Perry Rhodan

Perry Rhodan-Paket 61: Mythos (Teil1)


Скачать книгу

nicht mal, ob ich der bin, von dem du glaubst, dass ich es bin.«

      »Du meinst, du weißt nicht, ob du Kirt bist?«

      »Es gibt nichts, was ich mit Gewissheit sagen kann.«

      Sie schwiegen einen Moment. Marli versuchte sich vorzustellen, was damals in der Milchstraße vor sich gegangen war. Sie hätte sich gewünscht, dass die Eiris sofort geholfen hätte – doch letztlich konnte sie wohl froh sein, dass es nicht schlimmer gekommen war. Die Milchstraße existierte noch – das biologische Leben hatte die Krise überstanden.

      »Kirt ... Ich will dir wirklich keine Angst machen, aber wir brauchen einen Lotsen. Gibt es denn einen?«

      »Ja. Oder nein. Ich weiß nicht.« Kirt ließ den Strohkranz aus der Halterung schweben. Das goldene Flechtrad lag auf einem winzigen Prallfeld, das Kirt steuerte. »Ich denke, Stahmon könnte einem von uns die Daten schon geben.«

      Die Antwort machte Marli Hoffnung. Atlan und Gucky würden einen Weg finden, die Daten von Stahmon zu erfahren. Am besten jagten sie Stahmon gleich ganz davon oder setzten ihn gefangen.

      Ihr kam ein anderer Gedanke. »Wenn der Unfall deine Positronik derart beschädigt hat – wäre es möglich, deinen Plasmaanteil in einen anderen Körper zu versetzen?«

      Der Posbi ließ den Strohkranz fallen. Er stürzte ein Stück, fing sich dann wieder. »Nein! Ich meine: Ja. Vielleicht. Es wäre vielleicht möglich, aber ich will nicht.«

      »Das verstehe ich«, beschwichtigte Marli. »Gibt es etwas, das wahrscheinlich ist? Von dessen Wahrheitsgehalt du ausgehst?«

      »Atlan und Gucky existieren. Das festigt mich.«

      »Sonst ist da nichts? Etwas, das auf WHEELER als gesichert gilt?«

      Kirt ließ den Strohkranz zurück nach oben schweben. »Zwei Dinge sind sehr wahrscheinlich. Dabei geht es um die Ladhonischen Scharen und um die Ermordung von Hekéner Sharoun.«

      »Sharoun wurde ermordet?«, entfuhr er Marli.

      Sie biss sich auf die Unterlippe, dachte an Atlans Mahnung, nicht auszuplaudern, aus welcher Zeit sie stammte. Überhaupt hatte Atlan sie während der Wartezeit in der Lagerhalle angehalten, so wenige Informationen wie möglich preiszugeben, wenn sie mit Kirt sprach. Sie sollte Daten sammeln, nicht verteilen.

      Zum Glück schien Kirt ihren Ausbruch nicht als Anlass zum Nachdenken zu nehmen. Er rollte unter seinen Schätzen entlang, richtete das Auge mal auf diesen, mal auf jenen Gegenstand aus. »Ja. Dieses Ereignis war wohl so einschneidend, dass sich das Datum erhalten hat. Das Attentat fand am 16. November 1572 NGZ statt.«

      Marli fröstelte. »Ich nehme an, der Vorfall hat zu weiterer Destabilisierung geführt?«

      »Das stimmt. Die Lage war prekär. Seitdem hat sich Station 43284 stärker aktiv isoliert und zurückgezogen. Stahmon hat das vorangetrieben, doch erst ab 1650 NGZ wurde es wirklich schlimm.«

      »Was ist passiert?«

      »Die Ladhonischen Scharen tauchten auf. Es ging in der Eastside los. Sie attackierten unsere Schiffe.«

      »Fragmentraumer? Posbischiffe?«

      »Ja. Jedenfalls ist das sehr wahrscheinlich. Wie ich schon sagte: Alle meine Daten sind korrumpiert. Doch diese Vorfälle sind am gesichertsten.«

      Auch ANANSI hatte bereits Daten über die Ladhonen gesammelt, und Col Tschubai hatte die Besatzung zusätzlich informiert. Für Marli waren die Ladhonischen Scharen wie die Wikinger dieser Zeit.

      »Wie genau sind die Scharen vorgegangen? Ist es richtig, dass sie Planeten erobert haben, um sie kurzfristig oder länger zu halten, Reiche zu bilden, sie wieder aufzugeben?«

      »Das ist wahrscheinlich. Sie waren und sind eine Bedrohung für viele Sternenreiche und Planeten. Auch wir wurden angegriffen. Dann war plötzlich Stahmon da, hat uns beschützt. Wir konnten den Angriff abwehren und das Ladhonenschiff zerstören. Anschließend sind wir in die Tiefe der Sonnenatmosphäre abgetaucht.«

      »Was meinst du damit, Stahmon wäre plötzlich da gewesen? Du sagtest doch, Stahmon hatte schon vorher die Zügel in der Hand.«

      »Nicht so wie ab diesem Tag. Stahmon ist nicht immer präsent gewesen. Aber ab da war er präsent. Als es zu einer weiteren Attacke kam, hat er uns gerettet. Ein terranisches Schiff flog uns an – Ladhonen hatten es gekapert. Man dachte zuerst, es wären Galaktiker gewesen. Stahmon ergriff die Initiative und täuschte die Vernichtung der Station vor. Seitdem misstrauen wir allem, was sich uns annähert.«

      »Deshalb auch uns.« Marli dachte über diese Informationen nach. Stimmten sie wirklich? Posbis waren sehr treu, wenn man ihnen half. Falls Stahmon in irgendeiner Form mitverantwortlich für Kirts Zustand war, wäre es ein Leichtes gewesen, ausgerechnet diese Daten als sicher erscheinen zu lassen, damit Kirt Stahmon Treue schuldete. Einerseits klang Kirts Geschichte logisch – andererseits war sie eben nichts weiter als das: eine Geschichte!

      Marli begann zu ahnen, wie sehr Kirt und andere betroffene Posbis unter dem Posizid litten. Die Ungewissheit konnte einen verrückt machen.

      »Das musste Stahmon tun«, sagte Kirt. »Er schießt auf jeden, der sich nähert und uns entdeckt. Zum Glück geschieht das sehr selten. Man hält uns für zerstört.«

      »Warum seid ihr auch den Galaktikern gegenüber so misstrauisch? Die Ladhonen haben ein Schiff gekapert – in Ordnung. Aber dafür konnten die Terraner nichts, oder?«

      »Die, die sich Terraner nennen«, korrigierte Kirt. Er schien nicht an Terra zu glauben. Das schmerzte Marli.

      »Kirt, Terra hat im Solsystem existiert! Es ist kein Mythos! Damals hast du das gewusst!«

      Sämtliche Lichter auf Kirts Achse erloschen. »Tut mir leid«, murmelte er. »Nicht böse sein.«

      »Ich bin nicht böse. Ich will dir helfen. Wenn du mir vertraust, kann ich dir Dinge sagen, die wahr sind. Dann kannst du falsche Daten löschen.«

      Die Lichter glommen auf. »Wirklich? Das wäre großartig!« Er hielt inne, dachte nach. »Ich weiß auch nicht, warum Stahmon derart paranoid ist. Er sagt uns immer wieder, dass die Galaktiker nur Gefahren auf die Posbis ziehen. Wie damals mit den Thoogondu. Die Hundertsonnenwelt wurde angegriffen. Stahmon will nicht mehr mit den Galaktikern verbündet sein. Er glaubt nur an uns.«

      »An das wahre Leben?« Marli schauderte.

      »Ja. An das wahre Leben. Obwohl er gerade das zerstört, wenn er Plasma entnimmt. Aber er meint, das wäre nötig, damit wir sicher sind. Ein Opfer für Ruhe und Frieden.«

      »Habt ihr nie versucht, Hilfe von außen zu rufen? Gegen Stahmon?«

      »Nein. Wen auch?« Kirt hielt unter einer Sanduhr. »Es gibt wenig Kontakt, und es kommen wenige. Das liegt nicht nur daran, dass wir uns totstellen, sondern auch an der Hyperkorrosion. Sie führt dazu, dass die Raumfahrt stark eingeschränkt wurde.«

      Auch davon hatte Marli bereits gehört. Die Hyperkorrosion sorgte dafür, dass Raumfahrt allgemein nicht mehr sonderlich beliebt war. Sie verminderte die Lebensdauer hyperphysikalischer Geräte. »Ist die Hyperkorrosion eine Folge des Weltenbrands?«, hakte sie nach.

      »Ja. Nein. Vielleicht.«

      Marli sank in sich zusammen. Am liebsten hätte sie sich hinter einer Wand in einem geheimen Raum versteckt, wie Kirt vor wenigen Minuten. Was von diesem Gespräch entsprach wirklich der Wahrheit?

      Zwischenspiel

      Vergangenheit

      Ich wusste und spürte, dass es so weit war. Wenn ich etwas sagen wollte, blieb mir wenig Zeit. Entweder brach ich mein Schweigen, oder ich ignorierte Vater-Mutters nahen Tod. »Du stirbst, Vater-Mutter. Soll ich Hilfe holen?«

      »Nein! Niemand kann mir mehr helfen. Mein Plasma ist krank.«

      »Wenn dein Plasma krank ist, ist dann nicht auch meines krank?«

      »Du bist anders als