und tiefgründiger Antworten auf meine Frage. Und Deine Antwort auf die zweite Frage? Welcher erste Gedanke setzte die Synapsen Deines Gehirns unter Strom? In der Rolle eines höflichen und diplomatischen Lesers könnte Dein erster Gedanke vielleicht gewesen sein: „Was soll das?“ oder „Echt jetzt?“ Auch geradlinige Gedanken wie „Was soll denn der Sch*“ sind wahrscheinlich. Denn die Frage danach, wer wir sind, stellt uns bereits in den ersten Minuten einer Begegnung vor ein echtes Dilemma: Was soll ich einem Menschen antworten, den ich nicht kenne? Mit welcher Antwort hinterlasse ich den besten Eindruck? Soll ich eher geschäftlich distanziert oder privat offen antworten? Und: Welcher Strick könnte mir daraus gedreht werden? Sicherheitshalber halten wir diese Antwort lieber etwas kürzer. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind: Wer von uns weiß tatsächlich schon, wer er ist und wozu er ist, wer er ist? Wir wissen es im besten Fall ein bisschen, haben eine ungefähre Ahnung. Aber wir sind uns nie wirklich hundertprozentig sicher. Daher stellen wir uns diese Frage unzählige Male im Laufe unseres Lebens, immer und immer wieder, bis zu unserem Tod und manchmal sogar darüber hinaus. Wir geben nicht auf. Wie gerne würden wir sagen können: Ich weiß, wer ich bin. Ich bin … und ja, es hat einen Grund, dass gerade ich auf dieser Welt bin, nämlich …
2.2 Stelle Dir die grundlegenden Fragen:
Wer bist Du und wozu bist Du da?
Damit Du diese Aussagen bald sinn-voll zu Ende sprechen und mit Inhalt füllen kannst, lass uns gleich mit dem ersten Schritt der Spielanleitung beginnen: Lass uns klären, wer wir überhaupt sind. Wer ist dieses „ICH“, das uns ein Leben lang begleitet und nach dem jeder fragt? Umgangssprachlich scheint es so, als würden wir uns darüber kaum Gedanken machen. Wir verwenden das Wort „ich“ mit all seinen Varianten wie „mir“ und „mich“ ganz selbstverständlich und mehrmals täglich: „Ich bin motiviert“, „Mir schmeckt Apfelsaft“ oder „Mit einem Spaziergang tue ich mir selbst etwas Gutes“. Diese Formulierungen helfen uns, uns selbst mitzuteilen und auszudrücken. Ich, mir und mich sind nichts anderes als sprachliche Symbole, über die wir ein Bild von uns selbst konstruieren. Wir drücken mit diesen Worten aus, wie wir uns sehen und fühlen, einerseits gegenüber uns selbst und andererseits gegenüber unseren Mitmenschen. Grammatikalisch können wir als Person einmal zum Subjekt (Wer ist motiviert? Ich!) und einmal zum Objekt (Wem schmeckt Apfelsaft? Mir!) werden. Diese grammatikalische Unterscheidung in Subjekt (engl. „I“) und Objekt (engl. „me“) wurde von William James (1842–1910) in die Psychologie übernommen und zur Differenzierung des SELBST verwendet. Dazu definierte James das Subjekt ICH (I) als den aktiven Part, den Akteur unseres Selbst. Als ICH sind wir der Urheber unserer Handlung und unseres Wissens. Ich tue und ich weiß. MIR und MICH (ME) hingegen bilden das Objekt des eigenen Wissens. Ich habe ein Bild von mir und ich weiß etwas über mich. Dieses „subjektive Bild von mir selbst“ wird in der Psychologie als das Konzept unseres Selbst oder auch Selbstkonzept1 bezeichnet.
2.3 Finde erste Antworten im Spiel „Wer bin ich?“
Tatsächlich gibt es auf die eine Frage „Wer bin ich?“ nicht die eine richtige Antwort. Es gibt mehrere, wie es auch die Frage von Richard David Precht vermuten lässt: „Wer bin ich und wenn ja – wie viele?“ Um Dir zu zeigen, welche Antworten das sein können, lass uns ein Spiel spielen! O.k., das ist jetzt ein bisschen unfair, weil Du nicht die Chance hast, „Nein“ zu sagen, wenn Du dieses Buch weiterlesen möchtest. Es ist aber sehr nett von Dir, dass Du mitspielst.
Ich nehme an, dass Du das Spiel „Wer bin ich?“ kennst. Üblicherweise schreibt man den Namen einer Figur auf einen Post-it und klebt seinem Spielpartner diesen Zettel auf die Stirn. Der andere muss durch geschlossene Fragen (nur Ja- oder Nein-Antworten möglich) herausfinden, wer er ist bzw. welcher Name auf dem kleinen, gelben Zettel auf seiner Stirn steht. Nein, Du bist nicht Gott. Wir spielen das ein bisschen anders. Nach meinen Spielregeln. Ich stelle Dir gleich vier Fragen, die Du mit ja oder nein beantworten kannst. Bevor Du allerdings antwortest, biete ich Dir für beide Optionen eine Erklärung. Das soll Dir helfen, Deine Wahl zu treffen und herauszufinden, wer Du sein könntest. Soweit alles klar? So oder so, wir starten jetzt:
Frage 1: Bist Du ein Mensch?
NEIN: Du gehörst demnach wohl einer anderen Kategorie an? Bist Du ein Außerirdischer oder Cyborg!? Dann ist es natürlich grandios, dass Du über die Fähigkeit verfügst, ein Buch zu lesen. Da ich leider über keinerlei Wissen auf dem Gebiet Deiner Kategorie verfüge, ist unser gemeinsames Spiel an dieser Stelle schon beendet. Wenn Du trotzdem weitermachen möchtest, muss ich Dich bitten, für die nächste Frage den Blickwinkel eines Menschen einzunehmen. Vielen Dank.
JA: Rein biologisch, also nach der Biosystematik der Lebewesen, bist Du ein Mensch. Der Mensch ist eine Art der Gattung Homo aus der Familie der Menschenaffen, die zur Ordnung der Primaten und damit zu den höheren Säugetieren gehört. Nach heutigem Stand gehören wir nicht nur zur Gattung Homo, sondern sogar zur Gattung Homo sapiens sapiens. Wir sind somit, nach der lateinischen Übersetzung, nicht nur ein einfacher Mensch, sondern ein weiser, gescheiter, kluger und auch vernünftiger Mensch. Das möchte man bei manchen Exemplaren unserer Spezies kaum vermuten. Aber laut Definition sollte dies auf uns alle, die wir Menschen sind, zutreffen. Daher halten wir ganz objektiv fest: Im Sinne einer biologischen Kategorie bist Du ein Mensch.
Frage 2: Bist Du eine Person mit Persönlichkeit?
NEIN: Du bist rein rechtlich keine Person, wenn Du in einem Staat lebst, in dem Du nicht wie jeder andere Mensch über die gleichen Rechte und Pflichten verfügst. Früher galt dies z.B. für Sklaven, die vor Gericht nicht als Person, sondern als Sache / Ding behandelt wurden. Sie durften vollkommen legal verkauft und gekauft werden. In Deinem Fall hoffe ich nun einfach, dass Du diese Antwort ausschließen kannst. Im psychologischen Verständnis hast Du keine Wahl: Da bist Du ganz klar eine Person.
JA: Du bist eine Person, weil die biologische Kategorie Mensch in unserer (europäischen) Gesellschaft durch die rechtliche Kategorie der Person ergänzt wird. Das Wort Person hat demnach keine natürliche, sondern eine soziale Herkunft. Rein rechtlich, in Österreich nach §1 BGB, wird heutzutage jeder lebende Mensch als natürliche Person angesehen, die über Rechte und Pflichten verfügt. Da Personen sich auch zusammenschließen können, musste dafür ebenfalls eine Bezeichnung, die der juristischen Person, gefunden werden. Unternehmen, Vereine, Verbände u.ä. sind somit ebenso Personen, allerdings juristische. In diesem Sinne bist Du eine Person, wenn Du in einem demokratischen Rechtsstaat lebst. Im psychologischen Verständnis bist Du eine Person, da Du Träger einer spezifischen Kombination aus Eigenschaften und Dir Deiner selbst bewusst bist.
Wenn Du wissen willst, was Deine Person mit einer Maske zu tun hat, was es mit Deiner Persönlichkeit auf sich hat und wie Du diese Informationen für Dich nutzen kannst, dann schau in das erste Bonuskapitel ab Seite here. Wenn Dir die Informationen dazu im Moment aber genügen, können wir gleich mit der nächsten Frage anschließen.Woher das Wort „Person“tatsächlich stammt, lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. Eine Version besagt, dass sich das Wort „Person“ vom lateinischen Wort „Persona“ ableitet. Als Persona wurde im antiken Theater Roms die Maske des Schauspielers bezeichnet, durch die seine Stimme tönt. Da „durch tönen“ im Lateinischen mit „per sonare“ übersetzt wird, galt die Entwicklung von per sonare über Persona zu Person lange als wahrscheinlich. Mittlerweile wird die Abstammung des Wortes „Person“ eher dem etruskischen Wort „Phersu“ zugeordnet, das ebenfalls mit „Maske“ übersetzt wird.
Frage 3: Hast Du eine Funktion / Aufgabe im Leben?
NEIN: Du hast das Gefühl, keine Funktion oder Aufgabe im Leben zu erfüllen? Dann möchte ich Dir das Bonuskapitel ab Seite here ans Herz legen. Es ist zwar etwas umfangreicher, aber so bietet es Dir die Gelegenheit, doch die eine oder andere Funktion Deines Lebens zu entdecken. Selbstverständlich gilt das auch für alle, die