oder ähnliche Phänomene feststellen können, weil diese Auswirkungen ausschließlich hier direkt an der Barriere auftreten, aber nicht im Inneren von Andromeda. Die Lichtgeschwindigkeit ist nun mal die höchstmögliche Ausbreitungsgeschwindigkeit im Standarduniversum, und die Veränderung in der relativen Bewegung der Objekte außerhalb von Andromeda wird man im Zentrum der Galaxis erst in über fünfundsiebzigtausend Jahren wahrnehmen können. Liegen weitere Daten vor?«
»Werden noch aufbereitet«, sagte Coa.
Bi Natham Sariocc räusperte sich gelassen. »Falls ich mit meinen Überlegungen fortfahren dürfte ...«
»Ich bitte darum«, sagte Rhodan.
»Diese Beobachtungen lassen folgende Schlüsse zu.« Der Hyperphysiker warf einen Blick auf die Konsole, in die neue Daten eingespielt wurden. »Am fünfzehnten März war das Zeitfeld noch nicht vollständig geschlossen, obwohl es sich als kaum zu durchdringende Barriere erwies. Die zeitliche Differenz im Ablauf zwischen Innen und Außen war noch vergleichsweise gering oder schwankte sogar, was auch das Verhalten der Taschenuhr oder der Bordchronometer erklärt.«
Der Resident war geneigt, den Ausführungen des Wissenschaftlers zu glauben. Er hatte während des Durchbruchs ähnliche Beobachtungen gemacht.
»Spätestens am siebzehnten März, siebzehn Uhr dreiundzwanzig Minuten neun Sekunden Terrania-Standardzeit – zu diesem Zeitpunkt wurde die Verbindung mit der Relaiskette zur Milchstraße unterbrochen – war das Zeitfeld vollständig geschlossen, die Zeitbeschleunigung im Inneren von Andromeda nunmehr voll wirksam.«
»Die Barriere hätte aber auch schon früher vollständig geschlossen sein können?«
»Nur unwesentlich. Das ergeben meine Berechnungen.«
Rhodan seufzte. Und nickte.
»Wir haben mehrere Zwischenstopps eingelegt und dabei Messungen vorgenommen, die wir in eine Dreieckspeilung umsetzen konnten. Die wichtigste Schlussfolgerung, die sich daraus ergibt, ist natürlich, dass somit ein Beobachtungspunkt markiert wurde, an den wir uns herantasten können. Er liegt zwei Lichttage, zwei Lichtstunden, dreiundzwanzig Lichtminuten und neun Lichtsekunden von der Stelle des Durchbruchsversuchs am fünfzehnten März entfernt.«
»Ich verstehe«, sagte Rhodan und überschlug kurz die Entfernung. Es waren 5,44167 mal zehn hoch zehn Kilometer. »Lässt sich diese Barriere durchbrechen ... von innen oder von außen?«
Bi Natham schüttelte den Kopf. »Ein Vordringen der JOURNEE wird nur bis zur Feldgrenze möglich sein, im Sublichtflug wie auch per Hyperflug. Die temporale Barriere müssen wir uns als eine Art Wattewand vorstellen, an der der Energieaufwand exponentiell emporschnellt. Mit noch so viel Aufwand, noch so starker Beschleunigung, noch so viel Energieeinsatz ist ab einem bestimmten Punkt kein Vorankommen mehr möglich. Aber hier kommen die Syntronberechnungen!«
»Und?«
»Maßgeblich für die Gegenüberstellung sind folgende Werte. Die normale Außenzeit vom fünfzehnten März fünfzehn Uhr bis zum zwanzigsten März achtzehn Uhr zweiundvierzig Minuten und dreiundzwanzig Sekunden entsprechen insgesamt fünf Tagen, drei Stunden, zweiundvierzig Minuten und dreiundzwanzig Sekunden.«
445.343 Sekunden, überschlug Rhodan im Kopf.
»Und die relative Bordzeit der JOURNEE ...« Bi Natham Sariocc stockte. »Die Beobachtungen außerhalb von Andromeda sind zu ungenau, und die Messgeräte an Bord der JOURNEE arbeiten nicht ausreichend exakt, um den Wert genau zu bestimmen. Wir können aber immerhin eine Reduzierung der Relativbewegung von 234 Kilometern pro Sekunde auf etwa 25 erfassen... Wie gesagt, das ist nur ein Grobwert. Der Zeitbeschleunigungswert innerhalb von Andromeda liegt also bei etwa zehn. Ein exakter Wert wird sich erst in Kenntnis von Datum und Uhrzeit bei der Heimkehr in die Milchstraße ergeben.«
Falls wir jemals dorthin zurückkehren werden, dachte Rhodan. Er war wie betäubt. In Andromeda läuft die Zeit etwa zehnmal so schnell wie im restlichen Universum ab!
Drei Fragen leiteten sich daraus ab. Wie, wer und warum? Wobei die dritte wahrscheinlich die wichtigste war.
Der Resident stellte die erste. »Wie ist so etwas möglich?«
Das Schweigen sprach Bände. Niemand wusste eine Antwort darauf. Bis schließlich Tess Qumisha das Wort ergriff.
»Bei unseren Durchbruchversuchen hat weder die Hyperortung noch die Hypertastung irgendwelche konkrete Ergebnisse gebracht«, sagte sie. »Die Ortung vermochte die temporale Barriere nicht zu durchdringen, ist sozusagen an ihr abgeprallt. Die Barriere selbst ist nur äußert vage anzumessen. Ich habe erkannt, dass es dort ein hyperenergetisches Hindernis gab, Streustrahlung im ultrahochfrequenten Bereich des Spektrums, oberhalb von zehn hoch fünfzehn Kalup bis in einen nicht mehr exakt nachweisbaren Bereich hinein. Mehr aber auch nicht.«
»Und was schließt du daraus?«
»Es gibt mehrere Erklärungen«, sagte die attraktive, ganz in Schwarz gekleidete Frau. »Das als Zeitfeld umschriebene Phänomen ist wohl letztlich als eigenständiges Miniaturuniversum zu interpretieren, das vom Rest des Standarduniversums abgetrennt ist. Eine in sich geschlossene Blase als separierte Enklave von der Größe einer ganzen Galaxis!«
»Wobei es eine Feldstruktur mit ultrahochfrequenten Komponenten des hyperenergetischen Spektrums aufweist«, warf Bi Natham Sariocc ein.
»Genau!«, sagte Tess. »Wir dürfen hierbei die Möglichkeit nicht vergessen, das Zeitfeld auch im Sinne einer so genannten Pararealität zu sehen, die sich vom Rest des Standarduniversums durch den beschleunigten Zeitablauf unterscheidet.«
Ich habe eine gute Wahl getroffen, dachte Rhodan. Tess erwies sich als durchaus fähig, dem schrullig anmutenden Wissenschaftler geistig zu folgen und ihm zur Seite zu stehen.
»Eigentlich müssten wir in diesem Zusammenhang auch von der Strangeness und Strangeness-Barrieren sprechen«, sagte Bi Natham Sariocc. »Ich habe die Bordsyntronik dementsprechende Versuchsanordnungen simulieren lassen ...«
Tess schüttelte den Kopf. »Davon würde ich Abstand nehmen. Das führt erstens viel zu tief in unbewiesene Terminologien hinein, und zweitens wurde mit dem Begriff Strangeness viel zu viel Schindluder betrieben. Ich habe den Eindruck, dass dieser Begriff zurzeit bei den alteingesessenen Theoretikern als Erklärung für alles und nichts dient, und das überdies noch in sich widersprüchlich.«
»Trotz der Ergebnisse meiner Versuchsanordnungen empfinde ich deinen Einwand nicht als Zurückweisung«, sagte der Hyperphysiker.
Rhodan schluckte. Mittlerweile war es sicherlich allen Wissenschaftlern an Bord wie Schuppen von den Augen gefallen. »Wir müssen also davon ausgehen, dass die Invasoren uns technologisch weit überlegen sind. Dann sollten wir uns vielleicht mit der Frage beschäftigen ... warum gehen sie so vor?«
»Wer auch immer dafür verantwortlich ist, dahinter steht anscheinend eine gewaltige, möglicherweise eine kosmische Macht«, sagte Bi. »Und diese fremde Macht hat irgendetwas vor – etwas, das eine Menge Zeit erfordert und nicht von außen gestört werden darf. Deshalb die Beschleunigung und die Barriere.«
Es gefiel Rhodan gar nicht, aber er musste dem Hyperphysiker Recht geben. Auch wenn die Begegnung mit Kiriaade damit in weite Ferne rückte. Falls sie überhaupt jemals zustande kommen sollte. »Ist ein weiterer Durchbruchversuch sinnvoll?«
»Nein«, sagte Bi Natham Sariocc, der sich wie in seinem Element zu fühlen schien. »Ich habe alle Möglichkeiten durchgerechnet. Ein zweiter Durchbruch wird uns nicht gelingen, und wir werden auch kein einziges Schlachtschiff aus der Heimat anfordern können. Für die Überwindung der Barriere benötigten wir unendlich viel Energie, vergleichbar mit dem gegen unendlich wachsenden Energiebedarf, um ein Raumschiff auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Bis zu einem gewissen Grad kann sogar die Formel zur Zeitdilatation herangezogen werden.«
Rhodan verstand sofort. Bei der Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit verging an Bord eines Raumschiffes im Vergleich zum außen stehenden Beobachter die Zeit langsamer – da sich innerhalb des Zeitfelds von Andromeda