Kurt Mahr

Perry Rhodan 904: Murcons Burg


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so!«, stieß die Schiefäugige hervor. »Lass mich ganz los! Zieh die Lappen einfach ein!«

      Der Quellmeister fuhr fort zu wimmern. Salsaparú bemühte sich, seinem Griff zu entkommen.

      »Wenn nur die verfluchte Finsternis nicht wäre!«, hörte Pankha-Skrin sie ächzen.

      Das klärte ihn darüber auf, dass das Sehvermögen der Zaphooren längst nicht so kräftig ausgebildet war wie das seine. Für ihn war es in diesem Schacht keineswegs finster. Was er sah, wirkte flach und farblos – ein Hinweis, dass es in diesem Loch nur niederfrequentes Licht gab. Salsaparús Augen waren für solcherart Licht anscheinend unempfindlich. Daher erschien es ihr finster.

      Pankha-Skrin blickte in die Tiefe. Er sah, dass sie sich dem Ende des Schachtes näherten. Inzwischen hatte Salsaparú ihr krampfhaftes Bemühen, seiner Umarmung zu entkommen, aufgegeben. Pankha-Skrin fühlte, wie sie zitterte. Das schien ein Zeichen der Furcht zu sein.

      »Wer ist Zullmaust?«, fragte der Quellmeister.

      »Zullmaust ist der König der Blinden, die in der Tiefe hausen!«, stieß die Schiefäugige hervor. »Die Blinden hassen alles, was sehen kann, und dulden keinen Fremden in ihrem Bereich.«

      »Mich werden sie dulden müssen«, antwortete Pankha-Skrin ruhig.

      »Sie sind Barbaren«, fuhr Salsaparú fort. »Ein Menschenleben bedeutet ihnen nichts. Sie töten ... was hast du gesagt?!«

      »Ich sagte: Mich werden sie dulden müssen«, wiederholte der Quellmeister.

      »Du willst dort unten ... du meinst ... du bist mit Absicht in diesen Schacht gestürzt?«

      »Das ist richtig«, antwortete Pankha-Skrin. »Ich bin nicht der Gastwirt, den ihr in mir vermutet. Aber diese Burg ist für mich von großer Wichtigkeit.«

      »Burg ...?«, wiederholte Salsaparú verständnislos.

      »Murcons Burg«, erklärte der Loower. »Ihr nennt sie das Große Gasthaus. Das Schicksal meines Volkes hängt davon ab, dass ich hier etwas finde, wonach wir seit langem suchen. Ich brauche Zeit. Ich muss unabhängig sein. Ich kann mich nicht zwischen dir und Boronzot hin und her schieben lassen. Das Dasein meines Volkes steht auf dem Spiel. Ich hoffe, du verstehst das.«

      Mit sanftem Ruck landeten die beiden auf der Sohle des Schachtes. Vor ihnen war eine breite und hohe, torbogenförmige Öffnung, die in einen breiten Gang führte. Pankha-Skrin trat durch den Torbogen. Aber sofort rief Salsaparú, die spürte, wie sich der Loower von ihr entfernte: »Geh nicht weiter! Lass mich nicht allein! Die Blinden werden uns fassen!«

      Pankha-Skrin kehrte zurück.

      »Du hast verstanden, was ich gesagt habe?«, fragte er.

      »Ja.«

      »Die Befreiung der Zaphooren aus diesem Gefängnis ist möglich«, erklärte der Quellmeister. »Aber nicht mit magischen Kräften, die irgendein Gastwirt besitzt, sondern mit Hilfe von Mitteln, die irgendwo in dieser Burg verborgen sein müssen. Ich will sie finden. Wenn mir das gelingt, erweise ich den Zaphooren ebenso wie meinem eigenen Volk einen großen Dienst.«

      Salsaparú erwiderte nichts.

      »Eines Tages werde ich wieder in die oberen Regionen zurückkehren und dir von dem Erfolg meiner Suche berichten«, sagte Pankha-Skrin. »Inzwischen leih mir das kleine Gerät, das du um den Hals trägst!«

      Salsaparú griff unwillkürlich nach dem Übersetzer und wich einen Schritt zurück.

      »Das ... das kann ich nicht!«, stieß sie hervor. »Es ist zu wertvoll!«

      »Du hast vorläufig keine Verwendung mehr dafür«, erklärte der Loower. »Ich brauche es nicht für immer. Ich werde es dir zurückgeben, sobald ich aus dem Reich der Blinden zurückkehre.«

      Zögernd löste die Schiefäugige das Band, an dem der Übersetzer befestigt war. Pankha-Skrin nahm das Gerät und barg es unter den Hautlappen des Oberkörpers.

      »Du musst jetzt zu deinen Frauen zurückkehren«, sagte er, und es befriedigte ihn, zu hören, wie das Echo seiner Worte in der Sprache der Zaphooren aus dem Übersetzer hervordrang.

      »Ja«, antwortete Salsaparú hilflos. »Wenn ich nur wüsste ...«

      »Der Schacht enthält zwei in gegenläufiger Richtung gepolte Schwerefelder«, erklärte der Loower. »Ich zeige dir, wohin du dich stellen musst.«

      Er führte die Vorsteherin zur rechten Hälfte des Schachtes hinüber. Dort geriet sie in den Einflussbereich des aufwärts gepolten Feldes und schwebte langsam in die Höhe. Pankha-Skrin hörte sie erleichtert aufatmen.

      »Vergiss nicht – ich werde eines Tages zurückkehren!«, rief er ihr nach.

      *

      Der breite Gang bot keinen Anhaltspunkt, an dem sich hätte erkennen lassen, wohin Pankha-Skrin sich wenden sollte. Der Quellmeister entschied sich für rechts. Salsaparú war längst durch den Schacht emporgeschwebt und aus seinem Blickfeld entschwunden.

      Pankha-Skrin empfand mit Erleichterung, aber auch mit gewisser Verwunderung, dass der pochende Schmerz, der seit seiner Landung in Murcons Burg von dem Skri-marton, dem Quellhäuschen in seinem Nacken, ausgegangen war, seit dem Abstieg durch den Schacht nachgelassen hatte. Er wusste nicht, ob ein kausaler Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen bestand. Aber er war dankbar dafür, dass er nunmehr sein Denken wieder ganz und gar auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren konnte.

      Der kahle, breite Gang war von beträchtlicher Länge. Es gab keine Verzweigungen, und die Wände bestanden aus nacktem Fels. Für Pankha-Skrin, dessen kurze, stämmige Beine noch nie einen längeren Marsch unternommen hatten, war der Weg beschwerlich. Er dachte mitunter an Salsaparú zurück und an die Angst, die sie bei der Vorstellung empfunden hatte, es müsse in der nächsten Sekunde ein Blinder aus dem Nichts auftauchen und ihr ans Leben wollen. Pankha-Skrin war inzwischen seit gut drei Stunden unterwegs und noch hatte er keinen einzigen der geheimnisvollen Bewohner der Unterwelt zu Gesicht bekommen.

      Endlich aber begann die Umgebung sich zu wandeln. Der Gang mündete in einen fast endlos weiten und hohen Raum, dessen Boden leicht abwärts geneigt erschien. Im Hintergrund der Halle war es düster, stellenweise sogar finster, was bedeutete, dass die Temperaturen dort wesentlich niedriger liegen mussten als im Vordergrund, da Pankha-Skrins optisches Wahrnehmungsvermögen derzeit nur im längerwelligen, thermischen Bereich des Spektrums arbeitete.

      Der düstere Hallenhintergrund zog den Quellmeister an. Es erschien ihm wichtig, zu erfahren, wohin der riesige Raum führte und ob er Geheimnisse barg, die die Finsternis verdeckte. Pankha-Skrin schritt die weite, sanft geneigte Rampe hinab. Aus der Nähe erwies sich die Dunkelheit als weniger undurchdringlich, als es von weitem den Anschein gehabt hatte. Der Quellmeister spähte in das trübe Halbdunkel. Es war ihm, als seien im Hintergrund die Umrisse großer, fremdartig geformter Gegenstände zu erkennen.

      Er wollte sich ihnen nähern, da sprach plötzlich der kleine Übersetzer an, den die Schiefäugige Salsaparú ihm geliehen hatte. Verwundert blieb Pankha-Skrin stehen. Seine Hörorgane empfingen keinen Laut. Der Übersetzer aber gab ein helles, halblautes, fiependes Geräusch von sich, das er anscheinend für das loowerische Äquivalent eines Lautes hielt, den zwar er, nicht aber Pankha-Skrin hören konnte.

      Der Quellmeister war fest entschlossen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. So rasch ihn die Beine trugen, strebte er auf die schattenhaften Umrisse zu, die er in etwa zwei- bis dreihundert Metern Entfernung erkannt zu haben glaubte.

      Da begann plötzlich der Boden zu wanken und zu zittern. Risse bildeten sich im Fels. Ein unheimliches Dröhnen drang aus dem Innern des Asteroiden. Mächtige Felsbrocken lösten sich von den Wänden und der Decke der Halle und stürzten berstend zu Boden.

      Pankha-Skrin warf sich nieder und barg den Oberteil des Körpers mit dem empfindlichen Organkranz unter den weiten und widerstandsfähigen Hautlappen. Er gab sich keiner Illusion über die Größe der Gefahr hin, in der er schwebte. Der Asteroid, auf dem Murcon