mich im Schutz eines Parapolarisators abgeholt. In einer der Schelfhöhlen unterhalb des Prachtlaichs konnten wir unbemerkt zusteigen. Ich danke euch!«
»Gern geschehen«, drang es dumpf aus einem Akustikfeld. Hobogeys Stimme klang gelöst und locker. Ekatus brummte Unbestimmtes, Atimoss sagte kein Wort.
Sie pflügten weiter durchs Wasser. Der Sarti fühlte sich in diesem wütend schäumenden Element hörbar wohl. Er lenkte seinen Hilfskörper wie eine verrückt gewordene Schlange. Er schlüpfte zwischen Wellenbergen hindurch, glitt wie ein Geist, den nichts hindern konnte, durch die wenigen ruhigen Flecken der endlos scheinenden Wasserwüste, er nutzte Oberflächenströmungen, von deren Existenz Perry Rhodan nichts ahnte.
Sechzig bis achtzig Stundenkilometer, schätzte der Unsterbliche. Wenn die Prall- und Haftfelder nicht wären, würde mich der Wurm mit jeder Schlängelbewegung abwerfen und Dutzende Meter beiseiteschleudern.
Das Wasser schmeckte überaus salzig, seine Konsistenz war zäh. Unmengen von Schwebekörperchen wirkten wie glitschiger Sand, der über die ungeschützten Hautstellen an den Händen und an den Fußgelenken scheuerte.
»Wie weit ist es bis zum Verhüllten Kontinent?«, schrie er gegen Windböen an, die sich irgendwie am energetischen Prellbock vorbeischummelten, den Hobogey vor ihnen errichtet hatte.
»Vier bis fünf Stunden, wenn unser Freund sein Tempo beibehalten kann«, antwortete Randa Eiss ebenso lautstark. »Wir werden Baybark bei Einbruch der Dämmerung erreichen.«
»Und dann?«
»Dann improvisieren wir.«
»Warum dieser überstürzte Aufbruch? Warum wolltest du unbedingt vor der Zeit bei den Nega-Cypron eintreffen?«
»Wir wissen nicht allzu viel über Davin Abangy. Seine Ziele und die seiner Gefolgsleute sind weitgehend unbekannt. Die Nega-Cypron halten sich bedeckt über ihre Ziele. Zumindest über das, was derzeit auf Baybark vor sich geht. Ihre Vergangenheit hingegen … Nun, es ist an der Zeit, dass ich dich über sie aufkläre.«
»Hier?! Jetzt?!«
Ein Wasserberg, gute zehn Meter hoch, bauschte sich auf, fiel nach einem Augenblick seltsamer Ruhe in sich zusammen und begrub sie in rauschender Dunkelheit. Der Energieschirm Hobogeys hielt die Wassermassen von seinen Passagieren fern, doch er konnte weder die urtümliche Furcht in Perry Rhodan mildern noch die leisen Ansätze von Seekrankheit fernhalten, die sich in seinem Magen breitmachten. Als sie zurück ins Freie gelangten, für ein oder zwei Sekunden durch die Luft schwebten und schließlich schwer auf der Wasseroberfläche landeten, gewahrte er ein mächtiges Gewitter, das sich am Horizont entlud. Mehrere Blitze schossen weit verästelt aus grauen Wolken herab.
Sie steuerten direkt darauf zu.
Nein, Tarquina war nicht nur eine freundliche Welt, wie er sie sich für einen Erholungsurlaub ausgewählt hätte.
Perry Rhodan konzentrierte sich auf Randa Eiss. Erstaunt bemerkte er, dass der Exponent längst zu erzählen begonnen hatte. Ekatus Atimoss war näher herangerückt. Mithilfe seines Schmiegstuhls klammerte sich das kleine, mächtige Wesen seitlich an Hobogey fest und lauschte gespannt.
»… schon vor achthundert Jahren«, rief Randa Eiss soeben. »Es war eine schreckliche Zeit für die Cypron …«
4.
30. Dezember
Alaska Saedelaere
Er starrte auf die kahle Wand seiner Kabine. Sie spiegelte das Funkeln der Energieentladungen hinter seiner Gesichtsmaske. Geisterhafte Formen, unberechenbar, unbestimmbar, ungelenk wie er selbst.
Drei Wochen waren vergangen, in denen er sich kaum einmal aus dieser sicheren Höhle gewagt hatte.
Er hätte diese Reise nicht mitmachen sollen. Er nicht und nicht dieses … Ding.
Das Cappin-Fragment.
Er wusste nicht, ob es mit jenem identisch war, das einst Testare gewesen war, oder nur eine Imitation, ein Duplikat oder eine andere Version. Fest stand, dass es nicht Testare war, nicht mehr oder noch nicht, und dass jeder Versuch, es mental zu kontaktieren, fehlschlug. Es saß in seinem Gesicht wie ein eifersüchtiges, bösartiges Raubtier, das jeden tötete, der es in Augenschein nehmen wollte.
Es machte ihn zu einem Fremden.
Es gab 3500 Gründe, aus denen sich Alaska Saedelaere an Bord der JULES VERNE fremd fühlte. Es gab 3500 Besatzungsmitglieder. Nicht einmal Mondra schaffte es, ihn nicht zu fürchten, ihn und das Cappin-Fragment. Nicht einmal Icho Tolot konnte seinen Argwohn überspielen, den er dem Maskenträger gegenüber empfand. Umso mehr die anderen, die, die ihn nicht kannten. Für sie war er in erster Linie ein Freak.
Als Unsterblicher stand er ohnehin in Distanz zu ihnen und als Friedensfahrer noch mehr, denn diese Organisation war zwar mit Terra verbündet, aber nicht deckungsgleich. Manch einer zeigte ihm deutlich: Du hast gewählt, also lebe damit.
Alaska drehte sich zur Seite, sodass das Irrlichtern seiner Maske auf den Schrank fiel. Auf den einen Schrank, hinter dem sich etwas verbarg, was hier nichts zu suchen hatte.
Der Vektor-Helm.
Geschützt in seinem Etui.
Er wusste, dass es dazu diente, sich zu orientieren, wo andere Orientierung versagte. Und er wusste, dass es nur einen Teil der Nachtlicht-Rüstung ausmachte.
Er wusste nicht, auf welcher Technologie das alles basierte. Er kannte die Nebenwirkungen nicht, die auftreten mochten, und er wusste nicht, ob der Helm ein Danaergeschenk war oder nicht.
Denn womöglich existierte ein und derselbe Helm in dieser Zeit zweimal.
Irgendwo in Phariske-Erigon, geflüchtet vor den Dieben der LAOMARK, und hier, in seiner Kabine, aus der Zukunft mitgebracht.
Und damit bestand die Gefahr eines Zeitparadoxons, sollten sich die beiden Helme je begegnen.
Niemand vermochte zu sagen, was dann geschähe.
Alaska hatte beschlossen, dass der Helm diese Kabine unter keinen Umständen verlassen durfte. An diesem Ort konnte er keinen Schaden anrichten.
Warum aber war er dann überhaupt an Bord? Wieso hatte er ihn mitgenommen in die tiefe Vergangenheit?
Oder hatte der Vektor-Helm ihn hierher befohlen? Weil er wusste, dass er gebraucht wurde?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
Alaska Saedelaere, der Mann mit der Maske, würde den Vektor-Helm aufsetzen.
Jetzt.
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