttelte den Kopf. »Aus der prä-astronautischen Epoche – Königin Victoria von England.«

      »Oh«, machte Rhodan. Nur wenige hätten einen solchen Vergleich angestellt ... nur Fossile wie Homer und er.

      »Kannte er sie noch persönlich?«, fragte Orfea Flaccu.

      Rhodan lachte. »Nicht einmal Homer kannte sie persönlich. Sie lebte ...« Er zögerte. »... kurz vor unserer Zeit.«

      »Entschuldige. Für mich ist das alles ... lange her.«

      »Für mich genauso«, versicherte er. Sowohl seine Jugend als auch die im Verhältnis zugegebenermaßen wenigen Jahre bis zu Queen Victorias Herrschaftszeit.

      »Ich kenne die Gelegemutter von einigen Treffen«, sagte die Residentin. »Sie ist eine Topsiderin, die geradezu asketisch lebt und völlig in ihrer Aufgabe aufgeht. Das Sternengelege geht ihr über alles. Sie ist auf Ausgleich bedacht, wo immer das möglich ist. Also wo die Hegemonie ihres Reiches nicht vermindert oder gar gefährdet wird. In diesem Fall jedoch kann sie hart und kompromisslos zuschlagen.«

      »Wie ist sie an ihr Amt gekommen? Ist es vererbt?« Seltsam, dass Rhodan sich diese Frage nie gestellt hatte. Andererseits war seit seiner Ankunft in diesem Teil des Dyoversums wenig Zeit geblieben, die Dinge zu reflektieren.

      »Die Topsiderinnen wählen in jeder Herrschergeneration vier Frauen, die durch besondere Leistungen aufgefallen sind – militärisch, wissenschaftlich, politisch und in Einzelfällen sogar künstlerisch. Gerade das Letzte ist kaum bekannt, und niemand, der nicht Topsid besucht hat, könnte das erahnen – Kunst ist im Sternengelege von großer Bedeutung, aber sie findet nur im privaten Rahmen statt. Die Gelegemutter betraut diese vier Auserwählten mit entscheidenden Aufgaben, und zu gegebener Zeit adoptiert sie eine von ihnen und designiert sie zur Nachfolgerin.«

      »Wie gut kennt Bun-Akkbo die Terraner?«

      »Wir sind seit 432 Jahren hier, und wir gehen davon aus, dass die Topsider uns bereits beobachtet haben, ehe wir unsererseits von ihnen erfahren haben.«

      »Damals, über Skiaparelli«, sagte Rhodan, als wäre er dabei gewesen. Er hatte Berichte über diesen Vorfall gesehen, auch eine offizielle Ansprache von Homer G. Adams anlässlich seiner ersten Wiederwahl zum Advisor nach dieser Krise.

      Orfea Flaccu sah auf die Uhr. »Sie beobachten uns seit langer Zeit. Womöglich mischen sich seit Generationen getarnte Agentinnen unter unsere Bevölkerung. Bun-Akkbo kennt mit Sicherheit genug Hintergründe, um zu wissen, dass die Liga für das Sternengelege ein potenzielles Risiko darstellt.«

      »Und dieses Risiko ist für sie mit meiner Ankunft größer geworden.« Er lächelte. »Immerhin habe ich Baupläne für Transformbomben mitgebracht.«

      »Ob sie uns das glauben wird?«

      »Es liegt an uns. Sprich mit Rico. Ich suche Mulholland auf, und wir treffen uns in Neu-Atlantis.«

      »Wir müssen ein gutes Schauspiel liefern.«

      »Nein«, widersprach er. »Das beste.«

      Sie trennten sich, und die Maschinerie lief an. Es war heikel, und der Preis, den sie bei einem Versagen bezahlen mussten, war hoch. Was es zu gewinnen gab, wenn alles funktionierte, war jedoch noch ungleich bedeutender.

      Perry Rhodan sah der Zukunft zwar nicht gelassen, aber zuversichtlich entgegen.

      *

      »Warum hast du uns ausgerechnet hierher gebeten?«, fragte Rhodan. Nicht, dass er etwas dagegen hätte. Die Sicht war wunderschön. Wenn er etwas bereute, dann nur die Tatsache, dass keine Zeit blieb, innezuhalten. Jede verlorene Sekunde bedeutete einen Augenblick mehr Krieg und Tod.

      Rico hatte einen Gleiter geschickt, um Rhodan und Iwán/Iwa Mulholland abzuholen und nach Neu-Atlantis zu bringen, das die Azoreninseln und die Meeresflächen dazwischen umfasste. Der Autopilot hatte den Berg in der Mitte der größten Insel angesteuert und war dort oben gelandet. Der alte arkonidische Roboter hatte sie an einer hölzernen Aussichtsplattform empfangen.

      Von diesem Punkt sahen sie in die Weite eines Vulkankraters hinunter. Am tiefsten Punkt glitzerte ein See. Die Hänge waren dicht mit Büschen und Farnen bewachsen, dazwischen glänzten immer wieder Blüten, und ein wenig tiefer zogen Möwen ihre Bahn über der Wasserfläche. Ihre Schreie hallten von den Kraterwänden wider.

      Rhodan traf Rico seit seiner Ankunft im Dyoversum nicht zum ersten Mal. Atlans jahrhundertelanger Wegbegleiter gab sich das Aussehen einer idealisierten Statue mit bronzefarben-metallischer Haut, wobei seine Bewegungen ausgesprochen geschmeidig abliefen. »Im See liegt eines meiner geheimen Ausweich-Forschungszentren«, sagte Rico.

      »Du fühlst dich dort sicherer als in den Tiefen von Neu-Atlantis?«

      »Nein«, sagte Rico. »Ich habe dieses Zentrum nur errichtet, damit die Topsider es heimlich infiltrieren können.«

      »Weniger freundliche Menschen könnten anmerken«, sagte Iwán/Iwa, »dass das nach Paranoia klingt.«

      »Wie gut, dass du nicht zu ihnen gehörst.« Rico zog eine kleine Metallscheibe aus einer Tasche seiner schwarzen Anzugjacke, die geradezu perfekt saß, mit auffälligen Schulterpolstern. »Ihr solltet euch festhalten.«

      Rhodan tat, wie ihm geheißen. Das Geländer bot beste Gelegenheit. Tief unten, an einer Landzunge, die wie ein Finger in den See ragte, bewegte sich etwas – ein Mensch sprang ins Wasser. Was er wohl dachte? Ob er bewusst den Krieg ignorierte, der im All tobte, und sich weigerte, davon sein Leben bestimmen zu lassen, weil er ohnehin nichts daran ändern konnte?

      Rico drückte die Scheibe, und die hölzerne Plattform löste sich, schwebte an der Kraterwand hinab, weg vom See, an dessen Ufer sich ein schmaler Wanderweg entlangschlängelte. Der Flug verlief völlig ruhig, und Rhodan ließ bald das Geländer los. Der Luftzug dank der Bewegung tat in der brütenden Sonne gut.

      Ein kleines Wäldchen tauchte auf, hinter einem Marschland aus hohen, rötlichen Gräsern, durch das sich nur ein Trampelpfad schlängelte. Sie landeten direkt neben diesem Pfad und stiegen ab. Rico führte seine beiden Gäste in Richtung der Bäume, und bald gingen sie inmitten von kühlem, moosüberwuchertem Unterholz.

      »Hierher kommt nie jemand«, sagte der Roboter. »Bis auf die topsidischen Spione, die meine geheime