Susan Blum

Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln


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das heißt, dass sie sich wie beispielsweise beim Lupus erythematodes über den ganzen Körper auf alle Gewebe ausbreiten können. Andere sind organspezifisch, hier richtet sich das Immunsystem gegen ein bestimmtes Gebiet oder Organ, zum Beispiel bei der Hashimoto-Thyreoiditis, die in der Schilddrüse auftritt. Auch der Morbus Basedow spielt sich in der Schilddrüse ab, die Multiple Sklerose hingegen im Gehirn und Rückenmark, die Weißfleckenkrankheit auf der Haut und die perniziöse Anämie in den Blutzellen. Die Namen sagen also meist wenig darüber aus, welches Organ erkrankt ist.

      Obwohl die betroffenen Gebiete unterschiedlich sind, wissen wir jetzt, dass die zugrunde liegenden Probleme bei all diesen Erkrankungen sehr ähnlich sind. Tatsächlich hat sich der Fokus der neueren Forschung vom Blick auf die spezifischen, von der Erkrankung befallenen Organe hin zur Bestimmung der zugrunde liegenden Mechanismen ihrer Entstehung verlagert. Dieser Gedanke – dass alle diese Erkrankungen einen ähnlichen Ursprung haben – ist wichtig für unseren Ansatz, sie zu behandeln und zum Stillstand zu bringen. Mehr als 100 verschiedene Autoimmunerkrankungen haben ähnliche Merkmale. Sie alle sind schwerwiegende chronische Krankheiten, denen ein Problem im Immunsystem zugrunde liegt. Daneben haben sie auch die Entzündung gemeinsam, eine Reizung und Schwellung überall im Körper, auch im Gehirn. Die Entzündung kann zu einer breiten Palette von Symptomen führen, darunter Müdigkeit, Schwellungen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, abdominale Beschwerden einschließlich Durchfall und Konzentrationsprobleme oder „Nebel im Gehirn“. Sie können aber auch einfach nur das vage, quälende Gefühl verursachen, dass irgendetwas nicht stimmt, selbst wenn Ihr Arzt nichts feststellen kann und der Meinung ist, dass Ihnen nichts fehlt.

      Durch die Herangehensweise der funktionellen Medizin und die Konzentration auf die primäre Ursache der Fehlfunktion des Immunsystems ist es der Forschung gelungen, viele potenzielle Auslöser für diese Erkrankungen aufzudecken. (Ein Auslöser ist alles, was eine ungesunde Immunreaktion in Gang setzt.) Es hat sich gezeigt, dass viele Autoimmunerkrankungen durch ähnliche Dinge ausgelöst werden, zum Beispiel durch Gluten, Schwermetalle, Giftstoffe, Infektionen und Stress. Der Hauptunterschied zwischen den einzelnen Krankheitsbildern besteht darin, dass die Immunzellen Gewebe in verschiedenen Körperteilen ins Visier nehmen und angreifen. Im Wesentlichen gibt es zwischen den meisten Autoimmunerkrankungen aber mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Und noch etwas hat sich gezeigt: Die grundlegenden Systeme in Ordnung zu bringen – Ihre Ernährung, die Stresshormone, den Darm und die toxische Gesamtbelastung des Körpers – führt zu einer Gesundung des Immunsystems und hilft somit bei allen Autoimmunerkrankungen. Das ist der revolutionäre Ansatz, den ich in „Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln“ detailliert beschreibe, und der Grund dafür, warum das vorliegende Behandlungsprogramm alle Autoimmunerkrankungen zum Ziel hat und alle davon profitieren können.

      Wie kommt es zu Autoimmunerkrankungen?

      Nach Schätzungen der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde leiden bis zu 23,5 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner an einer Autoimmunerkrankung, Tendenz steigend. Infolge der jährlich steigenden Anzahl neuer Fälle haben sich viele Fachleute gefragt, wodurch Autoimmunerkrankungen verursacht werden. Herausgekommen sind viele Theorien, wie man eine Autoimmunerkrankung „bekommt“. Hier sind die Erklärungen, die durch die meisten Nachweise gestützt werden.

      Potenzieller Auslöser: unsere moderne Ernährungsweise

      Gluten

      Die Landwirtschaft nutzt heute überwiegend gezüchtete Sorten von Mais, Soja, Weizen oder anderen Pflanzen, die besonders ertragreich sind. Nicht erst die Gentechnik, sondern auch die konventionelle Pflanzenzüchtung hat dabei die genetische Ausstattung unserer Nutzpflanzen über die Jahrzehnte mehr und mehr verändert. Ein Ergebnis solcher Veränderungen ist, dass der Gehalt an Proteinen (Eiweiße) deutlich gestiegen ist. Tierversuche haben ergeben, dass einige dieser Proteine für uns äußerst schwer verdaulich sind, wodurch es zu Symptomen kommt wie:

      – Sodbrennen

      – Refluxkrankheit

      – Gasbildung

      – Blähbauch nach dem Essen

      Es gibt auch Nachweise dafür, dass diese Proteine Immunreaktionen im Darm verursachen, die die Entwicklung einer Autoimmunerkrankung fördern können. Das bedeutet, dass die Zellen Ihres Immunsystems geschädigt werden, sich dann fehlverhalten und das eigene Gewebe angreifen. Gluten ist ein Protein, das in Weizen, Gerste, Kamut und Dinkel (sowie in Roggen, Emmer, Einkorn und durch Verunreinigung unter Umständen in geringem Maße auch in Hafer; Anm. d. Übers.) vorkommt. Die genetische Veränderung hat zu einer höheren Konzentration von Gluten in den Getreiden geführt, die wir zu uns nehmen. Diese höhere Glutenkonzentration in unserer Nahrung wird mit einer Zunahme von Nahrungsmittelallergien und -unverträglichkeiten im Laufe der letzten Jahrzehnte in Verbindung gebracht. Warum ist das so? Weil Gluten ein relativ junger Bestandteil in unserer Ernährung ist.

      Ursprünglich waren unsere Vorfahren Jäger und Sammler und ernährten sich von Tieren, Nüssen, Samen und Beeren und nicht von Getreide. Dann wurden sie – bezogen auf die gesamte Menschheitsgeschichte vor noch nicht allzu langer Zeit – sesshaft und begannen, Landwirtschaft zu betreiben, aßen, was zur jeweiligen Jahreszeit zur Verfügung stand. Der Vorteil dieser Ernährungsweise liegt darin, dass sich die Nahrungsmittel ständig abwechseln. Wenn Sie jedoch – wie heute üblich – ständig dasselbe essen, erhöht sich das Risiko einer allergischen Reaktion. Bei industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln, also solchen, die von der Nahrungsmittelindustrie so lange verändert werden, bis sie keine Ähnlichkeit mehr mit den natürlich gewachsenen haben, werden oft alle Ballaststoffe und viele Nährstoffe entfernt. Dieser Prozess dient der längeren Haltbarkeit und außerdem stehen auf diese Weise mehr Nahrungsmittel für mehr Menschen zur Verfügung; doch wir wissen inzwischen, dass diese Art der Ernährung nicht gesund ist. Heute essen viele Menschen zu den meisten Mahlzeiten Weißmehlprodukte und verzichten auf gesündere vollwertige Nahrungsmittel. Sinnvoller wäre es, sich von weitgehend naturbelassenen Vollwertprodukten zu ernähren.

      Das Problem mit Gluten ist, dass es schwerverdaulich ist. Gelangen viele dieser relativ großen Partikel in den Blutstrom, schaltet das Immunsystem auf Alarm, es erkennt das Gluten als Fremdsubstanz und bildet Antikörper, um es abzuwehren. Diese Abwehr beschränkt sich aber nicht nur auf das Gluten, sondern betrifft fälschlicherweise auch unsere Gewebe. Das wird molekulare Mimikry genannt und ist einer der Gründe, warum man annimmt, dass Gluten Autoimmunerkrankungen verursacht. Diese molekulare Mimkry ist nicht glutenspezifisch, sie kann immer dann auftreten, wenn Ihr Immunsystem Ihr Gewebe irrtümlich für irgendeine Fremdsubstanz hält.

      Der andere Grund, dass Nahrungsmittel Entzündungen und Autoimmunreaktionen auslösen können, wird Immunkomplexkrankheit genannt. Bleiben wir bei unserem Beispiel Gluten: Die Antikörper binden an das Gluten und bilden sogenannte Immunkomplexe, die im Körper umherwandern. Dies ist eine wichtige Methode des Körpers, mit Fremdsubstanzen umzugehen. Das Immunsystem braucht Immunkomplexe für seine normale Funktion und beseitigt sie normalerweise wieder aus dem Blut. Sind aber zu viele dieser Komplexe vorhanden, dann besiedeln sie verschiedene Organe und verursachen dort Entzündungen, Gewebeschäden und Autoimmunreaktionen. Es kann zu geschwollenen, schmerzhaften Gelenken kommen, und man nimmt an, dass das einer der Prozesse ist, durch den sich beispielsweise eine rheumatoide Arthritis entwickelt.

      Heißt das, dass Gluten die Hauptursache für Ihre Autoimmunerkrankung ist? Bei manchen Menschen ja, bei anderen ist es ein wichtiges Teil des Puzzles. Ich mag den Vergleich mit einem Puzzle, denn Autoimmunerkrankung haben oft verschiedene Ursachen, und mein Ansatz ist es, mich immer nur mit einem Teil dieses Puzzles zu beschäftigen. Die vier Abschnitte dieses Buches entsprechen den größten und häufigsten Puzzleteilen. Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit der Ernährung, im zweiten kümmern Sie sich auch um Ihr Stressbewältigungssystem und im dritten sorgen sie für einen gesunden Darm (vergessen Sie nicht, dass dieser eine große Rolle spielt im Zusammenhang mit Gluten: Wäre Ihre Darmschranke in Ordnung, das heißt, hätten Sie keinen durchlässigen Darm, würde das Gluten allein Ihnen vielleicht gar keine Probleme bereiten). Der vierte Abschnitt des Buches schließlich soll sicherstellen, dass Sie nicht toxisch überbelastet sind. Wenn Sie sich mit allen diesen Teilen beschäftigen,