vgl. etwa Borucke et al. 2013, Global Footprint Network 2013).
Nicht erneuerbare Ressourcen wie Öl und der Abbau von Mineralien oder verbautem Sand werden im Verbrauch gebunden und so zukünftigen Kreisläufen entzogen. Erneuerbare biologische Ressourcen können hingegen produktiv genutzt werden und das Überleben der Menschheit auch in Zukunft sichern. Sie gehen insbesondere durch ein kontinuierliches Nachwachsen oder eine biologische Vermehrung in die Kreisläufe immer wieder neu ein. Knappheit an Ressourcen durch umfassenden Abbau und Verschwendung ist ein eigenes umfangreiches Forschungsthema (etwa Jonsson 2019).
Es gibt Berechnungen, die diesen Verbrauch im »Earth Overshoot Day« als ökologischen Fußabdruck beschreiben. Schaubild 4 zeigt, dass die größten negativen Abdrücke einzelner Länder bereits im Februar beginnen. In den Monatsdaten ist dargestellt, wann die einzelnen Länder mehr verbrauchen, als sie regenerieren können; Industrieländer schneiden hier sehr schlecht ab.
Im Jahr 2019 war der Punkt, ab dem mehr verbraucht wurde als nachwachsen konnte, im Durchschnitt nach sieben Monaten erreicht. Die Weltbevölkerung auf der Erde lebt so, als wäre sie 1,75 Mal vorhanden. So verbraucht allein der deutsche Konsum, so wurde berechnet, bereits drei Mal den zustehenden Anteil in einem einzigen Jahr. Da diese Entwicklung exponentiell ist, wird dieser Punkt immer schneller nach vorne verschoben, er wird also immer früher erreicht. Oder anders gesagt, die Menschen haben immer weniger Zeit, diese Entwicklung überhaupt noch umzukehren, ohne die bestehende Wirtschafts- und Lebensweise komplett auf den Kopf zu stellen.
In den Berechnungen zeigt sich, dass die Menschheit seit mehreren Jahrzehnten die Biokapazität des Planeten übernutzt. Die planetaren Grenzen sind insbesondere beim Verlust biologischer Vielfalt (Artensterben), den Stickstoff- und Phosphorkreisläufen als auch im Klimawandel bereits überschritten (zu den jeweils aktuellen Daten vgl. auch Stockholm Resilience Centre 2009, eine Seite, die ständig upgedated wird).
Schaubild 4: Ab wann wird mehr verbraucht als nachwachsen kann? (Earth Overshoot Days Org (2019)).
In der Überschreitung lassen sich viele Phänomene konkret beobachten. So ist etwa die Menge an fossilen Brennstoffen begrenzt, und sie werden in gesteigerter Form immer schneller verbraucht. Die Biosphäre wird auf der anderen Seite mit den ausgestoßenen CO2-Gasen zu einem Treibhaus, das die Klimaerwärmung antreibt, was eine weitere Kette von Ereignissen wie Eisschmelze, Auftauen des Permafrostes, Steigen der Meeresspiegel und extreme Wetter- und Klimaerscheinungen auslöst (siehe Incropera 2016).
Anschaulich wird der negative Fußabdruck, wenn er auf die individuellen Haushalte umgerechnet wird:
Schaubild 5: Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland nach Sektoren (nach NDR/Bundesumweltamt, NDR-Reportage vom 28.05.2019)
Jeder Mensch kann heute seinen eigenen Fußabdruck recht genau errechnen (https://uba.co2-rechner.de/de_DE/). Interessant ist auch die Verteilung der Emissionen, wobei die Werte der Energiewirtschaft auf die anderen Bereiche – vor allem die Industrie, aber auch die Privathaushalte – umgerechnet werden müssten (siehe Schaubild 6).
An den Daten wird erkennbar, dass jedes Individuum in seinem Haushalt, durch Konsum und Mobilität, durch Ernährung und Verhalten, immer in die Ketten der Wirkungen auf die Treibhausgase und damit den Klimawandel eingeschlossen ist. Nach Liverani (2009) können die individuellen Haushalte hierbei mit etwa 35 Prozent des Ausstoßes in Verbindung gebracht werden, wovon gut 30 Prozent durch energiesparende Maßnahmen eingespart werden könnten, was die hohe Verantwortlichkeit jedes Einzelnen in der Krise betont. Zwar ist die Industrie eindeutig der Hauptverschmutzer in diesen Kreisläufen, aber sie produziert direkt oder indirekt auch die Konsumgüter für die individuellen Haushalte.
In der Natur gibt es zwar grundsätzlich Möglichkeiten, die Biomasse ständig zu erneuern, wie es die landwirtschaftliche Produktion oder die Tierzucht und Fischvermehrung zeigen, aber die Verfügbarkeit und Reinheit des Wassers, die Bodenfruchtbarkeit durch Überdüngung, die Folgen der Massentierhaltung, die Veränderung des Klimas, die Abholzung der Wälder, die Verdichtung von Flächen und Böden, die Bevölkerungszunahme und andere Faktoren mehr beeinflussen diese Entwicklung derzeit negativ. Dagegen stehen Technologien der Regeneration und einer umweltschonenden Produktion, die aber bisher den negativen Trend noch nicht umkehren konnten. Die einzelnen Indikatoren des Wandels, Belege für Fortschritte oder wachsende Herausforderungen zu finden und den Prozess in seiner Entwicklung zu modellieren, ist ein mühsamer Prozess (vgl. etwa Spangenberg 2019), der deutlich stärker gefördert werden müsste. Und dann bleibt die Frage, inwieweit aus solchen wissenschaftlichen Analysen auch Konsequenzen gezogen werden.
Schaubild 6: CO 2 -Ausstoß eines deutschen Durchschnittsbürgers (nach NDR/Bundesumweltamt, NDR-Reportage vom 28.05.2019)
Eine Schwäche des Fußabdruckansatzes ist es, dass er nicht auf alle biologischen Faktoren wie etwa Wasserverbrauch und Biodiversität passt, weil er flächenbezogen vorgeht. Ebenfalls ist es sehr problematisch, dass eine quantitative oft vor einer qualitativen Berechnung steht. So wird die monokulturelle Landwirtschaft, die Flächen intensiv bearbeitet, flächenmäßig besser gewichtet als die biologische Landwirtschaft, die aufgrund ihrer Qualität einen höheren Flächenverbrauch hat. Vor allem die nicht-biologischen Faktoren wie steigender Müll, das Verschwinden der nicht erneuerbaren Ressourcen, die Zunahme toxischer und langfristig zerstörender Substanzen in Luft, Boden und Gewässern werden ebenfalls nicht hinreichend im ökologischen Fußabdruck erfasst. Sie gehören aber zu einem negativen Fußabdruck, den ich hier aus Einfachheitsgründen als allumfassenden Begriff benutze, um all diese Effekte zu bezeichnen, ohne dass es bisher allerdings eine hinreichende wissenschaftliche Methodik zur umfassenden Berechnung gibt. Allein dies zeigt schon, wie einerseits die Darstellung dieses Phänomens an Grenzen der Komplexität stößt, dass dies aber andererseits bisher auch nicht zu einer hinreichend umfassenden Förderung weltweiter Forschungsanstrengungen und zu einer Vereinheitlichung von Mess-Standards führte. Im Grunde müsste die Wissenschaft umfassend so entwickelt werden, dass realistische Modelle der Erhebung des Ist-Zustands und der Prognose des weiteren Wandels unabhängig von den wirtschaftlichen und politischen Wunschvorstellungen in umfassender Freiheit von Forschung und Lehre erarbeitet werden. Gegenwärtig wird die Freiheit nur begrenzt gewährt, weil die Forschungsgelder fast immer mit wirtschaftlichen Wünschen verbunden sind.
Die Konstrukteure des ökologischen Fußabdrucks geben in ihren Studien solche Schwächen unumwunden zu, aber selbst das vereinfachende Modell zeigt bereits hinlänglich, dass die Menschheit weit über die verfügbare Biokapazität hinaus das Leben in der Zukunft für nachfolgende Generationen in irreversibler Weise begrenzt.
Gegenwärtig steht dabei insbesondere der Klimawandel im Vordergrund vieler Überlegungen. Dies ist durchaus berechtigt, da der Klimawandel viele weitere Faktoren grundsätzlich beeinflusst. Dennoch gibt es eine Reihe von Aspekten, die für den negativen Fußabdruck zusätzlich zu beachten sind und die ich im folgenden kurzen Überblick herausstellen will. Bei allen Aspekten wird sichtbar, dass sie nie isoliert betrachtet werden können, sondern immer in einem Zusammenhang miteinander stehen. Ich gebe hier nur einen Überblick und einige weiterführende Literaturhinweise zur möglichen Vertiefung.
Bevölkerungsdichte
Gleichzeitig mit Veränderungen in der Produktion, in der Agrarwirtschaft, in der Ausbreitung des Verkehrs, mit der Zunahme besserer Lebensbedingungen und einer höheren Mobilität begann bereits im 18. und 19. Jahrhundert eine Bevölkerungszunahme, wegen der Menschen damals eine Überbevölkerung fürchteten. Von heute