einer der beiden anderen: »Ihr hört doch bloß Gespenster.« Und Fellokk entspannte sich wieder.
»Vielleicht gibt es die Phantome, von denen man immer wieder hört, ja tatsächlich«, sagte jener unbehaglich, der sich erkundigt hatte, ob hier jemand sei.
Konnack gab durch eindringliche Zeichen zu verstehen, dass er von Fellokk wissen wollte, worüber sich die vier unterhielten. Doch der winkte nur ab. Er hatte keine Lust, diese banale Unterhaltung an seine Begleiter weiterzugeben.
Er war der einzige aus seiner Gruppe, der einen erbeuteten terranischen Translator bei sich trug und über einen Ohrclip eine Übersetzung der gesprochenen Worte erhielt. Diese Translatoren waren eine feine Sache, für die es bei den Dscherro keine Entsprechung gab. In der Heimat verständigte man sich in Dschett oder Glausching – oder einfach mit der Waffe, das verstand jeder.
In diesem Moment kamen Leute durch das Eingangstor.
*
Zuerst waren es zwei Terraner, die hereinkamen. Ihnen auf dem Fuß folgten jedoch weitere in kleineren und größeren Gruppen. Fellokk und seine Leute mussten zurückweichen, um verräterischen Körperkontakt zu vermeiden. Aber selbst als bereits alle Sitzbänke mit Besuchern gefüllt waren, drängten weitere Menschen herein und füllten nun sogar die seitlichen Gänge. Nur der Mittelgang blieb frei. Fellokk sprang mit Hilfe seines Antigravs einfach in die Höhe und fand Halt am Vorsprung einer Säule. Schickor und Konnack taten es ihm gleich. Und so harrten sie in dieser Haltung, jeder an einer anderen Säule hängend, aus, während sich die Halle des seltsamen Gebäudes füllte.
»He, Fellokk, was sollen wir hier eigentlich?«, fragte Schickor über Funk an.
»Ich will wissen, was hier passiert«, antwortete Fellokk. »Je mehr wir über die Terraner erfahren, desto besser bekommen wir sie in den Griff.«
Das schien selbst dem begriffsstutzigen Schickor einzuleuchten, und er verhielt sich wieder ruhig.
Endlich hatten alle Besucher ihre Plätze eingenommen. Der prunkvoll uniformierte alte Terraner erschien, begleitet von seinen vier jüngeren Assistenten, und begann mit einer Litanei in einer Sprache, die Fellokks Translator nicht übersetzte. Endlich entstand eine Pause, und durch das Eingangstor schritten feierlich zwei ungleiche Paare: ein älterer Mann und eine weißgekleidete junge Frau, danach ein junger Mann in Schwarz und eine ältere Frau.
Anders als bei den Dscherro trugen die Terraner ihr Geschlecht immer zur Schau. Das heißt, sie hielten es zwar verhüllt, doch war ihr Geschlecht jederzeit vorhanden und nicht nur zu gewissen Zeiten wie bei den Dscherro. Frauen waren an der Kleidung, der Haartracht und in der Regel vor allem auch an ihren sekundären Geschlechtsteilen in Brusthöhe zu erkennen. Eigentlich verhielt es sich mit ihnen wie mit Tieren: zwar nicht permanent brünftig, aber jederzeit zum Kopulieren bereit. Fellokk empfand bei diesen Gedanken jedoch keinen Ekel.
Der ältere männliche Terraner vertauschte den Platz mit dem jungen und zog sich mit der alten Terranerin zurück. Die beiden jungen Terraner knieten vor dem alten Prunkterraner nieder, und dieser bedachte sie mit in die Luft gezeichneten Symbolen und einem monotonen Redeschwall in der nicht übersetzbaren Sprache.
Es tat sich in der Folge wenig, und Fellokk dachte schon, dass dieses langweilige Einerlei endlos weitergehen könnte – bis es zu dem Zwischenfall kam. Konnack sagte gerade über Funk erheitert: »Von dem alten Popanz könnte unser Wischak Gullokk noch was lernen.«
Da passierte es.
Schickor verlor den Halt an seiner Säule – er entschuldigte sich im Nachhinein damit, dass sein Antigrav ausgefallen sei – und stürzte polternd in die Tiefe. Er begrub mit seiner Körpermasse drei Terraner unter sich. Einer von ihnen rührte sich danach nicht mehr. Vielleicht war er sogar tot.
Doch das kümmerte Fellokk nicht. Er nutzte das folgende Durcheinander, um die Sache endgültig zu beenden.
Während er mit einem weiten Satz in die Tiefe sprang, gab er das Kommando: »Koscha, Dscherro! Koscha!«
Vor den beiden jungen Terranern angelangt, aktivierte er seinen Neuro-Pinsel und bestrich die beiden, bis sie sich nicht mehr rührten. Er packte die weißgekleidete Frau an den kunstvoll frisierten Haaren und überließ Konnack den paralysierten Mann. So eilten sie in Riesensätzen durch die schreiende Menge dem Ausgang zu. Dort schulterte sich Fellokk die Frau, die kaum mehr als einen Rülpser wog. Im Freien angelangt, sahen sie sich vier Robotern gegenüber, die durch den Tumult in dem Gebäude angelockt worden sein mussten.
Schickor, der beide Hände frei hatte, ließ augenblicklich seinen Bogantöter sprechen. Er verpasste jedem Robot eine Granate, und dann war der Weg frei, und sie konnten ohne weitere Zwischenfälle ihren Schacht erreichen und in die Unterwelt von Terrania eintauchen.
Doch das war noch nicht alles an Widernissen. Zu allem Übel verriet ihnen die Ortung noch lange vor Erreichen der Faktordampf-Barriere – wie die Terraner das Ding nannten –, dass diese von starken terranischen Truppenkontingenten abgeriegelt war. Die Dscherro konnten es nicht wagen, ihren Weg fortzusetzen, weil höchste Ortungsgefahr bestand.
Dann stellte Fellokk jedoch Truppenbewegungen über ihren Köpfen fest. Er konnte es kaum glauben, was sein Ortungsgerät ihm verriet. Und doch war es so, dass die Terraner mit schweren Fluggefährten zum Sturm gegen das Faktorelement ansetzten.
»Das ist unsere Chance«, stellte Fellokk zufrieden fest. Er zweifelte nicht daran, dass sich die Terraner blutige Schädel holen würden, weil er wusste, wie stark die Verteidigung innerhalb der Barriere war.
Und er gab das Kommando: »Koscha, Dscherro! Koscha!«
Sie stürmten durch den unterirdischen Stollen unter der Faktordampf-Barriere durch und weiter durch das Höhlensystem des Planetenbodens von Thorrim in Richtung Burg Gousharan vorwärts.
Als sie in der Burg ankamen, war das Gemetzel mit den Terranern bereits vorüber. Über hundert Tote und fast vierhundert Gefangene wurden in die Kerker eingeliefert und leisteten jenen Terranern Gesellschaft, die bei den verschiedenen Kleinaktionen verschleppt worden waren.
Terraner 1
Als sich die Erste Terranerin nach dem Debakel im Faktorelement von Terrania-Süd bei ihm meldete, da rechnete Cistolo Khan mit gehöriger Schelte. Immerhin hatte er das Unternehmen nicht nur auf eigene Faust gestartet, sondern gegen ihren ausdrücklichen Willen.
Doch wider Erwarten war Paola Daschmagan in keiner Weise aufgebracht, nur erschüttert.
»Der Vorfall dürfte bewiesen haben, dass sich im Faktorelement tatsächlich eine ernsthafte Bedrohung für uns befindet«, sagte sie. »Du hast richtig gehandelt, Khan. Darum sanktioniere ich diese Aktion nachträglich. Ich stehe voll hinter dir. Du hast für das weitere Vorgehen alle Vollmachten. Was wirst du nun unternehmen?«
Cistolo Khan erklärte ihr seine Vorkehrungen.
Als erstes hatte er verfügt, dass ein knapp einen Kilometer breiter Gürtel rund um das Faktorelement als Pufferzone geräumt werden sollte, zu dem Zivilisten keinen Zutritt hatten. Er wusste, dass die Räumung nicht komplett erfolgt war, viele Menschen waren stur in ihren Wohnungen geblieben, und man konnte sie nicht mit Gewalt entfernen. Aber Cistolo Khan gab sich mit diesem Zwischenergebnis zufrieden; es ging nicht anders.
In diesem Sicherheitsgürtel patrouillierten ausschließlich Roboter. Außerhalb davon bildeten insgesamt 100.000 Mann einen Kesselring. Ihnen standen Gleiter und Transporter aller Größenordnungen zur Verfügung, so dass sie jederzeit ins Faktorelement vorstoßen – oder sich notfalls auch rasch zurückziehen konnten.
Schwere Geschütze waren entlang der ganzen Linie in Stellung gegangen und auf das Faktorelement gerichtet.
Auf dem Flottenraumhafen stand eine Flotte von Leichten und Schweren Kreuzern und Kreuzern der VESTA-Klasse auf Abruf bereit. Dazu kamen fünfzehn NOVA-Raumer unter dem Kommando der PAPERMOON, die im äußersten Notfall gegen das Faktorelement eingesetzt werden konnten. Khan verließ sich darauf, dass jeder unbekannte Gegner im Faktorelement allein durch die Größe der NOVA-Raumer abgeschreckt werden