erkundigte sich Traudel.
»Bitte, Frau Bruckner, sagen Sie Mona zu mir.«
»Das mache ich, Kindchen«, antwortete Traudel.
»Was die Kräuter betrifft, bisher habe ich die für meine Maske von einem Biohof in der Nähe von Augsburg bezogen, weil ich dort in der Nähe in einem Kosmetikstudio gearbeitet habe. Mir wäre es aber lieber, ich könnte sie hier vor Ort bekommen.«
»Was brauchen Sie denn?«
»Fenchel, Wacholderbeeren, Nessel, Farn und noch einige andere Pflanzen.«
»Ehrlich gesagt, ich sammle meine Kräuter auch nicht alle selbst. Die mir fehlen, die hole ich vom Biohof Kastner.«
»Wo genau finde ich den Hof?«
»Sie fahren am Sternwolkensee vorbei in Richtung Norden, nach dem Tannenwäldchen rechts den Feldweg entlang, der führt direkt zum Hof.«
»Danke, Frau Bruckner, ich denke, ich werde mir den Hof gleich heute einmal ansehen.«
»Dann grüßen Sie Jonas recht schön von mir, ihm gehört der Hof.«
»Das will ich gern tun.«
»Die riecht aber gut, was ist das?«, fragte Traudel, als ihr der Duft der Gesichtscreme in die Nase zog.
»Olive und Aprikose«, antwortete Mona.
»Auch selbst hergestellt?«
»Im Gegensatz zu Simone vertraue ich gern auf das, was die Natur uns anbietet.«
»Bleiben Sie dabei«, bestärkte Traudel die junge Frau. »Darf ich Sie fragen, warum es Sie ausgerechnet nach Bergmoosbach verschlagen hat?«
»Meine Großeltern wohnen im Nachbartal, und seitdem meine Eltern vor drei Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen sind, haben sie nur noch mich. Sie haben sich gewünscht, dass ich näher bei ihnen wohne, deshalb habe ich mich gleich hier beworben, als ich Simones Anzeige las. Einen Freund, auf den ich Rücksicht nehmen muss, habe ich zurzeit ja nicht.«
»Lange wird so ein hübsches Madl nicht allein bleiben, schon gar nicht bei uns. In Bergmoosbach herrscht ein günstiges Klima für die Liebe«, erklärte Traudel mit einem geheimnisvollen Lächeln.
»Ich habe es nicht so eilig mit der Liebe, aber wenn sie anklopft, dann nehme ich sie an. Kann ich noch etwas für Sie tun, Frau Bruckner?«, fragte Mona, nachdem sie mit der Gesichtspflege für Traudel fertig war.
»Mei, ich fühle mich gerade so entspannt, ich möchte schon gern noch ein bissel bleiben. Vielleicht eine Maniküre?«
»Sehr gern«, antwortete Mona mit einem freundlichen Lächeln.
*
Mona fuhr gleich nach Feierabend mit dem Fahrrad zum Kastnerhof. Als sie die Kleewiese erreichte, auf der die braun gefleckten Kühe weideten, stieg sie von ihrem Rad und schob es den letzten Teil des Weges. Das Herz wurde ihr ganz weit, als sie die Kälbchen sah, die behütet von ihren Müttern auf der Wiese lagen. Es war ihr auch eine Freude, das große Gehege mit der Sandkuhle, den Wassertümpeln und dem offenen Stall zu sehen, auf dem die Schweine des Biohofes zusammen mit den Hühnern lebten und sich offensichtlich wohlfühlten.
Das Haus mit den angebauten Stallungen lag inmitten eines großflächigen Blumen- und Kräutergarten. Unten weiß verputzt, der erste Stock und das Dachgeschoss mit dunklem Holz verkleidet und die Balkons mit bunt bepflanzten Blumenkästen geschmückt. Ein junger Mann, groß, mit hellblondem Haar, in Jeans und Gummistiefeln, kam gerade aus der Tür, als Mona ihr Fahrrad neben einem Blumenbeet im Hof abstellte.
»Hallo, zu wem möchten Sie?«, fragte er.
»Ich suche Jonas Kastner. Traudel Bruckner meinte, er könnte mir helfen.«
»Bei was denn?«
»Es geht um Kräuter.« Sie zuckte zusammen, als der Mann näherkam und sie mit seinen grünen Augen anschaute.
»Jonas Kastner«, stellte er sich vor und reichte ihr die Hand. »Und Sie sind?«, fragte er, als sie ihn nur anschaute und nichts sagte, weil sie plötzlich kein Wort mehr herausbrachte.
»Mona Wagner«, antwortete sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte.
»Welche Kräuter brauchen Sie?«, erkundigte sich Jonas und ließ ihre Hand wieder los.
»Ich habe sie aufgeschrieben.« Sie holte den Zettel aus ihrer Umhängetasche, auf dem sie notiert hatte, wieviel sie von jedem Kraut im Laufe eines Monats brauchte.
»Interessante Mischung, was haben Sie denn damit vor?«, fragte Jonas erstaunt, nachdem er den Zettel überflogen hatte.
»Ich arbeite im Kosmetiksalon Simone. Ich stelle meine eigenen Gesichtsmasken, Peelings und Cremes her.«
»Das ist sicher mächtig viel Arbeit.«
»Ich habe inzwischen Routine im Mixen und Anrühren.«
»Alles klar, wie möchten Sie die Kräuter haben? Schon zerkleinert oder im Bund?«
»Je kleiner, desto besser.«
»Das sind meine Preise«, sagte Jonas und notierte neben jeden einzelnen Posten auf ihrem Zettel, wie viel ein Kilo des jeweiligen Krautes kostete.
»Einverstanden.« Die Preise entsprachen ungefähr denen, die sie bisher bezahlt hatte. »Wäre es möglich, dass ich die erste Lieferung schon morgen bekomme? 300 Gramm von jedem Posten.«
»Kein Problem, ich könnte Ihnen die Bestellung morgen Abend bringen.«
»Das wäre großartig. Ich wohne zurzeit im Appartementhaus des Hotels Sonnenblick.«
»Mixen Sie dort Ihre Kosmetik?«
»Nein, dafür gibt es eine Küche im Kosmetiksalon«, antwortete sie lächelnd. »Ich soll Sie übrigens von Traudel Bruckner grüßen. Sie hat mich zu Ihnen geschickt.«
»Haben Sie sie mit Ihren Fähigkeiten überzeugt?«
»Wenn Sie von mir wissen wollen, ob sie sich von mir behandeln lässt, dann kann ich nicht darauf antworten. Als Kosmetikerin muss ich verschwiegen sein. Keine Frau möchte, dass das Geheimnis Ihrer Schönheit ans Tageslicht kommt.«
»Natürlich«, antwortete Jonas.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte sie, als er sie mit einem verträumten Lächeln betrachtete.
»Könnte es sein, dass wir uns schon einmal begegnet sind?«
»Ich glaube nicht. Gibt es hier auch einen Hofladen?«, fragte Mona, weil sie seinem Blick nicht länger standhalten konnte.
»Dienstags und freitags bauen wir im Hof unsere Stände mit Eiern, Käse, Obst und Gemüse auf. Kommen Sie doch einfach mal vorbei, dann können Sie sehen, was es bei uns alles gibt. Jetzt muss ich leider auf die Weide.«
»Das heißt, der Hof gehört Ihnen und Ihrer Frau.«
»Meiner Frau?«
»Sie sagten doch, was es bei uns alles gibt.«
»Damit meinte ich meine Schwester, ich bin nicht verheiratet.«
»Wird Ihre Schwester meine Kräuter zusammenstellen?«
»Nein, das mache ich selbst. Eleonore kümmert sich um die Aufzucht und die Ernte, ich um die Weiterverarbeitung. Sie leidet seit einiger Zeit an einer Sehschwäche und traut sich die Auslese nicht mehr allein zu. Wenn ich morgen Abend gegen sieben Uhr bei Ihnen bin, ist das für Sie in Ordnung?«
»Sieben Uhr ist eine gute Zeit.«
»Dann bis morgen«, verabschiedete sich Jonas und gab ihr wieder die Hand.
»Bis morgen«, sagte sie und schaute ihm noch eine Weile nach, bevor sie auf ihr Rad stieg.
»Wer ist das?«, murmelte Eleonore, die in der gemütlichen Bauernküche vor der Anrichte stand und eine Salatgurke raspelte. Die