Helga Torsten

Fürstenkinder Staffel 1 – Adelsroman


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einem Empfang schon einmal vorgestellt worden war.

      Das also war Dianas zukünftiger Schwiegervater!

      Eine große Erleichterung überkam die Gräfin.

      Als jetzt Diana Hand in Hand mit dem jungen Bentloh quer über den Burghof auf sie zugelaufen kam, fing sie die beiden in ihren weitgeöffneten Armen auf.

      »Ihr habt mir ja einen schönen Schrecken eingejagt, Kinder«, sagte sie herzlich. »Aber ich verzeihe euch.« Und sie fügte hinzu: »Um ganz ehrlich zu sein: Ich sehe jetzt, daß Diana keine allzu schlechte Partie machen wird. Das ist für mich als ihre Mutter von sehr großer Wichtigkeit. Erst wenn ihr selbst einmal Kinder habt, werdet ihr mich vielleicht verstehen.«

      Diana errötete und schmiegte sich zärtlich an den Geliebten, der die Mutter seiner Braut liebenswürdig begrüßte und sie über eine kleine Rampe zum schmiedeeisernen Eingangstor hinaufgeleitete, wo der alte Bentloh die zukünftige Schwiegermutter seines Sohnes voll größter Hochachtung begrüßte.

      »Gott sei Dank«, flüsterte Jürgen seiner überglücklichen Braut zu. »Nun wird doch noch alles gut.«

      *

      Hochzeit auf Schloß Degencamp.

      Wagen auf Wagen rollt vor der großen Freitreppe vor. Eilig hinzuspringende Bedienstete öffnen die Wagentüren und helfen den erlauchten Gästen beim Aussteigen.

      Fast der gesamte Hochadel ist erschienen. Nur einige wenige haben abgesagt.

      Die Damen in hocheleganten, kostbaren Roben lassen sich von Herren im Frack oder ordensgeschmückten Offiziersuniformen die Treppe hinaufgeleiten in das Vestibül vor dem großen Marmorsaal, wo Fürst Degencamp die Honneurs macht. Perlen schimmern matt auf großzügigen Dekolletés, Brillanten, Rubine und Smaragde blitzen und funkeln.

      Lakaien in samtenen Livreen reichen Sekt und kleine Erfrischungen auf riesigen Silbertabletts herum.

      Man lacht und scherzt, begrüßt Bekannte und Verwandte. Die Damen flüstern sich gegenseitig den neuesten Klatsch zu.

      Um elf Uhr geht alles hinüber in die kleine, über und über mit Tausenden von dunkelroten Rosen geschmückte Schloßkapelle, wo die Trauung stattfindet.

      Der Prinz von Carthertown führt die in einem schneeweißen Brautkleid, dessen Saum mit Saphiren und Rubinen bestickt ist, märchenhaft schön aussehende Braut dem Fürsten zu, der sie strahlend vor Glück in Empfang nimmt.

      Der Bischof selbst nimmt die Trauung vor.

      Das feierliche Zeremoniell ist ergreifend und rührt manche der anwesenden Damen zu Tränen.

      Der kleine Prinz, den die Gäste ebenfalls zum ersten Male sehen, streut zarte Rosenknospen auf den kostbaren Teppich, über den das Brautpaar schreitet.

      Sybills Märchenaugen leuchten vor Glück. Ihre Wangen sind gerötet, die zartgeschwungenen Lippen glühen. Das fürstliche Diadem mit dem taubengroßen Rubin funkelt und strahlt in ihrem Haar. Sie ist zauberhaft schön und wunschlos glücklich.

      Vor der Kapelle wartet ein Knappe in weißen Seidenstrümpfen und schwarzer Samtlivree. Er hält einen unruhig tänzelnden, festlich geschmückten Hengst am Zaum, das Hochzeitsgeschenk des Fürsten.

      Der Fürst selbst hebt die glückstrahlende Sybill auf das Pferd und führt es zum Schloß hinüber, wo er seine überglückliche Braut wieder herunterhebt und in das Schloß geleitet, das zukünftig ihr Heim sein wird.

      An diesem Abend sind alle Räume in Schloß Degencamp erleuchtet.

      In dem großen Marmorsaal mit seinen herrlichen Fresken von Rottmayer und den riesigen Säulen und Pilastern in rotem Stuckmarmor führen die Herren die Damen zum Tanz über das aus kostbaren Edelhölzern bestehende Parkett Die riesigen Kristall-Lüster verströmen gleißende Helligkeit.

      »Von nun an wird Schloß Degencamp wieder öfter zu Gast bitten«, sagt der Fürst lächelnd zu Sybill, die in seinen starken Armen selig durch den Saal schwebt. »Wo eine so schöne Herrin waltet, finden sich die Gäste gern ein.«

      Sybill schmiegt sich scheu an den Gatten. In ihren schönen dunklen Augen schimmert Zärtlichkeit.

      »Ich danke dir«, flüstert sie so leise, daß er sie kaum versteht. »Ich danke dir für alles! Ich habe nicht gewußt, daß man so glücklich sein kann, Liebster!«

      Der Fürst druckt die geliebte Frau zärtlich an sich.

      »Dich glücklich zu machen, das wird von nun an die Hauptaufgabe meines Lebens sein«, sagt er liebevoll. Seine starken Arme umfassen sie ganz behutsam. Sie schmiegt sich fest hinein und weiß sich in ihrem Schutz unendlich geborgen und glücklich.

Cover Bleib bei uns, zärtliche Jasmine

      »Fräulein… Fräulein… mein Gott, liebes Fräulein… so warten Sie doch nur einen Augenblick!«

      Der Mann in der hellgrauen Livree des herrschaftlichen Dieners hob beschwörend die Hände gegen das junge Mädchen, mit dem er beinahe zusammengeprallt war.

      »Bei dem Wetter warten? Ich bin doch keine Selbstmörderin!«

      Des Mädchens schmale Gestalt mit dem bereits ein wenig abgetragenen Allwettermantel verhielt nun aber doch den Schritt.

      Aus der Kapuze, die eng unterm Kinn zusammengeknöpft war, lugte ein beinahe kindlich zartes Gesichtchen hervor, das von riesigen dunklen Augen beherrscht war.

      Man konnte die Farbe dieser Augen nicht angeben. Waren sie braun, waren sie schwarz wie Brombeeren, die ausgereift waren? In diesem Augenblick waren sie einfach nur dunkel und ein wenig ängstlich.

      Denn hier draußen an der breiten offenen Strommündung, die wie ein Meer erschien, peitschte der Sturm nicht nur in den wenigen hochstehenden Bäumen, sondern versuchte sogar, die spärlichen herbstfahlen Gräser zu knicken. Was hatte der Wetterbericht gesagt?

      Jasmine im Kapuzenmantel versuchte sich zu erinnern.

      Sturmflutwarnung!

      Seit Tagen tobte der Sturm an der Küste, peitschte seine Schrecken bis tief ins Land hinein. Im Hafen lagen hierher geflüchtete Schiffe aus aller Herren Länder. Und sogar zur Zeit der Ebbe stand das Wasser erschreckend hoch.

      »Gleich kann hier alles überschwemmt sein!« sagte Jasmine und versuchte, den vor ihr stehenden vor Angst keuchenden Mann beiseite zu schieben.

      »Fräulein… Fräulein… es geht um die Kinder! Haben Sie sie nicht gesehen?«

      Der Fahrer Walter Waschkewitz fuhr sich über das nicht nur vom Regen, sondern auch vom Angstschweiß überperlte Gesicht.

      Die Kinder!

      Mein Gott, wie sollte er vor seinen Chef, Michail Fürst von Bassarow, den berühmten Kunsthändler, hintreten, wenn er ohne die Kinder zurückkehrte? Michail von Bassarow, der den ererbten Fürstentitel abgelegt hatte, den seine in der russischen Revolution geflüchteten Vorfahren getragen hatten, kümmerte sich zwar gar nicht um seine beiden Kinder Christopher, genannt Stoffel, und die kleine Vronli. Wenn aber die Kinder tot waren…

      Weshalb habe ich sie nur mitgenommen? durchfuhr es den alten, treuen Waschkewitz.

      Sie haben ihm leid getan, rechtfertigte er sich dann.

      Der Stoffel und das Vronli spüren nicht sehr viel Liebe. Michail von Bassarow mag ein berühmter Antiquitätenhändler sein, er mag reich sein – aber für seine Kinder besitzt er weder Herz noch Zeit, und die Erzieherinnen wechseln sehr oft.

      Na, und wenn sie dann zu mir in die Garage kommen…

      Der Mann in der Livree schnaufte noch stärker. Ja, wenn sie mich dann bitten, mitgenommen zu werden, wer könnte dann nein sagen? Schließlich hat man ja auch ein Herz.

      Vor allem für Kinder, die keine Mutter mehr haben.