Karina Kaiser

Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman


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Linda, die gemeinsame Tochter der beiden, und deren Mann Daniel Marbach Platz genommen.

      »Wie läuft es denn in eurem Hotel?«, erkundigte sich die dreiunddreißig Jahre alte Linda. »Ist die Renovierung des Schwimmbades inzwischen abgeschlossen?«

      »Ist sie, und es ist wunderschön geworden«, antwortete Barbara. »Unsere Gäste sind jedenfalls begeistert und haben uns viel Lob gespendet. Wenn abends kein Betrieb mehr herrscht, schwimme ich oft auch noch eine Runde. Das macht jetzt richtig Spaß. Nur dein Vater erweist sich trotz des herrlichen Bades als Sportmuffel.«

      »Das stimmt überhaupt nicht«, protestierte Thorsten Ellinger. »Schwimmen zählt nun einmal nicht zu meinen Hobbys. Dafür gehe ich gerne wandern. Das ist auch Sport, und ich nutze jede freie Stunde dazu. Aber wie sieht es bei euch aus? Laufen die Geschäfte gut?«

      Daniel Marbach nickte. »Ausgezeichnet sogar. Gute Juweliergeschäfte sind so gefragt wie nie zuvor. Es war kein Fehler, dass wir im letzten Jahr einen zweiten Laden eröffnet haben. Über Mangel an solventen Kunden können wir uns jedenfalls nicht beklagen.«

      »Dann könnt ihr wirklich zufrieden sein«, stellte Barbara fest. »Ihr habt keine finanziellen Sorgen und lebt hier in einem wunderschönen großen Haus, auf dem nicht einmal eine Hypothek liegt. Mehr kann man sich wohl kaum wünschen.«

      Linda seufzte hörbar auf. »Doch, es gibt immer Wünsche. Bei uns ist es eigentlich nur einer, dafür ein unerfüllbarer. Dieses Haus ist riesig und der Garten auch. Wir haben mehr Platz, als wir brauchen. Es wäre so schön, wenn wir ein Kind hätten. Daniel ist fünfunddreißig Jahre alt. Ich bin auch nicht viel jünger. Es würde höchste Zeit für ein Kind. Aber seit dem Autounfall mit den schweren Bauchverletzungen vor fünf Jahren wissen wir, dass ich keine Kinder mehr bekommen kann. Das ist so ungerecht. Viele Leute, die gar keine Kinder wollen, setzen ungewollt Nachwuchs in die Welt. Wir hingegen, die wir uns nach einem Kind sehen, können keins haben.«

      »Das Schicksal fragt nicht nach Gerechtigkeit«, meinte Thorsten tröstend. »Aber ihr müsst trotzdem nicht kinderlos bleiben. Habt ihr schon einmal an eine Adoption gedacht? Es gibt doch immer wieder Kinder, die ihre Eltern verloren haben und eine intakte Familie brauchen.«

      »Genau darüber wollten wir mit euch heute sprechen«, gestand Daniel. »In der letzten Zeit haben wir oft an eine Adoption gedacht. Jetzt sind wir so gut wie entschlossen, demnächst einen Adoptionsantrag zu stellen. Aber wir würden gerne wissen, wie ihr dazu steht. Würde es euch wirklich nichts ausmachen, wenn ein nicht blutsverwandtes Kind zu unserer Familie gehören wird? Es wäre schlimm für uns, wenn ihr ein Adoptivkind ablehnen würdet.«

      Barbara schüttelte energisch den Kopf. »Darüber braucht ihr euch keine Gedanken zu machen. Das würden wir niemals tun. Auch ein Adoptivkind würde unser Enkelkind sein. So ein kleines Wesen kann doch nichts dafür, dass es seine Eltern verloren hat, und wird euch als seine neuen Eltern anerkennen. Wir werden immer gute Großeltern sein. Darauf könnt ihr euch verlassen.«

      Thorsten stimmte seiner Frau nickend zu. »Ihr solltet wirklich möglichst bald einen Adoptionsantrag stellen. Wir freuen uns auf ein Enkelkind, und es ist uns auch egal, ob es ein Junge oder ein Mädchen sein wird. Bei einem leiblichen Kind kann man sich schließlich auch nicht aussuchen, was man haben möchte. Aber ihr solltet schon darauf achten, dass euer Kind aus vernünftigen Verhältnissen stammt. Die Erbanlagen sind nicht zu unterschätzen. Bei einem Kind, dessen Eltern aus der Drogenszene oder einem kriminellen Umfeld stammen, hätte ich doch gewisse Bedenken. Wer weiß, welche Eigenschaften so ein Kind geerbt hat, die ihr auch mit der besten Erziehung nicht auslöschen könnt.«

      »Ich weiß gar nicht, ob man etwas über die Verhältnisse erfährt, aus der ein Adoptivkind stammt«, murmelte Linda nachdenklich. »Damit habe ich mich bisher noch nicht beschäftigt.«

      »Ein paar Informationen werdet ihr sicher bekommen können«, meinte Thorsten. »Man muss euch ja nicht unbedingt Namen und die persönlichen Werdegänge der Eltern mitteilen. Aber ein paar grundlegende Dinge werdet ihr sicher erfahren können.

      Manchmal muss man nur im richtigen Moment Fragen stellen, um Auskunft zu bekommen. Wir freuen uns jedenfalls über euren Entschluss. Vielleicht halten wir schon bald ein Baby in den Armen, das unser Enkelkind sein wird.«

      Linda strahlte ihren Mann an. Auch sie wünschte sich nichts sehnlicher, als bald ein Kind zu haben. Es musste nicht unbedingt ein neugeborenes Baby sein. Ein Kind von ein oder zwei Jahren war ihr genauso willkommen. Endlich würde sie Mutter sein können und einem kleinen elternlosen Wesen ein Leben in einer intakten Familie bieten. Das ganze Haus würde von Kinderlachen und dem Trippeln kleiner Füße erfüllt sein. Etwas Schöneres konnte Linda sich nicht vorstellen. Ihr Mann dachte offensichtlich ebenso. Er griff nach ihrer Hand und lächelte sie an. Die Vorfreude auf ein Kind war seinem Gesicht deutlich abzulesen.

      *

      Von allen Kindern war Romina freundlich aufgenommen worden. Jeder tröstete auf seine Weise das kleine Mädchen, das gerade erst seine Eltern verloren hatte. Fabio benötigte weniger Trost. Er hatte sich mit dem Bernhardiner Barri und der Dogge Anglos längst angefreundet und genoss das gemeinsame Spielen im Park. Die zahlreichen Kinderhände, die ihn zwischendurch immer wieder streichelten, machten sein Leben ebenfalls äußerst angenehm.

      Heidi fand es wunderbar, dass nun ein Mädchen in Sophienlust wohnte, das nur zwei Monate älter war als sie. Ihr kam es fast so vor, als hätte sie eine Zwillingsschwester bekommen. Allein schon deshalb wich sie Romina nicht von der Seite und machte ihr die Eingewöhnung dadurch besonders leicht.

      Wenn es abends dunkel wurde, versammelten sich Heidi, Kim und Romina regelmäßig im Wintergarten und schauten in den klaren Himmel. Kim hatte Romina den Stern gezeigt, auf dem nach seiner kindlichen Vorstellung seine Eltern jetzt wohnten. Es war ein besonders heller Stern, der auch für kleine Kinder leicht auszumachen war.

      An diesem Abend hatten sich Pünktchen und Martin Felder zu den kleineren Kindern gesellt und betrachteten gemeinsam mit ihnen den Sternenhimmel.

      »Wohnen eigentlich alle Eltern die gestorben sind, auf demselben Stern?«, wollte Romina wissen.

      »Das weiß ich nicht so genau«, erwiderte Heidi und zog die Schultern hoch. »Aber die Eltern aller Kinder von Sophienlust wohnen dort. Das ist sicher.«

      »Haben die denn dort genug Platz? So sehr groß sieht dieser Stern nicht aus. Das heißt, alle Sterne sehen nur aus wie kleine Punkte. Ein paar sind wirklich schön und sehr hell, aber eben nicht groß.«

      »Das scheint nur so, weil die Sterne so furchtbar weit weg sind«, erklärte Pünktchen. »Jeder dieser Sterne ist mindestens so groß wie unsere Erde. Die meisten sind noch viel größer. Ihr habt das doch bestimmt auch schon oft festgestellt. Je weiter etwas entfernt ist, umso kleiner erscheint es. Erst wenn man näher herankommt sieht man, dass diese Dinge gar nicht so klein sind, wie sie vorher ausgesehen haben. Und diese Sterne sind alle unvorstellbar weit weg.«

      »Ich weiß, wie ist das«, meldete Kim sich zu Wort. »Ich mal war mit Tante Isi auf Flughafen. Wir haben abgeholt Onkel Alexander. Wenn wir hier sehen Flugzeuge am Himmel, sie sehen aus ganz klein. Sind wie kleines Spielzeug. Aber auf Flughafen ich dann habe gesehen Flugzeuge auf Boden, direkt draußen vor Fenster. Waren ganz riesig. Ich ja auch bin gekommen mit Flugzeug nach Deutschland. Aber ich nicht mehr weiß, wie war das. Ich vergessen habe, wie groß sind Flugzeuge. Erst mit Tante Isi auf Flughafen ich habe richtig gemerkt, dass die sind riesig.«

      Kim versuchte, mit seinen Armen eine gewaltige Spanne anzudeuten, und Martin bestätigte ihn. »Das ist richtig. In der Luft kann man die Größe von Flugzeugen nicht einschätzen. Erst wenn sie am Boden sind, kann man das richtig erkennen. So ist es mit den Sternen auch. Das heißt, sie bleiben immer weit weg. Auf der Erde hätten sie gar keinen Platz.«

      Romina machte sich große Gedanken um ihre Eltern. »Wie können sich unsere Eltern denn miteinander unterhalten? Kims Eltern kommen aus Vietnam und sprechen eine andere Sprache. Sie können doch gar nicht verstehen, wenn meine oder Heidis Eltern ihnen etwas sagen wollen.«

      »Doch, das können sie«, widersprach Pünktchen. »Weißt du, auf diesem Stern