durch das Fenster einfallende Licht.
Es war ihr zu einer lieben Gewohnheit geworden, die Asche ihrer verstorbenen Männer zu Diamanten einzuschmelzen. Nur Peter war ihr entwischt. Mathilde seufzte und ließ die Goldkette mit dem Anhänger, der nur noch aus der Fassung zu einem großen Brillanten bestand, Peter war ein Hüne gewesen, zwischen ihren Fingern pendeln.
Ob sie noch einmal heiraten würde?
Mathilde setzte sich mit einer Tasse Darjeeling First Blossom in ihren geliebten Lehnstuhl, das Schmuckkästchen auf ihrem Schoß, und gedachte voll Liebe ihrer Verstorbenen.
Erich, der Naturbursche, kam mit roten Wangen und leuchtenden Augen von seinem Spaziergang im Lainzer Tiergarten zurück. Das Jutesäckchen voller Bärlauch. »Das gibt eine wunderbare Suppe.«
Mathilde lächelte. Ihr Mann konnte sich so kindlich freuen. »Bist du sicher, dass keine Blätter von Herbstzeitlosen dabei sind?«
»Geh Mathilde, auf meine Botanikkenntnisse kannst du vertrauen.«
»Und der Fuchsbandwurm?«
»Wird bei 80 Grad abgetötet.«
Während Erich in den Supermarkt fuhr, um die fehlenden Zutaten – Schlagobers und Baguette – zu besorgen, ging Mathilde aus dem Haus über die Wiese zum Waldrand, wo die Herbstzeitlosen standen. Sie schnitt einige Blätter ab und eilte damit zurück in die Küche. Vorsichtshalber wollte sie sie mit den Bärlauchblättern vergleichen, ob Erich nicht doch ein Fehler unterlaufen war.
Als er zurückkam, hatte sie die Bärlauchblätter schon fein gehackt.
»Mmh«, sagte Erich, »ich hab schon einen Mordsappetit.« Er deckte den Tisch. Bald stand die cremig-schaumige Suppe darauf. Mathilde servierte einen Suppenteller wieder ab.
»Isst du denn nichts?«
»Ich habe heute meinen Fasttag.«
Erich schaute bestürzt. »Hättest mir doch was gesagt, dann hätt’ ich die Suppe morgen gemacht.«
»Frisch schmeckt Bärlauch am besten und ich mach mir nicht so viel draus.«
»Wie konsequent du bist«, sagte Erich bewundernd und blickte ein wenig bekümmert auf seinen Bauch. Hätte der gute Erich nur auch gefastet! Dann könnten sie auch heute noch gemeinsam speisen.
Im Bioptat waren Spuren vom Gift der Herbstzeitlose enthalten. Dabei hatte sie die Blätter so sorgfältig geprüft.
Wie ein Gruß aus einer fernen Welt, in der Otto schon länger als Erich weilte, erschien ihr die Spinne, die sich an einem Faden von der Zimmerdecke über ihrem Lehnstuhl herabließ.
Otto hatte an Arachnophobie gelitten. Immer war es Mathilde gewesen, die Spinnen entfernte, wenn sie in seinem Umfeld auftauchten. Das war ihm zwar peinlich, aber Mathilde hatte ihn gerne vor seinen Ekelwesen beschützt, war er doch der großzügigste Mann gewesen, den sich eine Frau wünschen konnte. »Meine Kreditkarte ist auch deine.«
Ach, hätte sie ihn doch zu einer Desensibilisierungstherapie überredet. Aber so war alles, was ihr von ihm geblieben war, ein großer Batzen schnödes Geld und diese wunderschöne Brosche.
Dass diese südrussische Tarantel aber auch ausgerechnet in ihrer Datscha im Seewinkel auftauchen musste, als Otto im Weinkeller war. Und dass er am Abend davor seine Herzmedikamente nicht gefunden hatte, obwohl er so sicher gewesen war, sie eingepackt zu haben. Ihren Vorschlag, eine diensthabende Apotheke aufzusuchen, lehnte er ab. »Ach, einmal keine Tablette wird mir schon nicht den Garaus machen!« Mathilde fand ihn dann im Weinkeller zusammengekrümmt am Boden. Der Arzt konstatierte Herzinfarkt.
Das Haus im Seewinkel hatte Mathilde verkauft, nur Ottos roten Ferrari behalten.
Heinrich, der Kunstsinnige. Heinrich, der Sammler. Mathilde steckte sich die Ohrringe an, um in ihrer Erinnerung nun auch mit Heinrich in Verbindung treten zu können.
Wie oft war sie mit ihm durch die Galerien und Museen gestreift. Kaum eine Ausstellung hatte er ausgelassen.
Heute zierten die Bilder, die er gekauft oder ersteigert hatte, die Wände ihres Heimes. Hätte ihr Otto nicht so viel Barschaft hinterlassen, wäre sie nicht in der Lage, die Versicherungssummen zu bezahlen.
Wenn er nur nicht zu jeder Auktion gerast wäre. Dieser schreckliche Unfall. Die Radmuttern hatten sich gelöst. Der Werkstatt, in der Heinrich immer die Reifen wechseln ließ, hatte man natürlich nichts nachweisen können.
Und schließlich Peter. Er war ein passionierter Bergsteiger gewesen. Mathilde sah sich wieder auf dem Felsensteig. Hinter ihr Peter, der mehr Gewicht zu stemmen hatte, leicht schnaubend. Auf dem Grat rasteten sie. Peter packte das Fernglas aus, stand auf, schaute ins Tal, durch das sich der flaschengrüne Fluss wand.
»Da schau!«, sagte er, »Gämsen.«
Mathilde trat neben ihn. Er verlor das Gleichgewicht und stürzte in die Tiefe.
Nie würde sie diesen Schrei vergessen.
Diesmal würde es kein böses Ende nehmen. Manuel war jung, gesund und in jeder Hinsicht unverwüstlich. Der Sex mit ihm brachte sie noch einmal richtig auf Touren. Manuel wollte und konnte immer und überall. In der Sauna, in der Seilbahngondel und auf dem Jagdstand. Besonders anregend war das letzte gemeinsame Wannenbad. Nachdem sie Kraken gespielt und sich mit ihren Armen und Beinen umfangen hatten, lehnte Mathilde noch mit geschlossenen Augen genüsslich in der Wanne, während Manuel schon herausgestiegen war und – in den flauschigen Bademantel gehüllt – seine Haare mit dem Föhn trocknete. Sein Gesicht im Spiegel betrachtend sinnierte er, dass er nicht jünger wurde. Er sollte seine Zeit mehr mit Schönheitsschlaf als mit Arbeit verbringen. Leichter gesagt als getan. Zwar hatte er reich geheiratet, aber finanzielle Abhängigkeit war nichts für ihn.
Er drehte sich zu Mathilde, dabei rutschte er auf dem nassen Boden aus, der Föhn entglitt ihm und fiel in die Badewanne, in der Mathilde nun heftig zuckte, ehe sie sich gar nicht mehr bewegte.
Bärlauchsuppe
Zutaten für 4 Portionen:
Zwei Hände voll Bärlauch, grobgehackt (und ein wenig
feingehackt zur Garnitur)
2 EL Butter
1 Zwiebel, feingehackt
2 große mehligkochende Kartoffeln, kleingewürfelt
50 ml Weißwein
1 l Gemüsebrühe
Salz
Pfeffer
125 ml Sahne oder Crème fraîche
Zubereitung:
Die Zwiebel in der Butter golden anschwitzen, den Bärlauch und die Kartoffelwürfel dazugeben und kurz anrösten, dann nacheinander mit dem Weißwein und der Gemüsebrühe ablöschen und 20 Minuten vor sich hinköcheln lassen. Salzen und pfeffern. Dann die Suppe mit dem »Zauberstab« pürieren und mit Sahne oder Crème fraîche verfeinern. Servieren und mit dem restlichen feingehackten Bärlauch bestreuen.
El destino del corazon
Andere Männer mochten Nägel einschlagen, um Bilder aufzuhängen, quietschende Türen ölen, den Videorecorder programmieren, Rosa jedoch kam ihm immer zuvor. Zugegebenermaßen war das sehr bequem und bewahrte ihn vor Blaumeisen am Daumennagel und der Lektüre komplizierter technischer Gebrauchsanweisungen, und natürlich war sie als Chirurgin auch noch im permanenten Geschicklichkeitstraining, was bei ihm auf der HNO weniger gefordert war.
Wollte Joe sich beim Unkrautzupfen im Garten nützlich machen, protestierte sie: »Gartenarbeit ist der richtige Ausgleich zu meinem Job« und fuchtelte ihm mit der Gartenschere vor der Nase herum. Seit er mit dem Rasenmäher über das Stromkabel gefahren war, übernahm sie auch diese Tätigkeit.
Wenn er »Raumschiff Enterprise« im Fernsehen