eine Tarantel unter dem Sattel.
»Da haben wir's«, rief der rote Saynday, »das habe ich befürchtet! Es lässt keinen Fremden reiten. Vergessen wir die Zaubermedizin. Daraus wird nichts.
»Bei mir geht das Tier ganz ruhig«, sagte der weiße Saynday.
»Freilich …, an dich ist es gewöhnt. Es ist an deine Kleider gewöhnt, an deinen Hut und an deine Stiefel. Ich trage keine Kleider, von Hut und Stiefel gar nicht zu reden, deshalb scheut es bei mir.«
»Vielleicht liegt es daran. Ja, das könnte sein«, sagte der weiße Saynday, »hier, nimm meine Kleider. Zieh sie an. Dann wird das Pferd nichts merken.«
»Ich weiß nicht«, sagte der rote Saynday, »soll ich wirklich ...? Ich meine, ich könnte dir deine schönen Kleider verderben. Nein, vielleicht ist das doch kein so guter Einfall.«
Der weiße Saynday wurde immer ungeduldiger.
»Soll ich den ganzen Tag hier herumsitzen und darauf warten, dass du jemandem einen Streich spielst? Wenn du meinst, du kannst mir einen deiner Tricks vorführen – gut! Wenn nicht, sag es bitte gleich. Ich habe nämlich viel zu tun.«
»Ich glaube schon, dass ich dir einen meiner Tricks vorführen kann«, sagte der rote Saynday, »... wenn ich nur erst meine Zaubermedizin zur Hand habe.« – »Also dann …, worauf warten wir noch. Du ziehst jetzt meine Kleider an, nimmst mein Pferd und holst deine Medizin, so schnell du kannst.«
»Mir soll's recht sein«, sagte der rote Saynday.
Sie ließen das schöne Palomino-Pferd mit schleifenden Zügeln grasen und der weiße Saynday zog seine Kleider aus, die der rote Saynday anlegte, während er in dessen alte Fetzen stieg. Der rote Saynday setzte sich den Hut des weißen Saynday auf, zog dessen Hosen und Stiefel an, dann auch noch dessen Hemd und dessen Weste. Er ließ sich alles geben, was der weiße Mann besaß.
Als er dann gestiefelt und gespornt dastand, sah er wirklich recht stattlich aus. Noch einmal fragte er:
»Ist es dir auch wirklich recht so?«
»Aber ja doch«, antwortete der weiße Saynday, »ganz gewiss.«
Also ging der rote Saynday hinüber zu dem schönen Palomino-Pferd, nahm den Zügel auf und stieg in den Sattel, und als er oben saß, ließ er das Pferd angalloppieren und ritt gegen den Mount Scott hin davon.
Nach einem kurzen Stück wandte er sich noch einmal um und rief dem weißen Saynday zu:
»Wolltest du nicht sehen, wie ich die Leute hereinlege? Nun, jetzt hast du's gesehen. Auf Nimmerwiedersehen.«
Wie man miteinander redet
»Der vielleicht größte Unterschied zwischen Ost und West«, sagt der alte Schaffner, »liegt darin, wie man mit einem Fremden redet. Der Missouri ist die Trennungslinie im Hinblick auf das Miteinanderreden. In dem Augenblick, in dem die Passagiere östlich von Omaha und Council Bluffs gelangen, schweigen sie einander an. Fremde sind Fremde, und sie werden einander um so fremder, je näher man der Ostküste kommt.«
What Was Your Name in the States?
Ein ironisches Lied, dessen Text bezeichnend ist für die Atmosphäre des amerikanischen Westens. Dort war es Sitte, nie einen Fremden mit Fragen nach seiner Vergangenheit zu bedrängen. Es herrschte die Auffassung, es sei Raum genug für alle in dem neuen Land. Ein Mensch sollte nach dem beurteilt werden, wie er sich hier und jetzt gab. Seine Vergangenheit war gleichgültig.
What was your name in the States?
Was it Thompson or johnson or Bates?
Did you murder your wife and fly for your life?
Say, what was your name in the States?
Wie haben Sie in den Staaten geheißen?
Hießen Sie Thompson oder Johnson oder Bates?
Haben Sie ihre Frau ermordet und mussten Sie fliehen,
um am Leben zu bleiben?
Wie haben Sie sich in den Staaten genannt?
Westward-Ho!
1803 erwarben die USA für 15 Millionen das sogenannte Louisiana-Territorium von Frankreich. Der damalige Präsident der USA hatte sich nach Zweifeln und Zögern zu diesem Kauf entschlossen, um so den für den Handel der USA so wichtigen Hafen von New Orleans in die Hand zu bekommen.
Das gewaltige Gebiet erstreckte sich vom Missouri bis zum Red-River im Süden, im Osten war der Mississippi die Grenze, die genaue Westgrenze war praktisch unbekannt. Jefferson, der sich von jeher für den Westen interessiert hatte, sandte eine Anzahl von Entdeckern aus, um das neue Land erkunden und kartographisch vermessen zu lassen. Lewis und Clark zogen vom Missouri zum-Columbia River, Zebuion Pike, der den Oberlauf des Mississippi verfolgt hatte, stieß in die Colorado-Rockies vor. Weiter nach Süden hin wurden die Expeditionen Thomas Freemans, William Dunbars und George Hunters von den Spaniern aufgehalten und mussten umkehren. Die spanische Einflusssphäre im Südwesten reichte damals von Mexiko bis nach Oregon, von den Rocky Mountains bis zum Pazifik. Die Möglichkeit, in dem gewaltigen Louisiana-Territorium einen neuen Staat zu gründen, war Ziel einer geheimnisvollen Verschwörung des Aaron Burr, der schließlich festgenommen und des Hochverrats angeklagt wurde, als er mit einer Mannschaft von 60 Anhängern 1807 gegen New Orleans zog.
Wie unterschiedlich amerikanische Politiker in der Folgezeit das neuerworbene Land beurteilten, belegen die folgenden zwei Texte:
Rede des Senators
George McDuffie
am 25. Januar 1843 im Senat
Welches ist nun der Charakter dieses Landes? Nun, wenn ich recht verstehe, sind ungefähr 7000 Meilen auf dieser Seite der Rocky Mountains unbewohnbar. Gebirge, in denen kaum Regen fällt, sind unbewohnbar. Sie haben unfruchtbaren sandigen Boden. Auf der anderen Seite – wir wissen das von einem intelligenten Gentleman, der vom State Department in dieses Land geschickt wurde, gibt es drei aufeinanderfolgende Ketten, die sich bis zum Pazifik ausdehnen, Gebirge, die völlig unpassierbar sind, ausgenommen gewisse Stellen, an denen es Einschnitte oder Niederungen gibt, die zu erreichen man aber Umwege von mehr als hundert Meilen in Kauf nehmen muss. Nun, was wollen wir also in diesem Fall machen? Wer wird dahin gehen, entlang einer Linie von Militärposten, wer wird von dem einzigen Teil dieses Territoriums Besitz ergreifen, der bewohnbar ist – der Teil an der Küste, ein Streifen von weniger als hundert Meilen Breite, denn, wie ich schon ausgeführt habe, der Rest des Territoriums ist nahezu unzugänglich, er besteht aus Gebirgen oder Unterländern, bedeckt mit Steinen und vulkanischen Überresten, es regnet dort nie außer im Frühjahr, und selbst an der Küste fällt zwischen April und Oktober kein Regen; für den Rest des Jahres aber hört es dort wiederum nicht mehr auf zu regnen. Nun, meine Herren, wie soll man dort Landwirtschaft treiben? Für diesen Zweck würde ich für das ganze Territorium nicht eine Prise Schnupftabak geben. Ich wünschte bei Gott, es gehörte uns nicht. Ich wünschte, es stellte eine unüberwindliche Barriere dar, um uns gegen die Einfälle anderer zu schützen! Dies ist der Charakter dieses Landes. Und nun frage ich Sie: Wen sollen wir dorthin schicken?
William Gilpin
Manifest Destiny
Der überlegende und weise Mensch ist darauf bedacht, die Pläne der Vorsehung zu ergründen, im großen Buch der