unterweisen.
Über Paddocks fabelhafte Fähigkeiten beim Walfang wie auch um die Walfänger auf der Insel und in Kap Code gibt es viele Geschichten. Diese hier stammt aus den Tagen, da Kapitän Paddock schon auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn angelangt war.
Er hatte über Jahre hin viele Wale erlegt und nun endlich hatte Ichabod ein Tier gefunden, das seinesgleichen suchte, einen riesigen Walbullen mit narbenbedecktem Leib und einem schiefen Kiefer.
Zweihundert Fass Öl würde er hergeben, wenn man ihn erlegte.
Mit der Zeit hatte Kapitän Paddock von dem winzigen Beiboot aus schon so manche Harpune auf Krumm-Kinn abgefeuert, nie aber war es ihm gelungen, den Riesenwal an die Leine zu bekommen. Wo immer man ihn mit einer Harpune traf, vorn, hinten, in der Mitte, oben oder unten, immer glitten die Eisenspitzen von seiner Haut ab wie eine stumpfe Axt von grünem Pinienholz.
Nachdem das ein paar Jahre so gegangen war, wurde der Kapitän es überdrüssig, weiterhin so viele seiner Harpunen und Eisen bei der Jagd auf Krumm-Kinn zu verlieren. Er knirschte mit den Zähnen, spie vor sich auf festes Land und schwor sich, er werde schon noch herausfinden, welcher Zauber bei dem Biest im Spiel sei, und sollte dies auch seine letzte Tat auf See sein.
Einige Tage später traf er Krumm-Kinn in den gefährlichen Gewässern von Handkerchief-Shoal an, fest schlafend und schnarchend wie ein wohlgesättigter Sünder.
Ichabod ließ sich eine Meile leewärts heranrudern, dann zog er seine Hose aus und sprang über Bord. Er schwamm geradewegs auf den Riesenwal zu und wartete. Krumm-Kinn öffnete sein großes Maul und gähnte. Weiter und weiter öffnete sich das Maul wie eine Erdspalte, die sich bei einem Erdbeben auftut, bis die Kinnladen so weit klafften, dass man mit einem vollbeladenen Heuwagen hätte in den Rachen einfahren können. Gewandt wie ein Tümmler tauchte Ichabod dort hinein. Im Inneren des Wals war es etwas schwierig, Luft zu bekommen, aber nachdem sich Ichabod erst einmal an seine neue Umgebung gewöhnt hatte, wollte es dem Kapitän so vorkommen, als sehe er in der Ferne irgendwo ein Licht. Und tatsächlich, nachdem er sich noch etwas weiter vorangezwängt hatte, kam er zu einer hübschen kleinen, mit einer Öllampe erhellten Kajüte. Und drinnen, einander gegenüber an einem Tisch, saßen zwei Leute und spielten Karten. Das eine war ein ungemein hübsches junges Mädchen mit Haaren in der Farbe von Mais, einer Haut wie Pflaumenblüte und einem höchst diesseitigen Lächeln in dem fünf Faden tiefen Grün ihrer Augen.
Die andere Person aber war der Teufel.
Als Ichabod eintrat, hieb der Teufel die Karten auf den Tisch. Funken stoben ihm aus den Fingerspitzen und aus den Ohren, und kleine blaue Rauchwölkchen kamen aus seinen Nasenlöchern.
»Der Teufel soll mich holen«, schimpfte er, »schon wieder ein Spiel verloren«. Er sprang auf, warf dabei seinen Stuhl um und war in einer Dampfwolke verschwunden.
»Tut mir leid, Madame«, sagte Ichabod, der wohl wusste, wie man Frauen von feiner Lebensart anzureden hatte, »tut mir leid, ich wollte wirklich ihr Spiel nicht unterbrechen«.
Das Mädchen lachte, und ihr Lachen klang wie das Geräusch der kleinen, sich kräuselnden Wellen hinter dem Heck einer Schaluppe.
»Das Spiel war vorbei«, sagte das Mädchen.
»Ihr Freund hat ganz hübsch verloren«, sagte Ichabod, »darf ich fragen, um was für einen Einsatz gespielt worden ist?«
»Ihr wart der Einsatz … Kapitän Paddock.«
Nun lachte sie nicht mehr. Sie hob die Brauen über ihren grünen Augen und fügte leise hinzu: »Ich wäre Euch sehr verbunden, Herr, wenn Ihr bezeugen würdet, dass ich gewonnen habe.«
Bei der Mannschaft seines Schiffes galt Ichabod schon als verschollen, aber im Morgengrauen des nächsten Tages sah man, wie das ruhige Wasser von Handkerchief-Shoal von jemandem aufgewühlt wurde, der kräftige Kraulbewegungen machte, und etwas später kletterte Ichabod müde an Deck.
Im Laufe seines Besuches hatte der Kapitän in Erfahrung gebracht, dass die grünäugige Frau nicht ihr ganzes Leben im Leib des riesigen Wals verbracht hatte, oder aber es war ihm aufgegangen, dass er nicht der einzige war, der es gewagt hatte, in den aufgerissenen Kiefer hinabzutauchen. Jedenfalls gab es etwas, das ihn unruhig werden ließ, und am nächsten Abend, sobald es nicht mehr ganz hell war, zog er abermals seine langen Hosen aus und sprang wieder über Bord. Sehr zur Bestürzung seiner Mannschaft ward er abermals bis zum nächsten Morgen nicht mehr gesehen.
Dies setzte sich so fort, bis das Walfangboot in den Hafen zurückkehrte, um neu ausgerüstet zu werden. Aber auch in der folgenden Fangzeit verschwand der Kapitän Nacht für Nacht über Bord.
Ichabod büßte einiges von dem Ansehen ein, das er als Walfänger genoss. Die frische Gesichtsfarbe, die er sonst immer gehabt hatte, verlor sich, und er wurde so mager, dass man jede Rippe bei ihm sehen konnte.
Als er das nächste Mal an Land kam, machte ihm seine gute Frau, eine hübsche Person von noch nicht ganz dreißig Jahren, ein Geschenk – eine funkelnagelneue Harpune. Ja, Ichabod freute sich, aber es war ihm auch nicht ganz wohl dabei, denn der Gegenstand erinnerte ihn daran, dass er seit längerer Zeit seinen Beruf als Walfänger sträflich vernachlässigt hatte. Noch weniger gefiel es ihm, dass, als sie wieder auslaufen wollten, seine Frau darauf bestand, ihr Vater solle ihn auf dieser Fahrt begleiten.
Ein paar Tage später machte der alte Krumm-Kinn das Boot des Kapitäns aus. Das war draußen in der Brandung bei Monomy, und zu dieser Zeit stand es schon so, dass der Wal Ichabod als Freund und Gast betrachtete und sich zu gewissen Vertraulichkeiten berechtigt fühlte. Er kam heran und Ichabod, der mit seinem Schwiegervater an Deck stand, beobachtete ihn. Der Schwiegervater war sehr beeindruckt von der Größe des Wals und bat Ichabod, das Jagdboot aussetzen zu lassen. Ichabod konnte sich dem schwerlich widersetzen. Sie stiegen in das Jagdboot, fuhren auf den Wal zu, und surrend schoss die neue Harpune durch die Luft.
Ichabod setzte darauf, dass die neue Harpune dem Riesenwal nicht mehr und nicht weniger ausmachen werde wie die vielen anderen zuvor, mit denen er ihn nie hatte zur Strecke bringen können.
Aber o weh, dieses Mal hatte er den Wal an der Leine. Sie kämpften lange mit dem riesigen Tier. Der Wal schlug um sich, aber das Eisen steckte tief in seiner Speckhaut und er wurde es nicht mehr los. So kam er zu Tode.
Als man ihn zerlegte, fand Ichabod an jener Stelle, an der sich eigentlich die gemütliche kleine Kajüte hätte finden müssen, nichts als einen Haufen Seetang in der Farbe von Eastham-Mais, eine Muschelschale mit einem Schimmer wie Pflaumenblüte und zwei runde Sonnenquallen von reinstem Gelb.
Was nun die Erklärung dafür betrifft, wie es denn anging, dass der Riesenwal endlich doch noch zur Strecke gebracht wurde, so ist nicht überliefert, ob Ichabods Frau ihrem Ehemann je gestanden hat, wie sie es fertig brachte, sich einer Rivalin zu entledigen und gleichzeitig alle Fischer vor der Küste von Neu-England von einem gefürchteten Ungeheuer zu befreien.
Viel später einmal betrachtete sich jemand die Harpune, mit der Krumm-Kinn getötet worden war, etwas genauer. Es wollte ihm scheinen, dass sie etwas zu hell glitzerte und funkelte. Als er der Sache auf den Grund ging, bestätigte sich sein Verdacht: Die Harpune war nicht aus Eisen; sie war aus Silber, aus dem einzigen Metall, mit dem man das Herz einer Hexe durchbohren kann.
Die Geschichte von Käpt'n Santos und seinem Holzbein
Ihr erinnert euch sicherlich auch noch alle an den alten Kapitän Santos, dem die Haie das eine Bein abgerissen hatten, als sein Schiff an der Western-Bank scheiterte.
Ich jedenfalls sehe ihn noch wie heute vor mir. Er kam zurück, und sie gaben ihm ein Holzbein, das mit Lederschlaufen an den Stumpf festgeschnallt wurde. Er war sehr stolz auf sein neues Bein. Und ich sage euch: Das war ein Anblick, wenn er mit dem Holzbein die Charmarita tanzte und die Sohle dabei den Boden nicht berührte. Er trug dann auch immer ein Fläschchen Möbelpolitur bei sich, um das Bein damit zu streichen und zu verhindern, dass der Holzwurm hineinkäme.
Nun müsst ihr wissen, dass ein Mann, den die Haie einmal gebissen haben, für den Rest seines Lebens